Krieg in Sudan: Wo ist Ex-Diktator Bashir?

Wo sich der 2019 gestürzte Ex-Präsident des Sudan aufhält, ist schon länger unklar. Nun wird spekuliert, ob ihn die RSF aus einem Gefängnis befreiten.

Ein Mann mit weißem Turban hinter schwarzem Metallgitter

Da wusste man noch, wo er sich aufhält: Omar al-Bashir vor Gericht in Khartum im August 2019 Foto: Mohamed Nureldin Abdallah/rtr

KAMPALA taz | Wo ist Sudans Ex-Präsident Bashir? Diese Frage wird in den vergangenen Tagen in ganz Afrika heiß diskutiert. Der 2019 gestürzte Dikatator Omar al-Bashir saß in den vergangenen Jahren im Zentralgefängnis Kober in Sudans Hauptstadt Khartum ein. Doch vergangenen Sonntag wurden dort die Gefängnistüren geöffnet. Tausende Insassen, darunter hochrangige politische Gefangene, entkamen oder wurden fortgeschafft.

Sudans Innenministerium hat mittlerweile mehr Details über die Gefängnisöffnung veröffentlicht. Laut diesen habe die Miliz RSF unter General Mohamad Hamdane Daglo, genannt Hametti, fünf Gefängnisse landesweit gestürmt, um Gefangene zu befreien. Darunter war auch das Zentralgefängnis Kober im Norden Khartums, wo hochrangige Gefangene einsitzen.

Die Armee beschuldigt RSF-Kämpfer, Militäruniformen angezogen und das Kober-Gefängnis angegriffen zu haben. Auch die Einrichtung sei geplündert worden, behaupten sie. Die RSF wies die Anschuldigungen zurück und sagte, das Militär habe die Haftanstalt als Teil eines Plans zur Wiederherstellung der Macht von al-Bashir „gewaltsam evakuiert“.

Ein Handy-Video, das auf der Onlineplattform Twitter zirkulierte, zeigt, wie Dutzende Gefängnisinsassen in Häftlingskleidung, ihre Habseligkeiten unter den Arm geklemmt, aus dem Gefängnis marschieren.

Sitzt Bashir überhaupt noch im Gefängnis?

Zu diesem Zeitpunkt war Bashir jedoch schon nicht mehr in seiner Zelle, bestätigt nun Sudans Armee. Er sei bereits vor dem Ausbruch der Kämpfe vor zwei Wochen verlegt worden. Einige Quellen vermuten sogar, dass Bashir seit zwei Jahren in einem Militärkrankenhaus untergebracht ist. 2021 war er aufgrund medizinischer Probleme dorthin verlegt worden – und womöglich wurde er nach Ende seiner Behandlung nie zurück ins Gefängnis verlegt.

Über den Aufenthaltsort des Ex-Präsidenten war seit der Gefängnisöffnung heiß spekuliert worden. Jetzt bestätigte Sudans Armee, dass der 79-jährige Bashir im Militärkrankenhaus Aliyaa untergebracht sei. Ebenso wurden weitere 30 Gefangene in Sicherheit gebracht, darunter wichtige Mitglieder des ehemaligen Regimes, etwa Ex-Verteidigungsminister Abdel-Rahim Muhammad Hussein sowie der ehemalige Vize-Innenminister Ahmed Haroun, neben Bashir einst die mächtigsten Männer innerhalb des Militärregimes.

Haroun wandte sich am Dienstag in einer Fernsehansprache sogar an die Bevölkerung. Er versicherte, er stehe dem sudanesischen Volk im aktuellen „Machtkonflikt“ zur Seite, der seiner Meinung nach von regionalen und internationalen Staaten unterstützt werde. Er betonte, er und andere inhaftierte Ex-Regimemitglieder hätten an einem anderen Ort „jetzt die Verantwortung für unseren Schutz in unsere eigenen Hände genommen“.

Der IStGH hatte 2009 und 2010 gleich zwei Haftbefehle gegen Bashir erlassen: wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord

Dass Sudans ehemalige politische und militärische Elite aus Bashirs Machtzirkeln nun wieder öffentlich agieren können, sehen Experten mit Schock. Denn es waren in den vergangenen Jahren vor allem diese radikalen Akteure, die sich noch aus dem Gefängnis heraus bemüht haben, die Situation im Land zur Eskalation zu bringen. Das Ziel: dass keine demokratische Regierung unter Führung der Zivilgesellschaft an die Macht kommt. Das könnte nämlich eine mögliche Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag bedeuten.

Internationale Haftbefehle offen, auch für General Hametti

Ex-Präsident Bashir sowie seine ehemaligen Handlanger Haroun und Hussein sowie auch RSF-General Hametti hängen internationale Haftbefehle an. Der IStGH hatte 2009 und 2010 gleich zwei Haftbefehle gegen Bashir erlassen: wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Bashir hatte als Präsident in den Jahren zwischen 2003 und 2008 Truppen seiner Spezialeinheiten RSF unter General Hametti in die Bürgerkriegsregion Darfur entsandt, wo sie mutmaßlich grausame Menschenrechtsverbrechen begingen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Darfur-Konflikt, der 2003 in der Region ausbrach, 300.000 Menschen getötet und 2,5 Millionen vertrieben.

Für diese schweren Menschenrechtsverbrechen wurde Bashir bislang nie belangt. Nachdem er 2019 gestürzt wurde, war dem Ex-Diktator der Prozess gemacht worden. Er wurde schuldig gesprochen wegen Korruption, Erhalt illegaler Geschenke und dem Besitz von Fremdwährung, und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Die Polizei hatte nach dem Putsch im Haus des Ex-Präsidenten, der über 30 Jahre an der Macht war, Millionen Euro und sudanesische Pfund gefunden.

Ob Bashir je an den IStGH in Den Haag überstellt wird, um dort wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt zu werden – das war in den vergangenen Jahren ein wichtiges Thema unter Sudans Übergangsregierung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.