Krankenhausreform: Progressive Pläne
Lauterbach verspricht eine Krankenversorgung mit qualitätsentsprechender Vergütung. Großartig - wenn nur die Länder nicht noch auf die Bremse treten.
D ie Krankenhausreform soll bis Ende Juni zwischen Bund und Ländern abgestimmt sein. Wenn sie nicht weiter verwässert wird, dann wäre das sensationell.
Fangen wir mit dem Positiven an: Wenn das, was Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstagnachmittag als „Durchbruch“ in Sachen Krankenhausreform präsentierte, tatsächlich kommt – das wär schon was. Dann geben wir künftig nicht nur im internationalen Vergleich besonders viel Geld für unser Krankenhauswesen aus. Sondern bekommen dafür vielleicht auch endlich eine Versorgung, die bundeseinheitlichen Qualitätskriterien entspricht.
Ein Großteil der Bevölkerung mag davon ausgehen, es sei eine Selbstverständlichkeit, dass ein Krankenhaus, das zum Beispiel Krebsbehandlungen anbietet, dafür auch besonders qualifiziert ist, die Behandler*innen besonders erfahren sind. Die schmerzhafte Wahrheit ist: In einem zertifizierten Krebsbehandlungszentrum ist die Überlebenswahrscheinlichkeit bis zu 26 Prozent höher; es dürfen aber nicht nur zertifizierte Krebsbehandlungszentren Krebsbehandlungen anbieten. Bei anderen Erkrankungen – etwa Schlaganfällen – ist es ähnlich.
Es werden Krankenhäuser schließen müssen wegen der Reform, sagen die Gegner*innen. Das klingt doch nicht nach Verbesserung, sondern nach Verschlechterung der Qualität. Richtig. Die nächste, auch nicht schmerzfreie Wahrheit ist: Mit der Reform werden Krankenhäuser und Abteilungen schließen. Und ohne die Reform auch. Für alles andere wird schon in den kommenden Jahren – Babyboomer gehen in Rente, Menschen werden älter und behandlungsbedürftiger – das zunehmend ausgedünnte Personal nicht reichen.
Es wird teuer
Es gibt aber tatsächlich die Chance, dass mit diesem Prozess eine Verbesserung der Qualität einhergeht. Wenn es gut läuft, dann kriegen wir eine Reform, mit der Krankenhausleistungen nur noch dann finanziert werden, wenn sie bestimmten Qualitätskriterien entsprechen. Mit der Menschen für bestimmte Behandlungen zwar weiter fahren müssen, aber dann eben auch besser behandelt werden als bisher.
Und nun das „Aber“. Seit Dezember verhandeln Bund und Länder über die Reform. Bis Ende Juni sollen noch fehlende Details abgestimmt sein. Die Länder – die zwar furchtbar gern mitbestimmen, aber trotz Verpflichtung gar nicht so gern mitfinanzieren wollen – haben der Reform bis dahin gewiss schon einiges in Sachen Definition der Qualitätskriterien, Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen abgetrotzt. Und dann kommt ja erst noch die Abstimmung mit dem Kabinett.
Klar ist schon jetzt: Die Transformation des Krankenhauswesens wird Geld kosten, das Finanzminister Christian Lindner (FDP) bekanntermaßen bei Vorhaben der Koalitionspartner besonders festhält.
Diese Reform der Krankenhausvergütung wird sich daran messen müssen, ob sich damit nicht nur die Finanzsituation der Krankenhäuser entspannt, sondern vor allem die Qualität der Versorgung verbessert. Das hat Lauterbach versprochen, und das betonen auch die Länder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben