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Krieg in der UkraineNato berät über Waffen für Kiew

Die Ukraine bittet um mehr Militärhilfe. Sie befürchtet, dass westliche Länder sie zu Gebietsabtritten drängen könnten.

Will, dass sich die Alliierten auf Unterstützungspaket einigen: Nato-Generalsekretär Stoltenberg Foto: Yves Hermann/reuters

Die Ukraine erhöht den Druck auf ihre westlichen Verbündeten, sie ausreichend mit schweren Waffen zu versorgen, um den russischen Angriffskrieg stoppen zu können. Kiew habe bislang nur „rund zehn Prozent“ der vom Westen geforderten Waffen erhalten, monierte Verteidigungsminister Oleksij Resnikow am Mittwochnachmittag vor Beginn eines Treffens von 45 Ländern der Ukraine-Kontaktgruppe im Brüsseler Nato-Hauptquartier. Die Kontaktgruppe koordiniert Waffenlieferungen an die Ukraine.

Die Ukraine stehe „vor einem entscheidenden Moment auf dem Schlachtfeld“, mahnte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zum Auftakt des Treffens. Die USA, Großbritannien und Deutschland haben Kiew Mehrfachraketenwerfer in Aussicht gestellt, jedoch nicht in der von der Ukraine gewünschten Zahl.

Nach dem Treffen sollten am Abend die Nato-Verteidigungsminister zu einem Arbeitsessen mit der Ukraine und Georgien sowie Schweden und Finnland zusammenkommen. Der bis Donnerstag dauernde Nato-Rat dient der Vorbereitung des Gipfeltreffens in Madrid in zwei Wochen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, er erwarte, dass sich die Alliierten in Madrid auf ein Unterstützungspaket einigen, um der Ukraine den Übergang von Ausrüstung aus der Sowjetzeit zu moderner Nato-Ausrüstung zu erleichtern.

Ukraine will keine Gebiete abtreten

Die Nato-Beratungen kommen im Kontext der schwersten Kämpfe in der Ostukraine seit Kriegsbeginn. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Montag gesagt, die laufende Schlacht um den Donbass „wird sicherlich als einer der brutalsten Kämpfe in Europa und für Europa in die Militärgeschichte eingehen“. Nach wie vor ist die Stadt Sjewjerodonezk besonders heftig umkämpft. Eine Evakuierungsaktion für die verbleibenden Zivilisten dort scheiterte am Mittwoch, wofür sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich machten. Die Ukraine hat Entlastungsangriffe weiter westlich im Umfeld der Stadt Isjum gestartet, von wo aus die russische Armee ihre Offensiven zur Eroberung der Donbass-Städte Slowjansk und Kramatorsk führt. Ukrainische Quellen vermelden stetige Geländegewinne im Süden der Ukraine nahe der russisch kontrollierten Stadt Cherson. Die Ukraine will Russland daran hindern, seine Kontrolle über diese an die Krim angrenzende Region zu festigen.

Derweil mehren sich in ukrainischen Medien Befürchtungen, Deutschland und Frankreich könnten die Ukraine zu einem Gebietsverzicht drängen, im Rahmen eines erneuten Friedensprozesses nach dem gescheiterten Minsk-Modell. Dies wurde von einer für Donnerstag erwarteten Visite durch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzler Olaf Scholz, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Rumäniens Präsident Klaus Johannis erwartet. „Der ukrainische Präsident und seine Beamten werden mit Russland verhandeln müssen“, sagte Macron am Mittwoch in Rumänien. Die Ukraine, die zu Kriegsbeginn wochenlang mit Russland verhandelt hatte, verweist demgegenüber auf Äußerungen wie die von Russlands Expräsident Dmitri Medwedew, der am Mittwoch auf Telegram schrieb: „Wer hat denn gesagt, dass die Ukraine in zwei Jahren überhaupt noch auf der Weltkarte existieren wird?“ (mit afp, rtr)

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10 Kommentare

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  • "westliche Länder sie zu Gebietsabtritten"

    Ein Abtritt ist ein Klo.

