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Krise in der UkraineJazenjuk bleibt doch im Amt

Das Parlament hat den Rücktritt von Premier Arseni Jazenjuk abgelehnt. Indes will es den Kampf gegen die Separatisten künftig mit einer Kriegssteuer finanzieren.

Hat das Vertrauen der Abgeordneten: Arseni Jazenjuk. Bild: dpa

KIEW afp/dpa/rtr | Das ukrainische Parlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit den Rücktritt von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk abgelehnt. Damit scheint die Regierungskrise mitten in der Offensive gegen die prorussischen Rebellen im Osten abgewendet zu sein.

Jazenjuk hatte vergangene Woche seinen Rücktritt angekündigt, weil die Abgeordneten den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr in einer ersten Abstimmung nicht angenommen hatten. Präsident Petro Poroschenko hatte die Abgeordneten unmittelbar vor ihrem Votum eindringlich aufgefordert, dem Haushalt doch noch zuzustimmen.

Die Abgeordneten hätten auch mehr Mitteln für den Militäreinsatz gegen die Separatisten zugestimmt, sagte Parlamentspräsident Alexander Turtschinow. Zudem hat das Land eine Kriegsabgabe von 1,5 Prozent auf alle steuerpflichtigen Privateinkommen eingeführt, die bis zum 1. Januar 2015 gelten soll.

Unterdessen hat die ukrainische Armee die von Separatisten kontrollierte Großstadt Luhansk nach eigenen Angaben fast völlig eingekesselt. Örtliche Behörden erklärten, die Einwohner seien inzwischen von der Lebensmittelversorgung abgeschnitten. Supermärkte, Lebensmittelläden und Märkte seien nur unregelmäßig geöffnet, teilte die Stadtverwaltung auf ihrer Internetseite mit. Die Lieferungen von Lebensmitteln in die Stadt seien gestoppt worden. Die Geschäfte könnten nur noch das verkaufen, was sie in den Lagern hätten. Die Vorräte schwänden mit jedem Tag.

Die ukrainische Armee erklärte, sie habe einen Korridor eingerichtet, durch den die Einwohner von Luhansk aus der Stadt fliehen könnten. Sie feuere auch nicht in Wohngebiete.

Luhansk hatte vor dem Konflikt mehr als 400.000 Einwohner. Sie ist neben Donezk die zweite Großstadt, die noch unter Kontrolle der Separatisten ist. Mit dem Amtsantritt von Präsident Petro Proroschenko vor einigen Wochen haben die Streitkräfte eine Offensive begonnen, um die von den prorussischen Rebellen beherrschten Gebiete wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen.

Am Absturzort des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 sind am Donnerstag internationale Experten eingetroffen. Niederländische und australische Ermittler hätten den Ort nach mehrtägigen erfolglosen Versuchen erreicht, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit. In den vergangenen Tagen hatten heftige Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten den Zugang zu der Absturzstelle verhindert.

Am Donnerstagmorgen hatte die ukrainische Führung deshalb eine eintägige Waffenruhe für das Gebiet angekündigt. Auf Bitten von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sei ein „Tag der Ruhe“ vereinbart worden.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 13.16 Uhr.

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8 Kommentare

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  • Kiewer Menschen -Jagd nach "freiwilligem" Kanonenfutter Zitat: die einheimische Bevölkerung weiss sehr gut wie der Befehl vom Präsidenten Poroshenko vom 22 Juli über die Teilmobilmachung durchgeführt wird.

    In der Stadt Ljubotin im Charkower Bezirk hielten an einem Supermarkt sechs Busse an, daraus stiegen etwa zwei Dutzend Männer in Masken und mit Maschinenpistolen. Sie nahmen alle Männer aus dem Supermarkt mit, um mit denen die mittlerweile etwas lichten Reihen der ukrainischen Armee aufzufüllen.

     

    Im Städtchen Bezljudow wurden einige junge Männer mitgenommen, die an einer Haltestelle auf die Straßenbahn warteten. Am bezljudow-Strand wurden alle Männer gleich in Badehosen abgeführt. Zusammen mit einigen Fischern. Sie alle wurden gleich zum Wehrersatzamt gefahren.

    In Charkow ist eine etwa drei Tausend Mann starke Einheit der Nationalgarde angekommen, die die Durchführung der Mobilmachung sichern soll. Einberufen sollen etwa 10.000 Männer. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Militärs gehen...die Wohnungen durch und nehmen alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren mit. Ohne Musterung. Nach Augenzeugenberichten sind sowohl die potentiellen Soldaten als auch deren Verwandten stark eingeschüchtert. Menschen sind verzweifelt und wissen nicht was tun.

    Alle Neulinge werden an die Front gefahren, ... Männer aus dem Osten der Ukraine sollen in die heißesten Frontabschnitte geschickt werden. Die Nationalgarde ist berechtigt jeden zu erschiessen, der sich weigert auf die Volksmilizen zu schiessen, oder zu fliehen versucht.

