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Krise in der UkraineDie EU macht ernst

Die EU wird wohl am Dienstag Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängen. Gerichtsmediziner reisen zum Absturzort der MH17. In Donezk wird wieder gekämpft.

Ein verlassener Panzer der pro-russischen Kräfte nahe der ostukrainischen Stadt Lisichansk. Bild: ap

BRÜSSEL/GRABOWE dpa/afp | Die Europäische Union wird in der Ukraine-Krise voraussichtlich am Dienstag erstmals Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bat die 28 Staats- und Regierungschefs der EU um rasche persönliche Zustimmung zu den neuen Strafmaßnahmen.

Dies geht nach Angaben von EU-Diplomaten aus einem Brief hevror, den Van Rompuy an die Regierungschefs schickte. Damit soll ein weiterer EU-Sondergipfel vermieden werden. Die EU will Russland mit den Sanktionen zwingen, die Unterstützung für die Aufständischen in der Ostukraine aufzugeben.

Mit den Sanktionen soll russischen Banken der Zugang zum europäischen Kapitalmarkt erschwert werden. Zum Paket gehört auch ein Verbot künftiger Waffenexporte. Außerdem will die EU keinerlei Hochtechnologieprodukte mehr liefern, Spezialanlagen zur Öl- und Gasförderung nur noch beschränkt.

30 Gerichtsmediziner unterwegs

Nach einer Einigung mit den prorussischen Separatisten hat sich ein niederländisches Expertenteam auf den Weg zur Absturzstelle des malaysischen Passagierflugzeugs im umkämpften Osten der Ukraine gemacht.

Die 30 Gerichtsmediziner würden gegen Mittag bei Grabowe eintreffen, teilte das Justizministerium in Den Haag am Sonntag mit. Während die ersten Angehörigen die Absturzstelle besuchten, wurde in den Niederlanden das erste der 298 Opfer identifiziert.

Malaysia teilte am Sonntag mit, die Separatisten hätten zugesagt, ausländische Polizisten zum Schutz der Ermittler an den Absturzort zu lassen. Die Untersuchung wird von den Niederlanden geleitet, da 193 der 298 Opfer Niederländer waren. Australien will sich ebenfalls daran beteiligen.

Regierungschef Tony Abbott betonte, es handele sich um eine humanitäre Mission. Ihr einziges Ziel sei es „unsere Toten zu bergen und nach Hause zu bringen“. Aus Australien stammten 28 Opfer. Auch Russland entsendet vier Luftverkehrsexperten zu den Ermittlungen.

Kämpfe um Donzek

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete derweil unter Berufung auf deutsche Regierungskreise, das Auswärtige Amt strebe eine zeitlich und inhaltlich begrenzte Polizeimission der Vereinten Nationen zur Aufklärung des Absturzes an. Das Ministerium sei dazu im Gespräch mit den Niederlanden und Australien. Für eine derartige Mission sei allerdings ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats notwendig. Russland verfügt in dem Gremium über ein Vetorecht.

Im ostukrainischen Konfliktgebiet Donezk ist um den Flughafen der Großstadt herum wieder gekämpft teilte das Bürgermeisteramt in Donezk mit. Regierungstruppen versuchen in der Stadt, weiter gegen die Stellungen von prorussischen Separatisten vorzudringen.

Aus Kiew gab es widersprüchliche Angaben zur Kampfmoral des Militärs. Vize-Verteidigungsminister Igor Kabanenko sagte Medien zufolge, dass die Behörde Informationen prüfe, wonach Dutzende Soldaten nach Russland desertiert seien. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte zuvor mitgeteilt, dass sich erneut rund 40 Soldaten abgesetzt hätten. Kiews Behörden hatten bisher lediglich Berichte über verletzte Soldaten bestätigt, die in Russland behandelt wurden.

In der Stadt Lugansk gab es am Sonntag erneut Luftalarm, wie die örtliche Polizei mitteilte. Ukrainische Truppen beschießen die Stadt seit Tagen, um prorussische Separatisten zu vertreiben. Am Samstag wurden erneut mehrere Häuser beschädigt. Fünf Menschen seien verletzt worden.