    Das korrekte Wort wäre 'Abtretungen' gewesen.

    • @Huck :

      Das ist sehr gut angemerkt und hätte langst zur Textkorrektur der Teaserzeile führen müssen.

      A propos Abtretung - die Chance haben Merkel und Hollande alleräußerst gründlich vergeigt, durch Vermittlung einer ordentlichen Abtretung der Krim schon 2015 Frieden zu schaffen!

      Eine ordentliche Abtretung hätte bedeutet, dass Russland eine angemessene Abstandszahlung für die erbeuteten Bodenschätze der Halbinsel an die Ukraine hätte leisten müssen, oder alternativ eine entsprechende Gewinnbeteiligung als Dauereinrichtung, und gut wäre gewesen. Aber selbst der Geschäftsmann Proschenko ist nicht auf den Dreh gekommen. Die Troika Merkel/Hollande/Poroschenko war also nicht besser als Schröder-Lafo-Scharping ;-)

  • Man könnte sich ja wieder auf gut Freund mit Russkia stellen, wenn man der Ukraine nahelegt zu kapitulieren und Sie sich freiwillig deportieren lassen ...



    Dann hätten wir wieder Gas und Frieden und müssten nicht Versprechungen machen die wir sowieso nicht einhalten wollen und die Think thanks nicht mehr für Argumente zur Verzögerungstaktik bemühen.

    Die vom Westen " ZUGESARGTEN - zugesagten" Rüstungsgüter reichen nicht aus, Deckel drauf - abwarten erstmal bis zum Herbst. Im Winter können wir eh nicht Liefern.

    Ich staune immer wieder über die taktisch so hochstehende - langfristige Brain Analytik unserer EHREN Amtlichen Volksvertreter.

    Das beste Problem ist, wenn es sich selber löst.

  • Deutschland kann es sich außenpolitisch nicht leisten, sämtliche Brücken mit Russland auf Druck fremder Staaten, abzubrechen.



    Russland ist nicht irgend ein Dritte- Welt-Staat, welchen wir außenpolitisch/wirtschaftlich nicht brauchen, ignorieren können. Es ist ein europäischer Partner, mit dem wir, trotz amerikanischen Druck, Kalten Krieg, seit Sowjet-Zeiten wirtschaftlich/kulturell eng zusammen arbeiten.



    Das Russland, ein in seinen Strukturen, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Abspaltung ehemaliger Teilstaaten, ein erzkapitalistischer Staat mit diktatorischen Machtstrukturen ist, wie etwa Ungarn, Polen und andere Staaten , einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat, ist im 21. Jahrhundert zu verurteilen, aber blutige Realität, wie alle Angriffskriege, welche die USA, ihre Verbündeten, meist unter falscher Flagge, in den letzten 40 Jahren begonnen, beendet oder verloren haben.



    Der Angriff ist zu verurteilen, die Ukraine ist keine Speerspitze der Demokratie in Osteuropa, sie ist in den Nachwendewirren von Oligarchen und politischen Abenteurern okkupiert wurden und so wenig demokratisch, frei, nach westlichen Vorstellungen, wie Russland und eine Vielzahl von europäischen Staaten, welche aus politischen geostrategischen Gründen sogar Mitglied der EU und NATO sind, sie ist für die USA und ihre Verbündeten aus geostrategischen Gründen gegen Russland von Interesse.



    Nicht mehr und nicht weniger.



    Wenn wir Deutschen und die "neuen" Freunde der über Nacht demokratischen Ukraine, wirklich Interesse am Ende des sinnlosen Blutvergiesens hätten, würde alles getan, das Minsker Abkommen umzusetzen, mit allen Mitteln einen Waffenstillstand die Beendigung des Krieges zu wollen.



    Nur eines fehlt im Westen, der Wille.



    Es besteht die einmalige historische Möglichkeit, einen geostrategischen und militärischen Gegner der USA zu schwächen und die Gelegenheit wird mit aller Konsequenz und Brutalität umgesetzt.



