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Korruptionsaffäre von Israels PremierSpringer-Chef als Zeuge geladen

Benjamin Netanjahu wird wegen Korruption angeklagt. In der Anklageschrift taucht der Springer-Verlag auf, Mathias Döpfner soll aussagen.

Wird Springer-Chef Mathias Döpfner Netanjahu belasten? Foto: imago-images/Christoph Hardt

Berlin taz | Es war eine Nachricht, die über die Grenzen Israels hinaus auf den Titelseiten der Welt landete: Am Donnerstag, den 21. November, entschied Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit, gegen Premierminister Benjamin Netanjahu Anklage zu erheben. Netanjahu wird unter anderem Korruption vorgeworfen. Ob er sich als Premier halten kann, ist unklar.

Wer die 63 Seiten der Anklageschrift genau liest, stößt darin auch auf ein deutsches Unternehmen: den Axel-Springer-Verlag, das größte Verlagshaus Europas, das seit jeher eine enge Verbindung zu Israel und seit 2009 eine besonders enge zu Netanjahu pflegt. Am Montag hat die israelische Staatsanwaltschaft eine Liste mit 333 Zeugen veröffentlicht, die vor Gericht aussagen sollen. Neben den Namen von mehreren israelischen Politikern und ausländischen Geschäftsmännern steht dort auch der Name von Mathias Döpfner, des Vorstandsvorsitzenden von Springer.

Die Frage ist, ob Döpfner Netanjahu als Zeuge belasten wird. Und ob Döpfner davon wusste, dass Springers Geschäfte in Israel eine Rolle in Netanjahus mutmaßlich illegalen Absprachen spielten.

Die Zeitungen des Verlags berichten zurückhaltend über die Korruptionsaffäre. In der Welt hieß es etwa: „In einem der Fälle geht es um den Verdacht, dass Netanjahu als Kommunikationsminister dem Unternehmen Bezeq rechtliche Begünstigungen gewährt habe.“ Dass bei diesem Verdacht ein Geschäft mit dem Springer-Verlag eine Rolle spielt, erwähnt die Zeitung nicht.

Es drohen bis zu zehn Jahre Haft

Netanjahu wird in insgesamt drei Fällen angeklagt. Es geht um Bestechung, Betrug und Veruntreuung. Für Bestechung drohen bis zu zehn Jahre Haft, für Betrug und Veruntreuung bis zu drei Jahre.

In einem der drei Korruptionsfälle, der Elovitch-Affäre, geht es um die Beziehung zwischen Netanjahu und dem Geschäftsmann Schaul Elovitch, der Besitzer mehrerer Telekommunikationsfirmen war. Die Beziehung zwischen den beiden Männern wird in der Anklageschrift als ein gegenseitiges „Geben und Nehmen“ bezeichnet. Elovitch soll dafür gesorgt haben, dass auf der Nachrichten-Webseite Walla, die zu seinem Unternehmen gehört, positiv über Netanjahu und dessen Familie berichtet wird. Walla ist eine der größten hebräischen Nachrichtenwebsites. Im Gegenzug soll Netanjahu ihn unter anderem durch Reformen im Medienmarkt begünstigt haben.

Nun kommt Springer ins Spiel. Elovitch wollte eine Kleinanzeigen-Website an den Verlag verkaufen und benötigte dafür die Zustimmung von Netanjahu und von Kommunikationsminister Gilad Erdan, so sieht es das israelische Recht vor. Laut Anklageschrift machte Elovitch bei Netanjahu Druck, um die beiden Unterschriften zu bekommen. Und es ging schnell: Die Website Yad2 (hebräisch für Zweite Hand) wurde im Mai 2014 für 806 Millionen Schekel, etwa 165 Millionen Euro, an Springer verkauft. Neun Tage danach kam die behördliche Genehmigung – eine Geschwindigkeit, die der Staatsanwaltschaft verdächtig vorkommt.

In der Anklageschrift wird problematisiert, dass die staatliche Genehmigung durch Netanjahu in außergewöhnlicher Eile zustande kam. Der Vorgang gilt als einer von mehreren Hinweisen, die zeigen sollen, dass sich Netanjahu von Elovitch korrumpieren ließ. Laut Anklageschrift veröffentlichte Elovitchs Nachrichten-Website Walla kurz vor der Genehmigung Artikel, die von Netanjahu persönlich bestellt wurden.

