Korruptionsverdacht in Spanien: Geld für Anzüge, Clowns und Konfetti
Der spanische Ministerpräsident Rajoy will „niemals“ Schwarzgeld angenommen haben. „El País“ hält ihm aber 35 Einträge über Geldbezüge in Höhe von 320.000 Euro vor.
MADRID taz | Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy hat erstmals Stellung zu den schweren Vorwürfen genommen, er und die gesamte Führung seiner konservativen Volkspartei (PP) hätten jahrelang Schwarzgeld kassiert: „Ich brauche nicht mehr als zwei Worte: Alles falsch!“, erklärte er am Samstagnachmittag vor einer eiligst einberufenen Vorstandssitzung.
„Niemals, ich wiederhole, niemals habe ich Schwarzgeld bezogen oder verteilt, weder in dieser Partei noch sonstwo“, beteuerte Rajoy mit fester Stimme, aber besorgtem Gesicht und blieb den Spaniern eine einleuchtende Erklärung für die am Donnerstag in der Tageszeitung El País veröffentlichten Beweise für die Korruption in der PP schuldig.
Am Sonntag aber veröffentlichte El País alle weiteren Papiere von Ex-PP-Schatzmeister Luis Bárcenas. Der Mann, der 20 Jahre lang die Finanzen der PP verwaltete, hat laut den Dokumenten penibel Ein- und Ausgänge von Schwarzgeld von 1990 bis 2008 handschriftlich vermerkt. Die Gelder stammten hauptsächlich von Bauunternehmen. Bedacht wurden Minister und hohe PP-Funktionäre. Am häufigsten taucht Rajoy selbst als Nutznießer auf. „Insgesamt gibt es 35 Einträge über einen Zeitraum von 12 Jahren“, schreibt El País und berechnet die Zuwendungen auf 322.231 Euro. Außerdem sind Anzüge und Krawatten für 33.207 Euro notiert.
Für Rajoy ist alles eine Verschwörung: „Wenn jemand glaubt, dass er mich unter Druck setzen kann, damit ich mich zurückziehe und meine Arbeit aufgebe, mit der mich die Spanier betraut haben, dann täuscht er sich“, bekräftigte er seinen Willen, im Amt zu bleiben. Als Beweis der Unschuld werde er in der kommenden Woche seine Steuererklärungen öffentlich machen, als wären dort Schwarzgeldbezüge eingetragen.
4680 Euro für Konfetti
Der PP-Chef stellte sich in seiner Rede auch ausdrücklich vor alle anderen Beschuldigten. Besonders widmete er sich seiner Gesundheitsministerin Ana Mato. Diese hatte – so wurde ebenfalls am Wochenende bekannt – jahrelang Zehntausende Euro von Unternehmern für Reisen und Familiengeburtstage erhalten, darunter 4.680 Euro für Konfetti und 11.800 Euro für Clowns. „Mach dir keine Sorgen, wir wissen, was du durchmachst“, grüßte Rajoy Mato.
Mehrere PP-Vorstandsmitglieder verlangten von Rajoy, gegen Bárcenas vor Gericht zu ziehen. Gegen den ehemaligen Schatzmeister wird seit vier Jahren ermittelt. Bárcenas, der 22 Millionen Euro in die Schweiz geschafft hat, soll einem breiten Netzwerk angehören, das die PP und so manchen Politiker mittels Bauspekulation finanzierte, darunter auch die Feste der Gesundheitsministerin. Rajoy sprach Bárcenas dennoch immer wieder sein Vertrauen aus. Dieser wisse zu viel, mutmaßt die spanische Presse.
Demos gegen Regierungschef
Umfragen zeigen, dass die PP in der Wählergunst von 44,6 Prozent bei ihrem Wahlsieg 2011 auf knapp 24 Prozent eingebrochen ist. 80 Prozent der Befragten verlangen den Rücktritt all derer, die in den Genuss der Umschläge kamen. Am Wochenende kam es in vielen Städten erneut zu Demonstrationen gegen Rajoy. In Madrid sind die Zentrale der PP und das Parlamentsgebäude weiträumig abgesperrt. Hundertschaften sind rund um die Uhr im Einsatz, um Menschenansammlungen aufzulösen. „Die Kriminellen sind nicht wir“, riefen die Demonstranten.
Rajoy wird Nachfragen aber nicht entkommen. Am Montag wird er in Berlin eine Pressekonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel geben. Den Fragen der spanischen und internationalen Presse wird er dann kaum mehr ausweichen können
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