Konzertempfehlungen für Berlin: Geplapper, Geklapper und Gespenster

Diese Woche reicht das Spektrum in der Musik von Stimmengewirr bis zu Spuk. Und Veteranen der Clubmusik rufen mit Bassfrequenzen zum Widerstand auf.

Die Klangforscherin Marta Zapparoli an einem Mischpult

Marta Zapparoli beschäftigt sich mit Phänomenen wie akustischer Umweltverschmutzung Foto: Udo Siegfriedt

Eigentlich darf man es ja nicht zu Beginn eines Texts schreiben, weshalb jetzt erst einmal dieser Satz hier steht, aber „Am Anfang war das Wort“ bleibt ein fabelhafter Auftakt. Bei manchen Musikern scheint er zudem sehr gut ihre Haltung zu treffen. Der italienische Komponist Alessandro Bosetti etwa macht Sprache zum Rohmaterial seiner Arbeiten, nutzt vor allem den Rhythmus und die Melodie gesprochener Alltagssprache, um sie sehr unterschiedlich für seine Musik einzusetzen.

Am Sonnabend (5. 11.) führt er in der Konzertreihe Kontraklang in der Villa Elisabeth sein Musiktheater „Portraits de voix“ mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart auf. Aus vielen Stimmfragmenten entsteht in einer akustischen Collage das Porträt einer fiktiven Familie, Mehrstimmigkeit im weitesten Sinn des Wortes (Invalidenstr. 3, 20 Uhr, 15/12 €).

„Brutal“ geht ja der Wortherkunft nach auf Dinge wie Tierisches und Unvernünftiges zurück. Bei der Reihe „Just Another Bruital Night“ im Ausland, ebenfalls am Sonnabend (5. 11.), ist aber wohl das eigentlich deplatzierte „i“ im „bruital“ entscheidend. Geht es doch um Musik, die vorwiegend aus Geräusch gemacht ist, womit man bei französisch „bruit“ wäre.

Zwischen Rauschen und Lärm verläuft mitunter ein schmaler Grat, und auf dem bewegen sich die Künstler des Abends, allen voran die Klangforscherin Marta Zapparoli, die sich in ihrer Arbeit mit Phänomenen wie akustischer Umweltverschmutzung, aber auch Elektrosmog beschäftigt. Ebenfalls zugegen sind der Klangkünstler Siegfried Kärcher oder die Pianistin Simone Weißenfels (Lychener Str. 60, 19 Uhr).

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Rauschen und Brummen in technotaugliche Form gebracht zu haben, ist eines der Verdienste von Ilpo Väisänen, der mit seinem finnischen Kollegen Mika Vaino als Pansonic (früher Pan Sonic) in die Geschichte des Techno eingegangen ist.

Solo gestaltet er unter anderem als I-LP-O In Dub basslastige Klanggebilde mit einfachsten analogen Mitteln. Am Montag (7. 11.) spielt Väisänen im Jugend[widerstands]museum Galiläakirche, das Konzert ist Teil der Initiative „Kultur am Dorfplatz“ (Rigaer Straße 9/10, 20 Uhr).

Zum Ausklang Jazz mit ein bisschen Grusel. Am Donnerstag (10. 11.) begeht das Plattenlabel ACT sein 30-jähriges Jubiläum in der Philharmonie mit einem Konzert des Michael Wollny Trios. Vor kurzem veröffentlichte der Pianist ein Album mit dem programmatischen Titel „Ghosts“, und Spuk durchzieht die Bearbeitungen und Originale darauf, thematisch wie musikalisch.

Neben dem Michael Wollny Trio mit Tim Lefebvre am Bass und dem Schlagzeuger Eric Schaefer ist auch das Projekt Out of Land zu hören, mit Wollny am Klavier, dem Sänger Andreas Schaerer, Vincent Peirani am Akkordeon und dem Saxofonisten Emile Parisien (Herbert-von-Karajan-Str. 1, 20 Uhr, 30-50 €)

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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