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Korruptionsprozess im KongoZwanzig Jahre Zwangsarbeit

Der Korruptionsprozess gegen den kongolesischen Politiker Vital Kamerhe endet mit einem spektakulären Urteil. Nun wird er zum Politikum.

Das war mal: der verurteilte Kamerhe (l.) mit dem jetzigen Präsidenten Tshisekedi im Wahlkampf 2018 Foto: reuters

Berlin taz | 20 Jahre Zwangsarbeit, 150 Millionen US-Dollar Geldstrafe, nach der Haft Entzug der bürgerlichen Rechte für zehn Jahre: Das Urteil, das ein Gericht in der Demokratischen Republik Kongo am Samstag gegen einen der prominentesten Politiker des Landes fällte, ist an Schärfe kaum zu überbieten. Vital Kamerhe, Kabinettsdirektor des kongolesischen Präsidenten Felix Tshisekedi, wurde nach kurzem Prozess wegen Korruption schuldig gesprochen; das Gericht in der Hauptstadt Kinshasa folgte der Staatsanwaltschaft.

Kamerhe ist eine Säule des politischen Lebens im Kongo. Der 61-jährige Politiker aus der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu war einst Mitstreiter und Wahlkampfleiter von Präsident Joseph Kabila, brach dann mit ihm, kandidierte erfolglos selbst für das höchste Staatsamt und stellte sich bei den Wahlen 2018 hinter den Oppositionspolitiker Felix Tshisekedi, der aufgrund mutmaßlicher Wahlfälschung zum Sieger erklärt wurde, obwohl nach allgemeiner Auffassung ein anderer Oppositionspolitiker gewonnen hatte. Zur Belohnung machte Politneuling Tshisekedi den politisch viel erfahreneren Kamerhe zu seinem Kabinettschef.

Eine der ersten Aufgaben Kamerhes war die Umsetzung des 100-Tage-Programms, mit dem Tshisekedi ein paar schnelle und sichtbare Verbesserungen im Alltag der Kongolesen erreichen wollte – vor allem Modernisierung von Straßen und Bau von Sozialwohnungen.

Die Veruntreuung der Gelder dieses Programms war Thema des Prozesses, bei dem nicht nur Kamerhe vor Gericht stand, sondern auch Samih Jammal, ein libanesischstämmiger Unternehmer und Geschäftsfreund eines Cousins des Kabinettsdirektors. Kamerhe und Jammal sollen laut Urteil aus Programmen zum Bau von 4.500 Wohnungen insgesamt 50.968.648 US-Dollar unterschlagen haben, Kamerhe allein weitere 1.154.800. Zehn Millionen US-Dollar seien in den Libanon geschafft worden.

Kampfansage an die Korruption

Die unterschlagenen Gelder müssen nun samt Zinsen und Geldstrafe zurückgezahlt werden – insgesamt 150 Millionen Dollar. Die Haftstrafen gelten für beide, Jammal wird nach Verbüßen der Strafe ausgewiesen. Zusätzlich werden Bankkonten und Immobilien im Besitz Kamerhes sowie seiner Ehefrau, seiner Schwiegertochter und seines Cousins beschlagnahmt.

Kongos Justiz gilt nicht als unabhängig, und Beobachter werten das Urteil als Kampfansage des Präsidenten an korrupte Politiker. Damit ist die Frage, ob es umgesetzt wird, eine politische Frage. Die beiden Hauptangeklagten hatten schon während des Prozesses Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Verfassungsgericht des Kongo, dessen Richter sämtlich noch vom früheren Präsidenten Kabila ernannt wurden, ließ die Beschwerde am Freitag zu, dem Tag vor dem Urteil, und verlangte die Aussetzung des Urteilsspruchs. Das Gericht hat sich dem widersetzt. Wie es nun weitergeht, ist offen.

Nicht nur das Urteil war spektakulär, auch der am 11. Mai eröffnete Prozess. Der Vorsitzende Richter Raphael Yanyi starb kurz nach dem zweiten Verhandlungstag, nachdem er sich in der Nacht unwohl fühlte und in eine Klinik kam. Nachdem zunächst von einem natürlichen Tod die Rede gewesen war, kündigte Kongos Justizminister Célestin Tunda am vergangenen Dienstag eine Mordermittlung an.

Eine zweite Au­topsie, so der Minister, habe ein unidentifiziertes Gift in nicht tödlicher Dosis in Yanyis Körper festgestellt sowie seinen Tod durch Gehirnblutung nach einem Schlag auf den Kopf. Die Hinterbliebenen bemängelten daraufhin die Geheimhaltung dieser Autopsie und forderten eine unabhängige internationale Untersuchung.

Kamerhes politische Partei wies das Urteil mit scharfen Worten zurück. Die Verurteilung basiere auf „Mutmaßungen“ und die Richter hätten einfach die Behauptungen der Anklage wiedergegeben, so die „Union für die kongolesische Nation“ (UNC) in einer am Montagmorgen verbreiteten Erklärung. Die UNC sprach auch von Polizeigewalt gegen ihre Unterstützer, insbesondere in der Provinz Süd-Kivu.

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1 Kommentar

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  • Angenommen, Kamerhe hat sich die harte Bestrafung verdient und angenommen, er ist in der Lage, die 150 Mio $ aufzubringen. Dann bleibt immer noch die Frage, wie der 61-Jährige die 20 Jahre Zwangsarbeit überstehen kann. Bei „Zwangsarbeit“ denke ich an das, was die Gefangenen im Gulag der ehemaligen Sowjetunion durchmachen mussten, im Bergbau und Straßenbau, als Holzfäller u. a . Viele der Gefangenen erlebten ihren Entlassungstermin nicht.



    Kaum anzunehmen, dass Kamerhe mit 81 Jahren das Straflager als Rentner verlassen wird! Oder soll die Zwangsarbeit für ihn eine verkappte Todesstrafe sein?