Krieg in Syrien: 33 türkische Soldaten getötet

Durch Luftangriffe der syrischen Armee in der Provinz Idlib sterben 33 türkische Soldaten. Präsident Erdoğan bittet die Nato um Beistand.

Ein Panzer steht auf einer Straße. Davor und darauf sind uniformierte Männer.

Ziel der Luftangriffe: Rebellen mit türkischer Unterstützung, hier in Sarakeb am Donnerstag Foto: ap

ANKARA/MOSKAU ap/dpa/afp | Der Konflikt zwischen türkischen und syrischen Truppen im Nordwesten Syriens eskaliert: Bei einem Luftangriff auf türkische Einheiten, für den Ankara die von Russland gestützte syrische Regierung verantwortlich macht, sind nach Behördenangaben 33 türkische Soldaten getötet worden. 32 verletzte Soldaten würden in Krankenhäusern behandelt, sagte der Gouverneur der an die Rebellenhochburg Idlib grenzenden türkischen Provinz Hatay, Rahmi Doğan.

Der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge, die von mindestens 34 getöteten türkischen Soldaten spricht, ereignete sich der Angriff in der Region Dschabal al-Sawija im Süden Idlibs. Demnach hatten kurz zuvor türkisch gestützte syrische Oppositionskämpfer die strategisch wichtige Stadt Sarakeb von Regierungstruppen zurückerobert.

Die Türkei gab bekannt, im Gegenzug würden „alle bekannten“ Ziele der syrischen Regierung von türkischen Kräften auf dem Boden und aus der Luft angegriffen.

Nach russischen Angaben waren die türkischen Soldaten zum Zeitpunkt des Angriffs mit der al-Qaida-nahen islamistischen Miliz Hai'at Tahrir al-Scham (HTS) unterwegs. Die Rebellen hätten in der Nacht auf Freitag eine großangelegte Offensive auf die syrischen Regierungstruppen versucht, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag mit. „Dabei sind auch türkische Militärangehörige, die sich unter den Kampfeinheiten der terroristischen Gruppen befanden, unter Beschuss der syrischen Soldaten gekommen“, hieß es.

Türkei bittet die Nato um Beistand

Ömer Çelik, ein Sprecher der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, rief die Nato auf, der Türkei beizustehen. In Richtung Europäische Union richtete er zudem eine Warnung: „Unsere Flüchtlingspolitik ist die gleiche, aber wir haben hier eine Situation, wir sind nicht länger in der Lage, Flüchtlinge zurückzuhalten.“

In der Türkei leben rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien. Laut einer Vereinbarung zwischen Ankara und der EU von 2016 hat die Türkei sich bereiterklärt, Flüchtlinge verstärkt davon abzuhalten, nach Europa zu kommen. Seitdem hat Erdoğan bei verschiedenen Streitigkeiten wiederholt damit gedroht, „die Tore zu öffnen“.

Obwohl die Regierungstruppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die Stadt Sarakeb verloren geben mussten, machten sie in Richtung Süden große Gewinne. Assad kontrolliert derzeit beinahe den gesamten Süden der Provinz, wie staatliche Medien und Aktivisten mitteilten.

Im türkischen Fernsehen waren nach dem Angriff vom Donnerstag Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Luftangriffen auf syrische Ziele zu sehen. Erdoğan berief eine Notfallsitzung in Ankara ein, wie der Sender NTV berichtete. Sein Sprecher İbrahim Kalın, der in der türkischen Außenpolitik ebenfalls eine große Rolle spielt, sprach mit dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, Robert O'Brien. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu telefonierte der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Nato-Generalsekretär verurteilt syrische Luftangriffe

Stoltenberg rief die Konfliktparteien auf, die „gefährliche Lage“ zu entschärfen und eine weitere Verschlimmerung der „schrecklichen humanitären Situation“ in der Region vermeiden. Nach Angaben einer Sprecherin verurteilte er im Telefonat mit dem türkischen Außenminister die „rücksichtslosen“ Luftangriffe durch die syrischen Regierungstruppen und die mit ihnen verbündeten russischen Verbände.

UN-Generalsekretär António Guterres wiederholte seinen Aufruf zu einem sofortigen Waffenstillstand und drückte ernsthafte Besorgnis über das Risiko für Zivilisten aus, wie sein Sprecher Stéphane Dujarric sagte. „Ohne dringende Handlung wächst das Risiko einer noch größeren Eskalation von Stunde zu Stunde.“

Erst kürzlich war eine russische Delegation zwei Tage lang für Gespräche über die Situation in Idlib in Ankara gewesen. Hunderttausende Zivilisten sind bisher vor der Gewalt geflohen, auch in Richtung der Grenze zur Türkei. Idlib ist die letzte Rebellenhochburg in Syrien.

Anadolu zufolge versammelte sich eine wütende Menge vor dem russischen Konsulat in Istanbul. „Mörder Russland, Mörder Putin“, riefen sie demnach, vor einer Reihe von Bereitschaftspolizei und Wasserwerfern stehend.

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