Eine Milliarde für Great Barrier Reef: „Pflaster auf gebrochenes Bein“

Die australische Regierung will eine Milliarde australische Dollar ins Barrier Reef stecken. Von diesem Betrag geht kein Cent in den Klimaschutz.

Das Korallenriff mit Fischen und einer Schildkröte

Geld allein reicht nicht, um die Korallen zu retten Foto: HOGP AP Great Barrier Reef Marine Park A

CANBERRA taz | Eine wiedergewählte konservative Regierung würde eine Milliarde Australische Dollar (630 Millionen Euro) in den Schutz des Great Barrier Reefs investieren. Das hat Premierminister Scott Morrison am Freitag angekündigt. Die Mittel sollen über neun Jahre in die Reduzierung des Sedimentszuflüsse aus der Landwirtschaft entlang der Küste gesteckt werden sowie in die Bekämpfung einer invasiven Seestern-Art, die sich von Korallen ernährt.

Die mit einer Länge von 2.300 Kilometern größte Korallenriffformation der Welt ist als Folge global steigender Wassertemperaturen akut von Korallenbleiche und -tod bedroht.

Die Ausbleichung von Korallen ist das Resultat von Unterwasserhitzewellen, eine Folge der globalen, menschengemachten Klimaveränderung, sagen Wissenschaftler. Diese wiederum sei unter anderem das Ergebnis der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Kohle. Studien vom letzten Jahr sagen, bereits 50 Prozent der rund 3000 Riffe seien zerstört, aus denen sich das Great Barrier Reef zusammensetzt.

Die Ankündigung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Wissenschaftler vor einer weiteren Phase der Korallenausbleichung schon in wenigen Wochen warnen. Ozeanologen beobachten eine erneute Hitzewelle unter Wasser, die weit über der Norm für diese Jahreszeit liege. Die US-amerikanische National Oceanic and Atmospheric Administration hatte vor kurzem für den nördlichen Teil des Great Barrier Reef eine Warnung erlassen.

Dies bedeutet, dass schon bald mit einer schweren Korallenbleiche zu rechnen sei. Die temperaturempfindlichen Korallen können sich nur von einer Bleiche erholen, wenn einer Hitzephase mehrere kühle Jahre folgen. Kommt es kurz hintereinander zu einer Unterwasser-Hitzewelle, sterben sie ab. Weite Teile des Riffs wurden bereits 1998, 2002, 2016, 2017 und 2020 von einer Massenbleiche heimgesucht.

Primär politischer Hintergrund

Der Zeitpunkt der Ankündigung ist kein Zufall. Im Juni vergangenen Jahres konnte die australische Regierung noch in letzter Minute verhindern, dass das Riff von der Unesco auf die Liste der gefährdeten Weltnaturgüter gesetzt wird. In Kürze muss Canberra einen neuen Bericht zum Zustand des Riffs vorlegen, bevor die Uno-Organisation ihren Entscheid neu berät.

Die vermeintliche Grosszügigkeit Morrisons hat nach Meinung von Kritikern wie dem Kommentator Michael Pascoe aber primär einen politischen Hintergrund. Die konservative Regierung wolle sich mit der Ankündigung die Wiederwahl im Bundesstaat Queensland sichern. Dort hängen etwa 60.000 Arbeitsplätze direkt vom Tourismus am Riff ab. Gleichzeitig produziert Queensland einen wesentlichen Teil der Kohle, die Australien seit Jahrzehnten gewinnbringend exportiert. Die größten Kohlevorräte der Welt liegen in dem Bundesstaat.

Kritische Reaktionen

Experten reagierten mehrheitlich kritisch auf die Ankündigung. Die Biologie-Professorin Lesley Hughes von der Denkfabrik Climate Council meinte, die Maßnahme sei wie ein „Pflaster auf einem gebrochenen Bein“. Wissenschaftler warnen seit langem, der globale Temperaturanstieg müsse auf 1,5 Grad beschränkt werden, da sonst der Grossteil des Riffs bis 2050 abgestorben sei. Dies gehe nur über den baldigen Verzicht auf klimaverändernde Brennstoffe wie Kohle.

Trotz Zusicherungen an Klimakonferenzen wie jüngst in Glasgow unternimmt die australische Regierung faktisch aber wenig, um den Beitrag Australiens am globalen Klimaschutz zu verbessern. Eher das Gegenteil trifft zu: Premierminister Scott Morrison hat in den letzten Monaten mehrfach klar gemacht, Australien wolle seinen Status als führender Exporteur von Kohle behalten. Auch pumpt Canberra Milliarden Dollar in den Ausbau der Produktion von Erdgas. Wegen des hohen Anteils an Methan-Emissionen gilt der Brennstoff unter Experten nicht als viel weniger klimaschädigend als Kohle.

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