Kreditklemme: Banken schielen auf Konkursmasse
Die Belegschaft einer insolventen Firma besetzt den Betrieb und fordert einen "Schutzschirm" von der Kieler Landesregierung, um die Banken zu einem Kredit zu bewegen. Sonst droht der Investor abzuspringen.
In Neuendorf bei Elmshorn kämpfen Gewerkschafter gemeinsam mit einem Insolvenzverwalter gegen die Banken. Diese weigern sich bislang, einem möglichen neuen Investor beim Verpackungsmaschinen-Herstellers Affeldt einen "Betriebsmittelkredit" zur Vorfinanzierung von Aufträgen zu geben. Die Belegschaft ist darum in einen Proteststreik getreten und hat den Betrieb besetzt. "Es ist eine völlig irre Situation eingetreten", schimpft der IG Metall-Bevollmächtigte der Region Unterelbe, Uwe Zabel.
Die IG Metall Küste fordert von der schleswig-holsteinischen Landesregierung eine Ausfallbürgschaft. "Es muss jetzt von der Landesregierung und den Banken ein Schutzschild für die Affeldt-Beschäftigten her", sagt die Chefin der IG Metall Küste, Jutta Blankau.
Affeldt mit seinen 160 Beschäftigten war im März 2010 in Insolvenz geraten, nachdem Martin Köppert und seine Beteiligungsgesellschaft MKB sich Ende 2007 in das Familien-Unternehmen eingekauft hatten. Die fünf zusätzlich eingestellten MKB-Manager verursachten jedes Jahr Kosten von 500.000 Euro, zudem wurde wichtiges Know-how ausgelagert und Kapital von einer Millionen Euro aus dem Betrieb abgezogen. Ende März wurde der Hamburger Rechtsanwalt Klaus Pannen vom Amtsgericht als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Er sehe die Lage durchaus "positiv", sagte Pannen damals der taz. "Das sind gute Produkte und es ist ein gutes Unternehmen."
Die Firma Affeldt in Neuendorf stellt Verpackungsmaschinen her. Zurzeit hat der Betrieb 135 Beschäftigte und 20 Auszubildende.
Insolvenz meldete Affeldt am 25. März 2010 beim Amtsgericht Pinneberg an. Die Belegschaft reagierte spontan mit einer Betriebsbesetzung von 48 Stunden.
Verhindert haben die Besetzer den Abtransport von wertvollen Maschinen durch die Gläubiger - untern anderem einer 100.000 Euro teuren Maschine für Verpackungsanlagen.
Ausgesetzt wurde die Kurzarbeit unmittelbar nach der Einsetzung des Insolvenzveralter Klaus Pannen. Seitdem hat der Betrieb zum Teil mit Überstunden ausgelastet produziert.
Inzwischen hat Pannen einen Investor gefunden. Die Firma Kai Capital aus Düsseldorf wäre bereit, bei Affeldt knapp zwei Millionen Euro zu investieren. Zu diesem Zweck schlossen Kai Capital und die IG Metall Anfang Mai einen Sozialtarifvertrag ab, nach dem die 135 Beschäftigten und 20 Auszubildenden zunächst in eine Transfergesellschaft überführt werden sollen. Anschließend sollen 80 Mitarbeiter und die 20 Auszubildenden in der Firma "Affeldt Neu" wieder eingestellt werden - zu Tarifbedingungen.
Doch die Lösung drohte vorige Woche zu scheitern. Weil keine schleswig-holsteinische Bank "Affeldt Neu" einen Betriebsmittelkredit gewähren wollte, winkten die Investoren ab. Offenbar spekulierten die im Insolvenzverfahren als Gläubiger beteiligten Banken darauf, aus der Konkursmasse ihre Forderungen befriedigen zu können. Wie aus Belegschaftskreisen zu erfahren war, gehört zu den Gläubigern die Deutsche Bank in Elmshorn und die dortige Sparkasse. Wenn keine Bank im Norden Kredite gewährt, gibt es auch keine Staatsbürgschaft von den Nordlichtern - die Politik zeigte sich unfähig, eine Lösung zu finden.
Am vorigen Freitag stellte Pannen dann den Insolvenzantrag. Anschließend hätte er den Betrieb sofort stilllegen können. In diesem Fall wären aus der Insolvenzmasse selbst für langjährig Beschäftigte nicht mehr als als 225 Euro Abfindung herausgesprungen.
Zabel und Pannen verständigten sich jedoch darauf, in dieser Woche einen erneuten Rettungsversuch zu starten. "Es ist Landtagswoche in Kiel, in der wichtige Finanzentscheidungen fallen", sagt Zabel. Die Gewerkschaft rief für diese Woche den Streik aus, damit dem Insolvenzverwalter keine Kosten wegen der Entlohnung entstehen.
Wenn bis Pfingsten keine Lösung gefunden wird, dürften bei Affeldt allerdings die Lichter ausgehen. Die Belegschaft verstärkte darum den Druck auf die Politik, indem sie den Betrieb besetzte und einen Notruf verbreitete: "S.O.S - wir wollen eine Zukunft", heißt es da.
"Lieber den Betrieb besetzen, als zur Arbeitsagentur hinhetzen", sagt Betriebsratsvorsitzende Astrid Petersen. Die Betriebsbesetzung sei ein "Signal an die Landesregierung", noch vor Pfingsten für eine unbürokratische Regelung zu sorgen.
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