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16 Kommentare

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  • Ganz brav werden die US-Forderungen fuer die Ukraine ausgefuehrt zum Nachteil der EU-Wirtschaft+Politik.Das Gremium das benutzt wird heist Nato.EU+USA verursachen Probleme und Russland wird bestraft weil es nicht bereit ist seine russischen Buerger fallenzulassen und damit ultrarechte Elemente freie Bahn zu geben in Russland.Auch die Bestrebungen Russlands fuer einen Waffenstillstand+Verhandlungen mit den Separatisten bleiben unbeantwortet.Hoechste Zeit die Nato in eine EU-Organisation zu aendern,nur fuer EU-Belange

  • Und Neues vom ODESSA MASSAKER oder wer da so alles nach Russland türmt Zitat "In den Reihen der ukrainischen Soldaten, die sich vor der Volksmiliz nach Russland flüchteten, befindet sich einer der Hauptakteure der Mordaktion am Gewerkschaftshaus in Odessa vom 2. Mai. Er wurde festgenommen und wird zur Zeit verhört.

    http://dnr-news.com/uploads/posts/2014-07/thumbs/1406100498_tdhd1qr0ynu.jpg

    Am 2. Mai wurden zahlreiche Videoaufnahmen von ihm gemacht, im Gewerkschaftshaus filmten seine eigenen Leute die Opfer des Mordes. Wenn das von ihm Gesagte stimmt, dann war er auch schon im Februar am Brandanschlag auf das Haus der Gewerkschaften in Kiew beteiligt". Eine Zusammenstellung der Videobeweise hier:

    http://www.youtube.com/watch?v=ojtF_isWwFo

    Einer der mutmaßlichen Haupttäter wurde also gefasst -und wird demnächst Zeuge sein -für die Wahrheit des Massakers von Odessa

    und folgende Untersuchung kompetent ergänzen http://www.voltairenet.org/article183675.html (18+) bzw http://www.voltairenet.org/article183933.html

    • @EEK:

      Zur Erinnerung:

      Untersuchungen des “Blutfreitag” in Odessa, bei dem am 2. Mai 46 Menschen starben, durch Forensiker der Staatsanwaltschaft haben erschreckendes zu Tage gefördert. Die Mehrheit der Toten im Gewerkschaftshaus starb offenbar an einer Vergiftung mit Chloroform-Gas.

      Bei den dortigen Opfern handelt es sich um Antimaidaner, die nach gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Euromaidan-Anhängern, bei denen sie unterlagen, ins Gewerkschaftshaus flüchteten, das dann durch Molotow-Cocktails in Brand gesetzt wurde. Dementsprechend hatte man zuerst gedacht, die Mehrheit der Toten sei durch Folgen des Brandes wie Rauchvergiftung zu Tode gekommen.

      Die Ermittlungen waren erst zögerlich, aber dann unter wachsendem öffentlichen Druck in der Stadt intensiver verlaufen. Bereits am Montag erschreckte eine Meldung die Stadtbevölkerung. Wie unter anderem die örtliche Onlinezeitung Tajmer schrieb, starben gemäß der Ermittler 32 der Toten im Haus nicht an Folgen des Brandes. Bereits zu dieser Zeit stand von der Untersuchung der Opfer eine Vergiftung mit Gas im Verdacht. Dieser bestätigte sich nun nach einer Untersuchung von Forensikern, die an mehreren Stellen im Haus Rückstände des Gases fanden. Es wird medizinisch traditionell zur Betäubung eingesetzt, ist jedoch in größeren Dosen tödlich. Nun fahndet man nach den Verbreitern des Gases.Die Ermittlungen der Behörden waren von der Presse vor Ort zunächst scharf kritisiert worden, da zunächst nur an den Gewalttätigkeiten beteiligte Antimaidaner verhaftet worden waren. Das hatte auch zu einer Befreiungsaktion durch deren Sympathisanten geführt. Erst später waren auch Euromaidaner im Zusammenhang mit dem Brand im Gewerkschaftshaus in Haft genommen worden. Darunter auch

      • @H.-G- S.:

        Darunter auch eine Gruppe Studenten, die zahlreiche Fotos am Tag der Gewalt beim Bau und der Lieferung von Molotow-Cocktails zeigen. Diese hätten nach eigener Aussage nicht aus Patriotismus gehandelt, sondern seien von dritter Seite bezahlt worden meldete die örtliche Onlinezeitung Tajmer. Nach den Geldgebern werde noch gefahndet.

  • Joouh , der Panzer auf dem Foto sieht tatsächlich verlassen aus . Hallo Taz , ... der ist abgeschossen und ausgebrannt !

    • @APOKALYPTIKER:

      Aber mal ganz im Ernst : Wie kommt es , dass die EU-Länder , das subalterne Gefolge von BigBrother , nicht daran denkt , die ukrainische "Regierung" mit allem verfügbaren Nachdruck zu einem Waffenstillstand zu veranlassen ? Anders gefragt : Ist man in Brüssel der Meinung , dass aufgrund von härteren Sanktionen gegen Russland der Krieg in drei , fünf , zehn ....Wochen zu einem Ende (zu w e l c h e m Ende ?) kommen werde ?

