Konzertempfehlungen für Berlin: Soundtracks der Revolution
David Wallraf verknüpft Field-Recordings mit Pasolini-Filmen. Grausam wird es auch beim Konzert von Mogwai. Bei tapetopia geht es um die Kassette.
Z weifellos: Es gibt sie, die Soundtracks einer Revolution. Doch wie politisch ist Klang für sich genommen überhaupt? Was begründet sich im Kontext oder entsteht erst in den Ohren der Zuhörer:innen? Als „Aufklärung mittels Verstörung“ bezeichnete taz-Kollege Robert Mießner einmal das ästhetische Programm des Hamburger Noise-Künstlers und Theoretikers David Wallraf.
Der hat seine Doktorarbeit über die „Grenzen des Hörens. Noise und die Akustik des Politischen“ geschrieben. Aktuell beschäftigt er sich mit der Rolle von Grausamkeit im Werk des grenzgängerischen italienischen Filmemachers Pier Paolo Pasolini. Auf Wallrafs neuem Album „Crudeltá Necessaria“ kommen rohe Elektroniksounds mit Noise, Samples aus Pasolini-Filmen und Field-Recordings zusammen.
Der Support kommt Daniela Lunelli aka Munsha; mit ihrer Klangforschung beschäftigt sie sich Chaos und dem Unerwarteten. Zu erleben beim Release-Konzert am Samstag im West Germany (8.2., 21 Uhr, Tickets an der AK).
Grausam kann es auch im „Bad Fire“ zugehen – das ist nämlich im Slang der Glasgower Arbeiterschicht gleichbedeutend mit „Hölle“. So lautet zugleich der Titel des neuen Album der schottischen Post-Rock-Band Mogwai. Wie viel Höllisches da wohl drin steckt?
Bislang war die besondere Qualität der Band ja, dass sie mit ihrem oft instrumentalem Sound einen kathartischen Spagat zwischen Abgrund und Euphorie schafften. Im Admiralspalast findet am Dienstag die Release-Show statt (11.2., 20 Uhr, Tickets kosten im VVK 46,62–59,82 Euro).
Ebenfalls am Dienstag gibt im Neuköllner Plattenladen Rough Trade einen Einblick in den musikalischen Underground der DDR. In den 1980er Jahren nutzten dort experimentelle Musiker:innen das Medium Kassette – in mancherlei Hinsicht ähnlich wie im Westen, aber unter diametral gegensätzlichen Prämissen. Obwohl jeweils nur wenige Exemplare der Tapes im Umlauf waren, gab es viel Aufmerksamkeit in subkulturellen Kreisen – besonders in Ost-Berlin.
Jetzt werden diese Aufnahmen in der Reihe tapetopia auf Vinyl neu aufgelegt. Vor dem DJ-Set mit Henryk Gericke und Philip Strobel, Betreiber des Labels aufnahme + wiedergabe gibt es noch eine kurze Lesung. Schließlich kennt Gericke, wie vielleicht kein anderer, die DDR-Punkszene. Sein Buch „Tanz den Kommunismus“ porträtiert Punkbands, die in der Illegalität aktiv waren (11.2., 19 Uhr).
Am Donnerstag treten dann die Legendary Pink Dots auf, und zwar im Quasimodo. Gegründet hat sich die Band, die Neo-Psychedelia mit Post-Punk verbindet und zwischendrin alles Mögliche unterbringt – von Ambient über Jazz bis Folk – 1980 in London.
Vier Jahre später ließen sie sich in Amsterdam nieder. Seither machen sie beständig gute, oft tolle Musik, geben schöne Konzerte und haben damit viele Musiker:innen beeinflusst (13.2., 22.30 Uhr, Tickets für 25,50 Euro im VVK gibt es hier).
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