piwik no script img

Korallensterben in AustralienDie Fische werden grau

Mit den bunten Korallen verschwinden auch die bunten Fische. Das haben For­sche­r*in­nen aus Australien herausgefunden.

Bilder von bunten Fischen in Korallenriffen werden wahrscheinlich bald der Vergangenheit angehören Foto: J. Sumerling/AP

Berlin taz | Mit der Klimakrise verliert die Welt ihre Farbe. Dieses Klischee bestätigen die Korallenriffe Australiens: Dort gibt es immer weniger bunte Fische. „Die Riffe der Zukunft sind vielleicht nicht mehr die bunten Ökosysteme, die wir kennen“, schreiben der Meeresökologe Chris Hemingson und seine Kol­le­g*in­nen von der australischen James Cook University in ihrer Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Global Change Biology erschien.

In den vergangenen 25 Jahren gab es mindestens fünf Hitzewellen, welche die Korallen ausbleichten; die jüngste vor wenigen Wochen. Nur zwei Prozent der australischen Riffe sind bislang unberührt geblieben. Besonders betroffen vom damit einhergehenden Korallensterben sind weiche, verzweigte Korallen. An ihrer Stelle siedeln sich meist massive, verkrustete Korallen an, die weit weniger bunt als ihre zarten Vorgängerinnen sind. Die For­sche­r*in­nen haben Fotoaufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten verglichen und so herausgefunden, dass dort, wo die großen Korallen dominieren, Fische eintöniger sind. Seit der ersten großen Korallenbleiche 1998 sind zwei Drittel der auffälligsten Fische aus den betroffenen Gebieten verschwunden.

Sowohl schwere Stürme als auch Hitzewellen zerstören die weichen Korallen, und beide treten aufgrund der Klimakrise immer häufiger auf. Die monolithischen Korallen, die sie ersetzen, sind zwar widerstandsfähiger gegenüber der Erhitzung der Meere, bieten aber den bunten Fischen weniger Schutz vor Räubern. Fische, die weniger auffallen, haben hier bessere Überlebenschancen und dominieren deswegen das Bild.

Die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen gehen davon aus, dass die besonders bunten Fische vollkommen aussterben werden: „Fortschreitender Verlust von komplexen Korallen wird wahrscheinlich zu einem vollständigen Verlust der farbenfrohen Arten führen“, schreiben sie in der Studie. Dass die Fische aussterben, wird laut den For­sche­r*in­nen wahrscheinlich keinen großen Einfluss auf die Riffe haben. Dafür gehe aber einer der wichtigsten Gründe dafür verloren, warum Menschen sich für Korallenriffe begeistern. In schönstem Wissenschaftssprech schließen sie: „Diese ästhetischen Veränderungen bedeuten den Verlust einer wichtigen und kulturell bedeutsamen Ökosystem-Dienstleistung.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Toll.



    "„Diese ästhetischen Veränderungen bedeuten den Verlust einer wichtigen und kulturell bedeutsamen Ökosystem-Dienstleistung.“



    Auch hier also eine reine Nutzwertbetrachtung - wissenschaftlich korrekt hätte man es vielleicht noch in Geldwerte umrechnen müssen in dem man Verlust der Ökosystem-Dienstleistung für den australischen Tourismussektor monetarisiert.

    Nebenfrage: welche Funktion haben die bunten, jetzt aussterbenden Fische im Ökosystem ansonsten oder hat die Natur die nur vor Jahrhunderttausenden erfunden, damit im 20. und 21. Jahrtausend tauchende Tourist*innen sich an ihnen erfreuen konnten?

  • Was daran ist neu?



    die Klimaberichte sagen doch selbst für das 1,5°C Ziel ein absterben der Korallen zu 90-95% voraus... PS: diese Kinderstuben der Meere ernähren wohl ~500-600Mio Menschen.

    PS: das 1,5°C Ziel ist weder der Average noch der Worst Case der Simulationen..., d.h. selbst das ist schon Sonnenscheinplanung. Läßt sich halt besser verkaufen als totale Katastrophe.