      • @APOKALYPTIKER:

        Ja-JA-JA !!!

        ...Hmm? Die EU-Länder.. haben offensichtlich ne DenkBlockade (oder sowas..)

        ".. sag mir wo die Blumen sind... wo sind sie geblieben..?"

        Der alte Hass des Zweiten Weltkriegs: Westukraine mit den Nazis... Ostukraine mit Russland...

        der da bis zum Zerfall der Sowjetunion moderat gedämpft war-

        bricht voll wieder durch!

        Eine westlich orientierte Wiedervereinigung zwischen West und Ost Ukraine wird von Tag zu Tag mehr unmöglich...

        Die EU täte gut daran einen Waffenstillstand zu forcieren und zwei ukrainische Staaten zu akzeptieren..

        ..und sich auf friedliche Beziehungen zur Eurasischen Union zu fixieren!

    • @APOKALYPTIKER:

      ... sind Sie sicher , dass der Panzer nicht der ukrainischen Armee gehörte ? :D

      • @APOKALYPTIKER:

        Die ukrainische Armee hat ihre Panzer aufgrund der identischen Bestände mit weißen Linien von vorne bis zum Auspuff gekennzeichnet.

        • @Joe Montana:

          ... kann ich verstehen , dass Sie nichts verstehen ! 1. haben/hatten die Separatisten Panzer aus alten Armeebeständen , und auch frisch erbeutete , und 2. ist dem ausgebrannten auf dem Foto die Farbe abhanden gekommen .

          • @APOKALYPTIKER:

            Stimmt, sorry! Habe nicht richtig hingeguckt. Dachte die Frontblende wäre dunkel gestrichen. Bei genauerem Blick ist sie eindeutig verkohlt.

             

            Bei der These bzgl. der Bestände habe ich allerdings schon andere Berichte gelesen.

  • Soeben hat HRW einen Bericht veröffentlicht, gemäß dessen die Truppen der Regietung bei ihren Angriffen mit Raketen Kriegsverbrechen begehen. Aber weder die EU noch die USAIntetessieren sich hierfür. Das Geplappet von Menschenrechte, es ist nicht mehr als eine Verlogenheit.

  • "Zum Paket gehört auch ein Verbot künftiger Waffenexporte. Außerdem will die EU keinerlei Hochtechnologieprodukte mehr liefern, Spezialanlagen zur Öl- und Gasförderung nur noch beschränkt."

     

    Evtl. sollte mal irgendjemand Herrn van Rompuy und den Regierungschef die Prinzipien im Kapitalismus erklären.

    Es wird dazu führen, dass sich das europäische Kapital von hier nach Rußland wenden wird und dort diese Sachen produziert. Das erspart nicht nur lästige Transportwege, sondern hilft auch beim Export in Krisengebiete, bei dem einige europäische Staaten durch Druck der Öffentlichkeit wesentlich mehr Theater machen würden. Die Atomindustrie aus der BRD und Frankreich hat das bereits vorgemacht, um auch den Iran beliefern zu können mit neuer Technik.

    • @Age Krüger:

      Wie erklären Sie sich dann, dass derzeit eine extreme Kapitalflucht aus Russland stattfindet und der Rubel ins bodenlose stürzt?

      Ihre These ist leider absoluter Humbug.

      • @Joe Montana:

        Nee, hat genau die gleichen Hintergründe.

        Ziel ist es, Profit zu machen. Es gibt keinen produktiven russischen Sektor mit Hochtechnologie, die exportfähig wäre.

        Bei reinem Kapital sieht der Markt anders aus. Nirgendwo wird in der russischen Wirtschaft für puren Einsatz von Kapital, das nicht produktiv genutzt wird, soviel gezahlt wie z.B. in der EU mit ihren horrenden Staatsverschuldungen.

        Wenn Sie also zur Produktivitätssteigerung beitragen wollen und Arbeitsplätze schaffen wollen, bringen Sie Ihr Geld ggf. in die russische Förderation. Wenn Sie nur von den steuerzahlenden Bürgern der EU oder der USA profitieren wollen, die die Zinsen für Staatsverschuldungen blechen, dann bringen Sie ihr Kapital in die EU oder in die USA.

        • @Age Krüger:

          Das ist das System Buffet - würde ich Ihnen in diesem Fall aber dringend von abraten!