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Krieg in der UkraineRussische Drohne beschädigt AKW-Sarkophag

Die Schutzhülle des Atomkraftwerkes Tschernobyl wird bei einem Angriff getroffen. Kurzzeitig brennt es. Die Radioaktivitätswerte seien stabil, heißt es.

Ein Suchscheinwerfer beleuchtet ein Loch im Dach eines beschädigten Sarkophags des Kernkraftwerks Tschernobyl Foto: Ukrainian Emergency Service/ap/dpa

Kyjiw taz | Ein russischer Drohnenangriff hat die Schutzhülle über dem beschädigten Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl getroffen. Bei dem nächtlichen Angriff, so der ukrainische Präsident Selenskyj, sei auf dem Dach ein Feuer entstanden, das mittlerweile gelöscht worden sei. Die gemessene Radioaktiviät liege im Normbereich.

Dies wird auch von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die mit einer eigenen Beobachtungsmission auf dem Gelände des stillgelegten, 1986 havarierten Reaktors vertreten ist, bestätigt. Gleichzeitig berichtet die IAEA, die Feuerwehr sei innerhalb von wenigen Minuten nach der Explosion eingetroffen. Opfer habe es keine gegeben. Die Experten der IAEA vor Ort seien nun in erhöhter Einsatzbereitschaft.

IAEA-Generaldirektor Rafael Mariano Grossi ist ob der Situation am Reaktor sehr beunruhigt. Präsident Selenskyj veröffentlichte auf X Aufnahmen, die Schäden am riesigen Schild zeigen, der aus Beton und Stahl besteht und die Überreste des Reaktors abdeckt. Dessen Dach war bei der Explosion 1986 zerstört worden. Die 275 Meter breite und 108 Meter hohe und Ende 2016 in Betrieb genommene Schutzhülle soll die Umwelt hundert Jahre vor einer weiteren Freisetzung von radioaktivem Material schützen.

Dieser Angriff, so Selenskyj, zeige erneut, dass Russlands Präsident Wladimir Putin „definitiv nicht auf Verhandlungen vorbereitet“ sei. Russland hat sich bislang nicht zu dem Vorfall geäußert. „Jede Nacht führt Russland solche Angriffe auf die Infrastruktur und Städte der Ukraine durch“, sagte Selenskyj. Er forderte „einheitlichen Druck“, um Moskau zur Rechenschaft zu ziehen.

Rotation abgesagt

Bereits am Mittwoch hatte Grossi von „gefährlichen militärischen Aktivitäten“ in der Umgebung von Europas größtem Atomkraftwerk in Enerhodar gesprochen. Eine für Mittwoch geplante Rotation der IAEA-Mitarbeiter musste deswegen kurzfristig abgesagt werden. Trotz schriftlicher Zusicherungen beider Seiten, dass die geplante Rotation sicher durchgeführt werden könne, habe sich diese als zu gefährlich erwiesen, heißt es bei der IAEA.

Er stehe weiter in Kontakt mit beiden Seiten, so Grossi, „um die Sicherheit unserer Teams zu gewährleisten und die fortgesetzte Präsenz der IAEA im Atomkraftwerk Saporischschja zu sichern, damit unser Personal seine unersetzliche Mission fortsetzen kann, die nukleare Sicherheit und Sicherstellung aufrechtzuerhalten“, fügte er hinzu.

Unterdessen dankte Präsident Selenskyj dem ukrainischen Parlament für sein Abstimmungsverhalten am Dienstag. Nun bestehe die Möglichkeit, den Bau von zwei Reaktoren in Chmelnizki aufzunehmen. Am Dienstag hatte die Verchowna Rada den Kauf von zwei russischen Atomreaktoren von Bulgarien gebilligt.

Die Reaktoren, die circa 600 Millionen Euro kosten, sollten in den 90er Jahren in dem bulgarischen Atomkraftwerk Belene eingesetzt werden. Doch das AKW Belene war nie in Betrieb gegangen. Nun sollen sie in Chmelnizki aufgestellt werden, wo sich bereits zwei unfertige Schutzhüllen zweier nie zu Ende gebauter Atomreaktoren befinden.

Der geplante Einsatz der beiden bulgarischen Reaktoren russischer Bauart in Chmelnizki ist in der ukrainischen Gesellschaft sehr umstritten. Umweltschützer und Atomexperten sehen den Bau eines AKW im Krieg als ein sehr riskantes Unterfangen an.

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