Der hohe Kaufpreis sorgte damals in Israel für Verwunderung, ein Monat zuvor hatte Elovitch die Website noch für 300 Millionen Schekel zum Kauf angeboten. Springer zahlte mehr als doppelt so viel. Eine „fantastische Summe“, schrieb die israelische Wirtschaftszeitung Globes und fragte, welchen versteckten Wert Springer erkenne, den niemand anders sehe.

Springer hat sich bisher nicht öffentlich dazu geäußert, dass der Verlag in der Anklageschrift gegen Netanjahu auftaucht. Im Jahr 2017 sagte die Springer AG dem israelischen Onlinemagazin für Medienkritik, The Seventh Eye, das ausführlich über die Geschichte berichtete, dass sie „vor der Übernahme von Yad2 im Jahr 2014 ausschließlich mit den Verkäufern und nicht mit Politikern verhandelt“ habe.

„Der sture Deutsche“

Springer spielt auch in einem weiteren Teil der Anklage eine Rolle, der Mozes-Affäre. Hier wird der Verlag nicht in der Anklageschrift erwähnt, er taucht aber in Tonaufnahmen auf, die Gegenstand der Anklageschrift sind. Es geht um die Gespräche zwischen Netanjahu und seinem Rivalen Noni Mozes, dem Herausgeber von Israels größter Zeitung, Jediot Ahronot, die traditionell kritisch über Netanjahu berichtet. Auch in diesem Fall soll Netanjahu eine positive Berichterstattung verlangt und im Gegenzug unter anderem versprochen haben, die Verbreitung einer Gratiszeitung zu begrenzen, der größten Konkurrenz von Jedioth Ahronot. Und: Möglicherweise hat Netanjahu Mozes angeboten, seine guten Kontakte zum Springer-Verlag zu nutzen.

Zwei von den Gesprächen zwischen Mozes und Netanjahu, die nach der Regierungskrise Ende 2014 stattfanden, wurden von einem Berater von Netanjahu aufgenommen und gelangten an die Polizei und schließlich an israelische Medien. Dabei ging es auch um die Vermittlung von möglichen ausländischen Investoren für die finanziell belastete Zeitung durch den gut vernetzten Netanjahu. Bei einem Gespräch im Dezember 2014 fragte Netanjahu, ob „der Deutsche schon angerufen oder etwas geschickt“ habe. Darauf antwortet Mozes, dass er mit den „sturen Deutschen“ in Kontakt stehe und wegen des bevorstehenden Weihnachtsfests einen Termin erst für Januar 2015 vereinbart habe.

Wie israelische Medien berichteten, ist mit „dem Deutschen“ der Verleger Mathias Döpfner gemeint. Channel 2 berichtete aus polizeilichen Ermittlungen, die besagten, dass Netanjahu mit dem Vorsitzenden des Unternehmens, Mathias Döpfner, gesprochen und ihm gesagt habe, dass „es wichtig ist, die Zeitung zu kaufen“. Springer hat das gegenüber israelischen Medien jedoch bestritten. „Axel-Springer hat nie in Betracht gezogen, Jediot Ahronot zu kaufen, eine Verhandlung darüber fand nie statt“, sagte der Verlag dem israelischen Onlinemagazin The Seventh Eye. Der Mitschnitt des Gesprächs weist aber zumindest darauf hin, dass Verleger Noni Mozes mit Springer in Kontakt stand.

Springer wollte sich auf Anfrage nicht zu konkreten Fragen äußern und verweist auf das laufende Verfahren.

Springers Beziehung zu Netanjahu

In der Berichterstattung pflegt Springer seit Langem eine enge Beziehung zu Netanjahu. Als dieser 2009 zum Premierminister gewählt wurde, gab er sein erstes Interview überhaupt der Bild-Zeitung: „Noch bevor er mit den israelischen Medien sprach, gaben wir ihm eine Bühne vor dem deutschen und europäischen Publikum“, erklärte damals stolz Kai Diekmann in einem Interview mit der Haaretz. Drei Jahre danach gab Sara Netanjahu der Bild-Zeitung ihr erstes Auslandsinterview und Bild berichtete schmeichelnd über die „First Lady“ Israels.

Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass Springer von den möglicherweise illegalen Absprachen zwischen Elovitch und Netanjahu über den Kauf von Yad2 gewusst hat. Auch eine Investition in Jediot Ahronot kam nicht zustande. Doch selbst wenn dem Springer-Verlag kein Fehlverhalten nachgewiesen werden kann, ist unklar, warum der Verlag in seinen Berichten über die Korruptionsaffäre nicht transparent mit der eigenen Rolle umgeht.