    An vielen Orten werden Strassen und Wehrersatzämter von aufgebrachten Frauen blockiert, die damit versuchen die Entsendung ihrer Angehörigen an die Front zu verhindern. Auch steigen die Zahlen der Fahnenflüchtigen." mehr hier -http://donbassfront.livejournal.com/

  • Was Zivilisten mutmaßlich passiert die den ...Parolen der „Kiewer Regierung“ vertrauen Zitat

    „Heute wurden von der Nationalgarde Zivilisten erschossen, die die Möglichkeit nutzen wollten den von der Kiewer Regierung zuvor eingerichteten humanitären Korridor „Lugansk-Metallist-Stchastje“ zur Flucht aus der Stadt zu benutzen. Nach unseren Angaben fuhren sie mit einem Privatbus und einem PKW. Bei dem Blockposten der Nationalgarde bei Stukalkovo wurde auf sie das Feuer eröffnet. Es ist nicht bekannt, ob in Fahrzeugen jemand überlebt hat, da solche Vorfälle von der Junta geheim gehalten und versteckt werden. Wir wissen jedoch von Augenzeugen, dass es sehr viele Opfer gab. Offensichtlich hat es den Faschisten nicht gefallen, dass die Fahrzeuge ohne weisse Fahnen unterwegs waren und die Insassen, so wie es die ATO-Führung vorgeschrieben hat, keine weißen Bänder an den Armen trugen“.

    Ach so, man hatte sich nicht richtig kostümiert – dann wohl selbst schuld.

    http://donbassfront.livejournal.com/

  • "Sie feuere auch nicht in Wohngebiete."

     

    Ist ja wahrscheinlich anstrengend. Man muss ja mal Pause machen, wenn man die Wohngebiete bombardiert. Aber morgen, frisch und munter unbedingt feuern, damit wir wieder neue Bilder von ermoderten Frauen und Kindern sehen können.

  • Wie man liest, sterben auf Seite der Kiewer nicht nur Söldner aus allen Herrenländern.

    Nein, jetzt hat es sogar US- amerikanische Berater in der Nähe der russischen Grenze erwischt -was die da wohl zu suchen hatten ?- RIW

    Zitat "Ein Spähtrupp nahm eine Kolonne amerikanischer Militärberater unter Beschuss. Beim Angriff wurden drei amerikanische Offiziere getötet. Einer davon war ...wohl weiblich ...Ausserdem wurde der amerikanische General Randy Kee verwundet, der die ganze ukrainische ATO praktisch leitet. Unter Berücksichtigung des am 30. Juli am Strand in Mariupol Erschossenen, sind von den 180, kürzlich in der Ukraine angekommenen, amerikanischen Militärberatern bereits 10 tot. Innerhalb nicht einmal einer Woche…."

    Mehr über die Situation in der Ostukraine http://donbassfront.livejournal.com/

  • Mit Jazenjuk bleibt die Putsch-Regierung im Amt - nicht vom Volk gewählt. Aber das scheint dem Westen auf seinem Weg egal. Merkel und Co unterstützen weiterhin eine Putsch-Regierung beim Krieg gegen das "eigene" Volk! Denn man will in der Ukraine scheinbar alles "russische" Verbieten und erklärt dort Teile des "eigenen" Volkes zu Terroristen! Das ist für die EU wirklich unterstützungswürdig. Das ist "unsere" Vorstellung von Demokratie!

    • @antares56:

      In der Ukraine wird die Regierung - wie in Deutschland der Bundeskanzler - MITTELBAR durch das Volk gewählt, will heißen, das Volk wählt die Abgeordneten, welche wiederum aus dem Plenum heraus den Regierungschef (und somit die Regierungsmitglieder) wählen.

       

      Und ob es Ihnen, Herr 'ANTARES56', nun passt oder nicht, die jetzige ukrainische Regierung ist durch die selbst mit Stimmen aus der Janukowitsch-Fraktion (!) gefassten Beschlüsse des (gewählten!) ukrainischen Parlaments vom 22.02.2014 legitimiert; DAS wird (im Gegensatz zur Janukowitsch-Absetzung) selbst von der verbliebenden Opposition in der Werchowna Rada nicht angezweifelt! [im Übrigen war die vorherige Regierung Asarow bereits am 28.01.2014 (!) zurückgetreten.]

       

      Und Ihre Behauptung "Denn man will in der Ukraine scheinbar alles 'Russische' verbieten und erklärt dort Teile des 'eigenen' Volkes zu Terroristen" ist schlichtweg nur eine Lüge ... unwürdig darauf einzugehen!

       

      Korrekt vorgetragene Fakten statt Unwahrheiten hätten Ihrem Beitrag Seriösität verliehen. Aber so...!

      • @de Toussaint Henriette:

        In Deutschland ist es aber unüblich dabei bewaffneten (faschistischen) Mitmenschen ins Auge schauen zu müssen bzw. des Saals verwiesen zu werden. Auch sich von solchem ... durchsuchen, bedrohen, prügeln zu lassen kommt hier eher nicht vor.

        Unüblich ist hierzulande auch das mehrfache Abstimmen einzelner Abgeordneter mit Abstimmkarten die von anderen Abgeordneten unter Gewaltandrohung "eingezogen" wurden.

        Und schließlich auch Faustrecht hat hier nicht die Akzeptanz wie in Ihrer Bananenrepublik.

    • @antares56:

      Demokratie ist, wenn das Ergebnis passt.