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Kopftuchzwang im IranKein Zurück

Gilda Sahebi
Kommentar von Gilda Sahebi

Die Proteste im Iran gegen den Kopftuchzwang sind vorbei, aber der Kampf geht weiter. Das Ende der iranischen Unterdrücker ist eine Frage der Zeit.

Mit und ohne Kopftuch: Frauen im Iran lassen sich ihre erkämpften Freiheiten nicht mehr nehmen Foto: Morteza Nikoubazl/imago

W ie schön seine Worte doch klangen. „Lassen Sie uns eine gerechte und blühende Zukunft für unsere Kinder bauen.“ Mit diesem Satz begann der iranische Staatspräsident Massud Peseschkian diese Woche seine Rede vor der UN-Generalversammlung in New York. Daheim in Teheran derweil hört ihm niemand zu. Die Bevölkerung weiß, dass offizielle Verlautbarungen des Regimes nur dazu dienen, den eigenen Verbrechen ein glitzerndes Antlitz zu verleihen. Frauenfeindlich? Menschenrechtsverbrecher? Wir doch nicht.

Zwei Jahre nach der Ermordung der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini durch die sogenannte Sittenpolizei und infolge der darauffolgenden Proteste könnte der Graben zwischen Bevölkerung und Regime größer kaum sein. Frauen legten mit dem Ruf „Frau, Leben, Freiheit“ ihre Kopftücher ab und protestierten gemeinsam mit vielen Menschen gegen das menschenverachtende Regime.

Die Führung reagierte mit dem einzigen Mittel, das es kennt: Gewalt. Mehr als 520 Menschen, darunter viele Kinder und Jugendliche, wurden auf den Straßen erschossen; Zehntausende landeten in den Gefängnissen. Die Sittenpolizei, die temporär abgezogen worden war, treibt längst wieder ihr Unwesen. Das Ziel: Abschreckung.

Zwar gibt es keine Proteste mehr; aber es gibt auch kein Zurück. Im ganzen Land tragen Frauen weiterhin keine Kopftücher oder legen sie nur lose wie einen Schal um den Hals. Sie fürchten Gewalt. Aber sie lassen sich die kleinen Freiheiten, die sie sich erkämpft haben, nicht nehmen.

Das Regime wird den Graben zu den Menschen nie wieder überbrücken können. Die Menschen werden nie vergessen, mit welcher Grausamkeit die Machthaber gegen sie und ihre Kinder vorgegangen sind und das immer noch tun. Sie sehnen das Ende der iranischen Machthaber herbei. Frau, Leben, Freiheit: Es ist der Ruf, der als Anfang vom Ende der Islamischen Republik in die Geschichtsbücher eingehen wird. Die Frage ist nur, wann diese Bücher geschrieben werden.

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Gilda Sahebi
Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.
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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Das Ende der iranischen Unterdrücker ist eine Frage der Zeit."

    Es gibt die Vernünftigen und die Frommen. Von Außen schwer einzuschätzen, ob es in dieser muslimischen Gesellschaft wirklich mehr Vernünftige als Fromme gibt.

    Das Zusammenleben zwischen Vernünftigen und Frommen ist immer schwierig, zumindest wenn die Frommen in der Mehrheit sind.

  • Der Artikel ist sehr gut und mutmachend. Ja, das iranische Mullah-Regime wird zusammenbrechen. Heute oder später.

  • Mir gefällt der Artikel! In meinen Augen ist der Iran auch hauptursächlich für den Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah verantwortlich. Daher möchte ich zu diesem Konflikt anmerken, dass die Gewaltspirale, unter der die Schwachen auf beiden Seiten wie immer am stärksten zu leiden haben, nur durch einen Regimewechsel (naja, bitte auch kein neues „Regime“) zu brechen ist. Der Iran kann meines Erachtens Demokratie, das wird ja im Artikel mehr als deutlich. Aber da traut sich keiner (USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich) ran. Kann ich auch verstehen. Aber es ist so wie mit Putin: Irgendwann muss der Kopf dran glauben, sonst währt es ewig.

