Krise im Tschad: Wo die Opposition sich versteckt
Die Krise im Tschad spitzt sich seit 2016 zu. Die Regierung versucht mit Härte, einer grassierenden Streik- und Protestwelle entgegenzuwirken.
Nicht klar ist, wie viele Menschen aktuell in Untersuchungshaft sitzen. Es sind zahlreiche Studenten, die sich nicht nur in der Hauptstadt N’Djamena an Protesten beteiligt haben. Manche, so wird auch berichtet, waren schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Die jungen Menschen wollen weder steigende Schulgebühren noch zunehmende Perspektivlosigkeit im Tschad hinnehmen. Aufgerufen zum Generalstreik hatten Ende Januar die Gewerkschaften, da Löhne zum Teil um 50 Prozent gekürzt wurden.
Dem Aufruf im öffentlichen Dienst folgten eine Woche später auch die Angestellten der Privatwirtschaft. Schulen bleiben bis auf wenige Ausnahmen geschlossen, in den Krankenhäusern werden seit Wochen kaum noch Patienten versorgt.
Es kriselt im Tschad schon länger. Im August 2016 ließ Präsident Idriss Déby, der seit 1990 regiert, 16 Reformmaßnahmen verkünden, zu denen auch die Verkleinerung des Regierungsfuhrparks gehört. Einschränken müssen sich allerdings normale Bewohner und nicht Regierungsvertreter – ausgerechnet in einem Land, das als einer der wichtigsten Partner Europas im Kampf gegen islamistischen Terrorismus und illegale Migration in der Sahelzone gilt und dessen Präsident behauptet, ohne ihn wäre die instabile Region längst zusammengebrochen.
Tschad hat die stärkste Armee der Region, aber Strom gibt es nur in den wenigen Städten und auch nicht zuverlässig. In ländlichen Regionen ist der nächste Brunnen oft viele Kilometer entfernt. Dabei fördert der Tschad seit 2003 Öl. Doch wurden die Gewinne weder in Infrastruktur noch in Wirtschaftsförderung investiert, sondern vor allem ins Militär.
Zur arm für den Streik
Viele Menschen sind schlicht zu arm, um einen Streik durchzuhalten. Mittlerweile ist die Unzufriedenheit jedoch so groß, dass viele trotz Demonstrationsverboten – in den vergangenen Wochen wurde immer wieder Tränengas eingesetzt – auf die Straßen gehen. Es gibt sogar neue Aufrufe, etwa für den Weltfrauentag am 8. März.
Viel dringt davon nicht nach außen. Vor Ort wird berichtet, dass Telefone verschärft abgehört werden. Vergangene Woche sagte Mahamat Nour Idedou, Generalsekretär der „Konvention zur Verteidigung der Menschenrechte“, dem französischen RFI-Rundfunk, dass sich zahlreiche Regierungskritiker aus Angst vor Festnahme nicht mehr nach Hause trauen würden: Ihre Häuser würden überwacht.
Einer schweigt beharrlich zu den Vorkommnissen: Präsident Déby. Zum Jahreswechsel ließ er verkünden, dass 2018 endlich Parlamentswahlen stattfinden sollen. Sie sind seit drei Jahren überfällig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!