    Die Menschen in der Ukraine sind dem Westen völlig egal.

    • 6G
      657969 (Profil gelöscht)
      @Garfield53:

      Mir sind die Menschen nicht egal. Die russischen und die ukrainischen Menschen. Für Waffenlieferungen sollte Herr Selensky sich an die USA und GB wenden, siehe Budapester Abkommen 1994. Zusätzlich Waffen zu liefern, außer den versprochenen,



      Halte ich nicht für richtig.



      Sie sehen das übrigens ganz richtig.

      www.dw.com/de/die-...ukraine/a-18110670

    • @Garfield53:

      @GARFIELD53: Die Ukraine so, wie Sie es tun, zu verunglimpfen, hilft niemand. Aber die Ukraine so zu verarschen, wie die NATO es tut, hilft auch nicht. Nur 10% der Waffenwünsche erfüllt - die Anfangserfolge gegen die Generalinvasion beruhten auch auf noch vorhandenen Waffen- und Munitionsbeständen der ukrainischen Armee! Und auf Unvoreingenommenheit gegenüber dem Gegner - da konnte man sich einfach so mit Panzerfäusten an den gegnerischen Konvoi anschleichen. Nach der Verschärfung der russischen Gangart durch gezieltere Operationen steht die ukrainische Verteidigung auf der Kippe. Dazu fehlen wohl tatsächlich Waffen. Sowohl NATO als auch Ukraine brauchen ein gemeinsames Ziel: Weiteres Vorrücken der Russen und das Abschneiden der Ukraine vom Schwarzen Meer mit aller Kraft verhindern. Das ist NOCH ein realistisches Ziel. Aber benötigt weitere Waffenlieferungen! Die Bundeswehr wollte doch das G36 ausmustern. Hunderttausend teils afghanistanbewährte Gewehre könnte die BW samt Muni abgeben.

      Die Verteidigungslinie der Ukraine muss stehen wie eine Eins. Nur dann hat die Ukraine überhaupt eine Verhandlungsposition! Und allen voran Macron fordert ja, dass die Ukraine mit Russland verhandelt. Tritt er nicht sofort Scholz in den Arsch, damit der Waffen liefert, und setzen die Verbüündeten nicht insgesamt mehr Hebel in Bewegung, damit viele kleine Chargen von Hilfslieferungen nicht nur waffentechnischer Art auf sicheren, also immer neuen geheimen Pfaden and die ukrainische Truppe gelangen statt in deren Lager, die von Russlands Lenkwaffen zerstört werden. Das ist eine echte Herausforderung für die westlichen Nationen, die nicht weniger als alle ihre 007-Karäter in vollem Einsatz erfordert.

    • @Garfield53:

      Könnte es nicht besser ausdrücken.

  • Der Bundelkanzler möchte doch bitte klar sagen, was er zu tun gedenkt und dann auch tun was er sagt.

    Die bisherigen Äusserungen und Handlungen von Olaf Scholz sind nur verständlich, wenn er entweder bei seinen Ankündigungen bewusst unklar bleibt (oder sogar die Unwahrheit sagt?) oder er ist unentschieden, wie er sich verhalten will. Beides erscheint mir der Situation unangemessen.

    Es muss auch kein Unwille sein, vielleicht ist Deutschland als Staat so schlecht organisiert, dass pragmatisches und schnelles Handeln einfach nicht umsetzbar ist. Dafür gibt es ja in verschiedenen Bereichen Anzeichen.

  • Russland wird diesen Krieg gewinnen, weil der Westen nur redet und kaum liefert.



    Bis der Westen endlich soweit ist zu liefern, hat Russland schon die ganze Ukraine eingenommen.



    Manchmal frage ich mich ob das nur Dummheit oder vom Westen so gewollt ist.

    • @Rudi Hamm:

      Das ist reines Kalkül auf Kosten der Ukraine, nachdem man den Putin jahrelang hochgepappelt hatte.



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