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Krieg in der UkraineGeheimgespräche mit Moskau

Trumps „Friedensplan“ sieht Gebietsverzicht und eine verkleinerte ukrainische Armee vor. Wie weit kommen die USA den russischen Forderungen entgegen?

Menschen vor einem Häuserblock in Ternopil, der am Mittwoch von einer russischen Rakete getroffen wurde Foto: Andriy Bodak/reuters

afp | Die USA haben der Ukraine einen Vorschlag zur Beendigung des russischen Angriffskrieges übermittelt, der Maximalforderungen Russlands zu enthalten scheint. Wie ein ranghoher ukrainischer Vertreter am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP sagte, sieht der Plan vor, dass die Ukraine die Krim und weitere von Russland kontrollierte Gebiete abtritt sowie ihre Armee deutlich verkleinert. Bei einem noch weitergehenderen Gebietsverzicht wäre US-Präsident Donald Trump laut dem Portal Axios zu Sicherheitsgarantien für Europa bereit. Derweil wurden bei einem russischen Angriff im Westen der Ukraine mehr als zwei Dutzend Menschen getötet.

Nach AFP-Informationen ist in dem US-Plan von der „Anerkennung der Krim und anderer von Russland besetzter Gebiete“ die Rede. Zudem solle Kiew seine Armee auf 400.000 Soldaten verkleinern. Der Plan sieht außerdem vor, dass die Ukraine alle Langstreckenwaffen abgibt.

Der Plan scheint somit Russlands Maximalforderungen zu enthalten. Kiew hatte immer wieder darauf verwiesen, dass Moskaus Forderungen hinsichtlich der Gebietsabtretungen inakzeptabel seien und einer Kapitulation gleichkämen.

Trump will Sicherheitsgarantien geben

Das Portal Axios berichtete zudem unter Berufung auf einen US-Beamten, Trump sei zu US-Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Europa gegen zukünftige russische Aggressionen bereit. Voraussetzung sei allerdings, dass Russland auch Teile der Ostukraine zugeschlagen bekomme, die es bisher nicht kontrolliere. Axios und andere US-Medien hatten zuvor über Geheimgespräche zwischen Moskau und Washington und einen 28-Punkte-Plan für Frieden in der Ukraine berichtet.

Der ukrainische Vertreter ließ Zweifel an dem Plan erkennen: Es sei „unklar“, was Russland im Gegenzug für die Zugeständnisse tun solle. Zudem wisse die Regierung in Kiew nicht, ob der Vorschlag wirklich von Trump stamme oder von seinem Umfeld.

Das Weiße Haus äußerte sich zunächst nicht zu dem Plan. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lehnte einen Kommentar ab. „Es gibt nichts Neues, worüber wir Sie informieren können“, antwortete er auf eine Journalistenfrage zu dem Axios-Bericht.

Deutschland weiß von nichts

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) zufolge wurde Deutschland von den USA bisher „nicht gebrieft“. Er verwies mit Blick auf den russischen Staatschef Wladimir Putin auf die „laufenden Anstrengungen aller internationalen Partner, endlich dafür zu sorgen, dass Präsident Putin an den Verhandlungstisch kommt“.

Die russischen Streitkräfte kontrollieren derzeit etwa ein Fünftel des ukrainischen Territoriums. Moskau hatte die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim bereits 2014 annektiert. Im September 2022 erklärte Russland Donezk und Luhansk sowie die Regionen Cherson und Saporischschja für annektiert. Große Teile dieser Regionen werden von Russland kontrolliert.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hielt sich am Mittwoch zu Gesprächen in der Türkei auf. Vertreter der USA oder Russlands waren bei dem Treffen zwischen Selenskyj und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan nicht anwesend.

Rege Pendeldiplomatie

Von ukrainischer Seite hatte es zunächst geheißen, dass Selenskyj auch den US-Sondergesandten Steve Witkoff treffen würde. Am Mittwoch kam jedoch ein Dementi aus dem US-Außenministerium.

Derweil reiste der hochrangige Pentagon-Vertreter Daniel Driscoll nach Kiew, um mit ukrainischen Regierungsvertretern über eine Beilegung des Krieges zu sprechen, wie der US-Sender CBS News unter Berufung auf das US-Militär berichtete. Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj bezeichnete das Treffen mit der US-Delegation als „produktiv“.

Im Präsidentschaftswahlkampf hatte US-Präsident Donald Trump behauptet, er könne den Ukraine-Krieg „in 24 Stunden“ beenden. Seitdem liefen jedoch mehrere seiner Initiativen ins Leere. Kritiker werfen dem 79-Jährigen einen Schlingerkurs zwischen Moskau und Kiew vor.

Ukrainische Städte weiter unter Beschuss

Die russische Armee setzte ihre Angriffe auf ukrainische Städte derweil mit unverminderter Härte fort, darunter Charkiw, Lwiw, Iwano-Frankiwsk, Ternopil. Der staatliche ukrainische Rettungsdienst erklärte, in Ternopil seien 26 Menschen getötet worden, darunter drei Kinder. Weitere 92 Menschen seien verletzt worden, darunter 18 Kinder. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk zeigte sich „entsetzt“ über die Zahl der zivilen Opfer.

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