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Kopftuch im KampfsportDie Wettkampfordnung geht vor

Eine Karateschülerin trat bei einem Wettbewerb mit Kopftuch an. Das sei nicht erlaubt, fand der Kampfrichter – und gab ihr null Punkte.

„Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt“ Foto: Oscar Carrascosa Martinez/imago

Oldenburg taz | Wenn ein Sportwettbewerb „German Open“ heißt, muss das nicht heißen, dass dort Offenheit herrscht. Am 11. Juni war das in Oldenburg auf einem Kampfsport­event der International Budo Federation Deutschland zu sehen. Bei der Vorführung einer 16-jährigen muslimischen Shōtōkan-Karateka der Kampfkunstschule Budo Nüttermoor aus Leer kam es zum ­Eklat: Der Bundeshaupt­kampf­richter gab ihr in der Solodisziplin „Formen“, einem stilisierten, im Ablauf fest vorge­schrie­benen Kampf gegen imaginierte Gegner, null Punkte. Nicht wegen ihrer Leistung, sondern wegen ihres Kopftuchs, das laut Wettkampfordnung regelwidrig sei.

Hardwig Tomic, der Trainer des Mädchens und als ehemaliges Mitglied der Nationalmannschaft und Assistenzbundestrainer kein Niemand, protestierte scharf. Es half nichts. In der Folgedisziplin „Kampf“ trat die 16-Jährige dann nicht mehr an. Dort hätte sie einen Kopfschutz tragen können.

„Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt“, hat der japanische Meister Funakoshi Gichin in seinen 20 Verhaltensregeln gesagt, auf die sich die Karatewelt gern beruft. Tomic möchte zu der Entscheidung des Kampfrichters öffentlich keine Stellung nehmen. Auch die Betroffene ziehe es vor, sich nicht zu äußern, sagt er. Ärger mit Verband und Kampfrichtern hat kein Sportler gerne.

Bülent Uçar, Direktor des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, versteht die Entscheidung des Kampfrichters nicht. „Um in solchen Fällen voranzukommen, müssten sich das gesellschaftliche Klima und die Sicht auf religiösen Minderheiten grundsätzlich verändern“, sagt er. „Häufig wird ausgeblendet, dass Religionsfreiheit ein elementares Men­schenrecht sowie verbrieftes Grundrecht ist.“

Die Schura, der Landesverband der Muslime in Niedersachsen, wertet das Verhalten des Kampfrichters als „diskriminierend und demütigend“. Ähnliche Sportarten wie Taekwondo seien da „fortgeschrittener“. Er habe jedoch Hoffnung, dass der Kampfsportverband aus dem Vorfall lerne, sagt Schura-Sprecher Enes Esatbeyoğlu. Die Schura sei überzeugt, dass die International Budo Ferderation „dafür Sorge tragen wird, dass sich alle Sport­ler:in­nen willkommen und in ihren Rechten respektiert fühlen“.

Auf Fragen der taz zu dem Vorfall äußerte sich die International Budo Federation bis Redaktionsschluss nicht. Auf ihrer Website heißt es, sie verstehe sich als „Teil einer internationalen Gemeinschaft, in der es schon immer selbstverständlich war und ist, das sich alle Menschen vorurteilsfrei und gleichberechtigt begegnen“. Man verwahre sich „gegen jedweden Vorwurf im Sinne von Diskriminierung oder gar Rassismus“.

Auch auf den konkreten Vorfall wird dort eingegangen. Der mit der Turnierleitung beauftragte Kampfrichter habe erst unmittelbar vor dem Start der Veranstaltung von dem „Problem“ erfahren und „zu diesem Zeitpunkt keine andere Entscheidung treffen“ können. Für die Sportlerin bedauere man die Konsequenzen sehr und werde den Vorfall „in geeigneter Weise aufarbeiten“.

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8 Kommentare

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  • RS
    Ria Sauter

    Hier wird über die Freiheit der weiblichen Brust diskutiert, beim Besuch des Schwimmbades.



    Das wird unterstützt und für gut befunden.



    Eine Verhüllung des Kopfhaares bei einer Frau soll aber in Ordnung sein?



    Das ist absurd!



    Macht euch doch endlich mal stark für alle Frauen.!



    Es geht doch immer nur um die männliche Erregung , im Hintergrund von Verhüllungen und es geht um Macht.



    Damit sollte endlich für alle Frauen Schluss sein!

  • Respekt einfordern, aber sich zeitgleich nicht an geltende Regeln halten wollen, das passt nicht zusammen!

  • Ja, der Respekt.



    Wie ist das mit dem Respekt gegenüber Wettkampfordnungen, die vor dem Wettkampf jedem bekannt sind?



    Sich hinterher darüber zu ereifern, dass (wenn auch womöglich umstrittene) Wettkampfordnungen angewendet werden, mit denen man sich bei Antritt zum Wettkampf implizit einverstanden erklärt hat, hat was doppelbödiges.

    • @Encantado:

      Die Wettkampfordnung ist bzgl. des Kopfschmuckes doch aber auch dämlich.



      Darf ein Punker auch nicht mit buntem Iro antreten? Oder gibt es ein Argument für diesen Eingriff in die Individualität des Menschen? Es wird led. das Haar verdeckt, die Mimik und Blicke sind zu sehen, was will man mehr?

      • @paul meder:

        "Die Wettkampfordnung ist bzgl. des Kopfschmuckes doch aber auch dämlich."



        Das kann man diskutieren; solche Wettkampfordnungen haben in der Regel durchaus ihre Gründe.

        Aber sie durch Teilnahme zu akzeptieren und hinterher ein moralisches Fass aufmachen - das ist schlicht unredlich.

      • @paul meder:

        Laut Wettkampfordnung ist alles verboten, woran man sich unabsichtlich festhaken kann. Das schließt Stirnbänder, Halstücher, Schmuck jeder Art, Haarklammern, Zahnspangen (!) und Brillen ein. Dass da auch ein Haartuch nicht zulässig ist, ist logisch.

        • @TheBox:

          " Der Bundeshaupt­kampf­richter gab ihr in der Solodisziplin „Formen“, einem stilisierten, im Ablauf fest vorge­schrie­benen Kampf gegen imaginierte Gegner, null Punkte. Nicht wegen ihrer Leistung, sondern wegen ihres Kopftuchs, das laut Wettkampfordnung regelwidrig sei."



          - Wer soll sich in einer Solodisziplin festhaken?

      • @paul meder:

        Wenn ich einen Sport betreibe, in dem ich mich zu uniformieren habe und in dem es auch viel um innere Haltung geht, ist zu erwarten, dass es da mit der Individualität des Menschen nicht weit her ist.

        Ich weiß es nicht, aber ich würde wetten, dass das Mädchen auch mit einem bunten Iro nicht hätte antreten dürfen.