Wenn eine Klage wahr ist, braucht man keine 333 Zeugen, und wenn eine Klage falsch ist, werden nicht einmal 333 Zeugen helfen

Benjamin Netanjahu auf Twitter

Springer kann nun bei der Aufklärung helfen, Döpfner könnte den israelischen Gerichten erklären, was er weiß. Auf Anfrage der taz sagt Springer dazu, Döpfner kooperiere “selbstverständlich mit der Staatsanwaltschaft“. Bisher habe man auf einen Transparenzhinweis verzichtet, da nicht gegen Axel Springer als Unternehmen und auch nicht gegen Mitarbeiter ermittelt werde. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ihr Vorstandsvorsitzender als Zeuge aussagen soll.

Indessen zeigt sich Netanjahu wenig beeindruckt von der Veröffentlichung der Zeugenliste. Auf Twitter ließ er seine Follower wissen: „Wenn eine Klage wahr ist, braucht man keine 333 Zeugen, und wenn eine Klage falsch ist, werden nicht einmal 333 Zeugen helfen.“

Zumindest bei einer anderen Korruptionsaffäre ist Netanjahu offiziell aus dem Schneider. Wie Haaretz berichtet, wird die Staatsanwaltschaft in den kommenden Tagen die Anklageschrift in der U-Boot-Affäre veröffentlichen. Es sollen mehrere Generäle und Personen aus dem engen Kreis von Netanjahu, aber nicht der Premier selbst, wegen Bestechung, Geldwäsche und mutmaßlichen Betrugs angeklagt werden, die in Zusammenhang mit dem Kauf mehrerer U-Boote und Korvetten von ThyssenKrupp Marine standen. In diesem Fall ermittelt auch die deutsche Staatsanwaltschaft, ob Schmiergelder aus Deutschland geflossen sind.

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14 Kommentare

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  • Muss man sich darüber wundern, dass das Apartheid-Regime in Israel sich mit Protagonisten der total unseriösen Medienkonzerne trifft bzw. gemeinsame Sache macht?



    Die Medien Konzerne von Rupert Murdoch und Friede Springer definieren sich auch darüber, dass sie Lobbyarbeit für Israel betreiben –so ähnlich wie RT-Deutsch Lobbyarbeit für Russland betreibt.



    Ich finde solche Medienkonzerne bzw. Medienanstalten die in unserem Land zunehmend und offenkundig Interessen fremder Staaten wahrnehmen, sollten wegen einer möglichen „Agententätigkeit“ verstärkt unter staatliche Beobachtung gestellt werden.

  • 0G
    05699 (Profil gelöscht)

    Ich beobachte seit mehreren Jahren, das der Springer-Konzern massiv Lobbyarbeit für Israel hier in Deutschland betreibt. Wirklich jeden Tag kommen sehr tendenziöse und recht einseitige Pro-Israel-Artikel in BILD, Welt, Spiegel etc. Kritische Kommentare werden zensiert und rigoros gelöscht.

    Wie kann das sein? Keiner traut sich dagegen vorzugehen. Das hat definitiv nichts mehr mit unabhängiger Pressefreiheit zutun, was der Springer hier treibt, sondern lupenreine Propaganda. Was macht die deutsche Medienaufsicht den ganzen Tag?

  • Und da wundere sich noch jemand warum alle Springer-Medien so unkritisch über die israelische Politik berichten. Vielleicht sollte man mal den Verlag durchsuchen.



    Wenn man über 800 anstatt der aufgerufenen 300 Millionen Schekel für eine Kleinanzeigen-Website bezahlt ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein Teil der Kaufsumme woanders hingeflossen ist. Zumindest aber ist es Betrug gegenüber den Aktionären.

    • @fisch_kopp:

      2. Wir unterstützen das jüdische Volk und das Existenzrecht des Staates Israel.

      nachhaltigkeit.axe...nsgrundsaetze.html

      • @Sven Günther:

        ob das auch die persönlichen Handel des Premierministers umfasst?

        • @ingrid werner:

          Steht da nicht, dürfte also Interpretationssache sein ;-)

          Und Bibi hat nunmal mit Straftaten in Israel einen der wenigen Vorteile als Jude weggeschmissen, man kann nicht mehr vor Strafverfolgung nach Israel flüchten...

