Krise in der Ukraine: OSZE-Beobachter weiter vermisst
Noch immer werden mindestens acht OSZE-Mitarbeiter in der Ostukraine vermisst. Unterdessen sind zwei Drittel der russischen Truppen von der Grenze abgezogen.
KIEW afp/dpa | Die in der Ukraine verschleppten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) befinden sich weiter in der Gewalt ihrer Entführer. Es bestehe kein Kontakt zu den acht Vermissten, teilte die OSZE am Samstag mit. Vier Beobachter werden bereits seit Montag in der Region Donezk von Separatisten festgehalten. Am Donnerstag verlor die OSZE die Verbindung zu einer weiteren Beobachtergruppe in der Nachbarregion Lugansk; die vier Beobachter und ihr ukrainischer Übersetzer befinden sich ebenfalls in den Händen prorussischer Milizen.
Im unruhigen Osten der Ukraine kam es erneut zu Gefechten zwischen Armee und Separatisten. Die Rebellen hätten in der Nacht zum Samstag versucht, den Flughafen von Donezk zurückzuerobern, teilte das ukrainische Militär mit. Die beiden Angriffe seien von den Regierungstruppen abgewehrt worden. Die Streitkräfte hatten Anfang der Woche wieder die Kontrolle über den von Separatisten besetzten Flughafen übernommen. Etwa 40 Menschen wurden bei den Kämpfen getötet.
Russland hatte die Führung in Kiew am Freitag beschuldigt, bei ihrer Militäroffensive im Osten der Ukraine gegen die Genfer Konvention zum Schutz von Zivilisten in Kriegsgebieten verstoßen zu haben. Moskau warf der ukrainischen Armee unter anderem vor, bei den Gefechten um dem Flughafen von Donezk einen Krankentransport angegriffen und mindestens 35 Zivilisten getötet zu haben.
Die ukrainische Regierung bezeichnete die Vorwürfe am Samstag als „massive Informationskampagne“, die die Aggression Russlands im Osten der Ukraine rechtfertigen solle. Moskau versuche, durch „Falschinformationen“ die öffentliche Meinung zu beeinflussen, schrieb der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza in der Zeitung Kiew Post. Zudem rief er die russische Regierung auf, die Wahl des neuen Präsidenten Petro Poroschenko anzuerkennen. Der 48-jährige Milliardär war als klarer Sieger aus der Abstimmung am Sonntag hervorgegangen.
Russland zieht Truppen ab
Russland hat nach Erkenntnissen der US-Regierung etwa zwei Drittel seiner Soldaten von der ukrainischen Grenze abgezogen. Dies seien erste Schritte, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Jen Psaki in Washington am Freitag. „Wir wollen aber einen vollständigen Rückzug sehen.“ Nach Schätzungen der US-Regierung waren entlang der russisch-ukrainischen Grenze zeitweise an die 40 000 Soldaten aufgestellt.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen begrüßte nach Angaben seines Brüsseler Büros den teilweisen Rückzug der russischen Soldaten. „Es gibt aber noch eine erhebliche Anzahl russischer Truppen, die aktiv werden könnten, wenn es dazu eine politische Entscheidung geben sollte“, warnte er demnach bei einer Pressekonferenz in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
US-Präsident Barack Obama wird im Rahmen eines Europa-Besuches am kommenden Mittwoch in Warschau mit dem neu gewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zusammentreffen. Es sei wichtig für Obama, Poroschenko in direktem Kontakt zu versichern, dass die USA dem ukrainischen Volk verpflichtet seien, teilte das Weiße Haus am Freitag mit.
Das klare Mandat, das Poroschenko erhalten habe, sei eine Gelegenheit für alle innerhalb der Ukraine und für Russland, zusammen an einem Abbau der Spannungen zu arbeiten, sagte Vizesicherheitsberater Ben Rhodes in Washington. Leider habe Russland bisher nicht die nötigen Schritte unternommen.
Es gebe zwar einen teilweisen Abzug der russischen Truppen von der ukrainischen Grenze und „einige Hinweise der russischen Führung auf eine Bereitschaft zum Dialog“, so Rhodes. Zur selben Zeit setzten jedoch russische Separatisten, die nach amerikanischer Überzeugung von Moskau unterstützt würden, ihre Gewaltaktionen im Osten und Süden der Ukraine fort. Sollte Russland seinen Einfluss nicht nutzen, die Lage zu entspannen, und nicht zum Dialog mit der neuen ukrainischen Führung bereit sein, „dann wird es weiterhin mit Isolation und Sanktionen konfrontiert sein“, sagte Rhodes.
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