  • Ihr seid es, die uns Mut machen. Danke dafür.

  • Ein Regime, das Jugendliche in den Kopf schießen lassen muss, um an der Macht zu bleiben, ist inhaltlich am Ende.

  • "Das Ende der iranischen Unterdrücker ist eine Frage der Zeit."



    Steht zu hoffen. Allerdings ist das eben nur das: Hoffnung.



    Regime wie dieses können sich leider lange halten...

  • Neben dem „Wann“, dürfte auch das „Wie“ noch entscheidend sein. Wird es gelingen, auch die Mullahkratie zum friedlichen Abgang zu bewegen, oder werden sie im Gegensatz zu den Schergen des Schahs mit aller Gewalt bis zum Schluss gegen die Übermacht des eigenen Volks kämpfen? Ich fürchte, für die jetzigen Machthaber und ihre verblendeten Lemminge ist Vernunft ein zu vernachlässigender Wert.

  • "Das Regime wird den Graben zu den Menschen nie wieder überbrücken können. Die Menschen werden nie vergessen, mit welcher Grausamkeit die Machthaber gegen sie und ihre Kinder vorgegangen sind und das immer noch tun."



    Vielleicht ist die bessere Lösung in einigen Fällen nicht die innere Kündigung und die Lethargie des mühsamen passiven Widerstandes, sondern die Suche nach einer besseren Zukunft anderswo. Bereits ab 1978 habe ich in Schule und Studium beste kollegiale Erfahrungen sammeln dürfen mit Emi-/Imigrant:innen. Die oft sehr gute Ausbildung und die erstklassige Möglichkeit, schnell die deutsche Sprache aufgrund multipler Analogien zu erlernen, gaben sehr gute Startbedingungen in vielen Berufen. Und als Fazit: Davon haben hier sehr viele profitiert, in vielerlei Umständen, vor allem auch als Zivilgesellschaft und Kulturgemeinschaft.



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    Bei dw.com als Quelle



    "Iran: Restriktionen verschärfen feministischen Braindrain



    Shabnam von Hein



    (...) September 2023



    Schon lange verlassen viele gut ausgebildete Fachkräfte den Iran. Die Unterdrückung der Frauen und ihrer feministischen Bewegung hat den Braindrain unter Akademikerinnen verschärft."

    • @Martin Rees:

      Ich befürchte, dann kommt irgendetwas in der Art von Afghanistan am Ende heraus. Die verbleibenden Frauen werden einfach daheim eingesperrt und dem Nachwuchs verweigert man die Bildung. Damit "löst" man das Problem mit dem Brain Drain, denn Menschen ohne Bildung haben in der Welt kaum Chancen, bleiben religiös und indoktrinieren auch wiederum ihren Nachwuchs entsprechend.

  • Man kann es nur wünschen, allerdings ändert sich die Lage in den westlichen Demokratien immer mehr in Richtung weniger Demokratie und mehr Faschismus und das fatale wäre, bei einem Sturz des Regimes kämen dann auch diese Kräfte an die Macht, weil die Unterstützung für die Demokraten fehlt. Aus den Nachbarländern wird da keine Unterstützung zu erwarten sein.

  • Ich wünsche dem iranischen Volk, dass es bald selbstbestimmt leben kann.

    Der Iran ist das beste Beispiel, warum die Hamas/Hisbollah niemals in der Region an der Macht bleiben können. Diese sind ebenso religiös radikal und die Menschen wären zu ebenso einem Schicksal verdammt unter deren Herrschaft

  • Die Frauen, die Menschen im Iran, die so selbstbewusst für ein freies Leben kämpfen gegen alte, scheinreligiöse Männer bewundere ich sehr und ich hoffe, dass alle Opfer sich irgendwann, bald "gelohnt" haben werden.