          *hust Hersch Beker, *kotz Malka Leifer, Arcadi Gaydamak

  • Klingt etwas danach, daß Döpfner sich entschieden hat, etwas von seinen Geschäftsgeheimnissen für sich zu behalten. Kritisiere Döpfner, weil er sich für mich in einer Antifalogik bewegt, die Welt und Bild ruiniert und nicht Himmel und Erde. Die taz würde in der Tat gut zu Springer passen. Lasst euch aber nicht zu weit hochhandeln. Döpfner sieht zum Glück Werte, die andere nicht entdecken. Das wirkt etwas esoterisch, aber gezahlt hams scho.

  • Sach mal so.

    333 - Bibi & Döpfie sind dabei.



    Hat was. Der Schmierlapp & der zeugende Rösselflüsterer.



    & Ach was!



    “… Und da, ja, liebe taz-Genossen, sind sogar



    Allianzen zwischen taz und Bild denkbar.



    MATHIAS DÖPFNER “ - Ja - da schau her.



    taz.de/!5400293/?g...ile2=1573344000000

    kurz - Wie immer - “Friede sei mit euch.“‘

    Na Mahlzeit

    unterm——



    www.spiegel.de/pol...ter-a-1297669.html



    &



    www.br.de/nachrich...-netanyahu,Rj95TK0

    • @Lowandorder:

      Die Zeugenliste ist wirklich spannend, vor allem scheint man der Spur des Geldes folgen zu wollen, praktisch jede größere israelische Bank steht auf der Liste.

      Otsar Ha-Hayal, Union Bank, Israel Discount Bank, von Hapoalim, International Bank, First International Bank of Israel, Yahav und wie sie alle heißen.

      Mal schauen was da rauskommt und ich wette einen Kasten Château Margaux, dass die Spur des Geldes auch über die EU führt, Geldwäscheparadise Zypern und oder Malta würde ich tippen.

      • @Sven Günther:

        Ja - Sesann einfach näher dran an der Kohle - ersichtlich.

        kurz - Allet Patte - oder was?!



        Vorschlag zur Güte - Wir übernehmen den ganzen Laden & teilen uns die Sore.

        • @Lowandorder:

          Welchen Laden genau?

          Aber egal welchen Laden, vorher müssten wir einen Pass der Eidgenossenschaft bekommen.

          Und dann wenden wir, genau wie die Schweizer bei den jüdischen Vermögen, eine Besonderheit des schweizer Rechtes an, da kann man nämlich auch an gestohlener Ware Eigentum erwerben und muss, da ich es an Sie dann als Kaufmann verkaufen würde, haben wir auf jeden Fall den Kaufpreis sicher.

          "Nach Art. 934 Abs. 1 ZGB kann der Eigentümer einer abhandengekommenen Sache diese fünf Jahre lang von jedem Erwerber zurückfordern. Vorbehalten bleibt Art. 722 ZGB. Wird die Ware im Rahmen einer Versteigerung oder von einem Kaufmann erworben, kann sie der Eigentümer gemäß Art. 934 Abs. 2 ZGB allerdings nur gegen Zahlung des Kaufpreises, den der Erwerber entrichtet hat, herausverlangen."

          • @Sven Günther:

            kurz - Als Schwyzer ist frauman also eo ipso qua nationalität & von Gesetzes wegen - gutgläubig & nicht glutäugig. Aber gar nimmer nich - bösgläubig.

            unterm——



            Wer also eine gestohlene Kuhherde käuft. Muß sie nicht erst zu Uli die Wurstdose verarbeiten - um sacra selbst in Bayern - oder also gleich hinter Lörrach auf deutschem Wege - Eigentum an dem dosierten Fleisch zu -



            Erwerben - durch Verarbeitung.

            kurz - Die Schwyzer sparen sich auch gleich - Hände in Unschuld - das Geldwaschen. Al Capone wär‘s recht gewesen.

            unterm—— BAP - Waschsalon



            m.youtube.com/watch?v=eBu6UNbw4r4

            • @Lowandorder:

              Aber lassen wir das lieber sein.

              Ich hab die Tage einen schönen Spruch gelesen.

              "Wie kommen Juden zu Ihrem Geld?

              Mit Arbeiten, wie andere Leute auch."

              Daran werde ich mich auch weiter halten.

              • @Sven Günther:

                Tja - Geht den Menschen - wie den Leuten.

                kurz - Das wird.