Konzertempfehlungen für Berlin: Eigenwillige Avantgarde

Eine Woche voll erlebenswerter Live-Musik, u. a. beim „A L'Arme“-Festival und „Seventy Deadly Sins“ mit dem Solistenensemble Kaleidoskop.

Drei Mitglieder des Lapsus Lumine Projekts, unter ihnen eine Collage aus Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Moon Dog

Stellen am 31. Juli im Rahmen des „A L'Arme“-Festivals ihr Moon Dog-Projekt vor: Lapsus Lumine Foto: Radialsystem

Dass ein Golden Diskó Ship gerne auf Reisen geht und überall nur das einsammelt, was am schönsten funkelt, ist ja schon im Namen angelegt: Krautrock, crispe technoide Beats, schwelgerischen Ambient. Welchen besseren Ort gibt es für das eigenwillig Avantgarde mit Pop verschränkende Projekt von Theresa Stroetges, als anzudocken an ein Stück Land, das einen wunderbaren Ausblick aufs Wasser hat: die Dachterrasse des Haus der Kulturen der Welt. Widerstreitende und doch harmonische Sounds werden im Rahmen der Festivalreihe „21 Sunset“ bestimmt zum perfekten Soundtrack für die untergehende Sonne. Zusammen mit dem Ensemble Zinc & Copper, die Blasmusik einen sehr ungewöhnlichen Dreh geben, und der Klangkünstlerin Marta De Pascalis bestreitet Stroetges dort den Freitagabend (30.7., 20 Uhr, 10, erm. 8 Euro, Info: www.hkw.de)

Und noch ein Festival am Wasser gibt es anzukündigen: das am heutigen Freitag und am Samstag (31.7.) im Radialsystem stattfindenden A L’Arme, bei dem Noise auf Improvisation und überhaupt alle Sorten Klänge trifft, in denen man sich verlieren kann. Vier Sets gibt am Freitag, unter anderem zu später Stunde das Projekt Lapsus Lumine, das den 1999 verstorbenen, eigenbrötlerischen, aber in Musikerkreisen höchst einflussreichen Moon Dog mit einer Hommage ehrt.

Am Samstag (31.7.) warten dann gleich sechs, leider ausverkaufte Shows – wobei auch hier die Mitternachtsshow das Highlight sein dürfte: die erstmalige Zusammenarbeit der aus den USA stammenden, in Stockholm beheimateten Minimal-Komponistin Kali Malone mit dem Gitarren-Sezierer Stephen O'Malley und der Cellistin Lucy Railton (jeweils ab 20 Uhr, www.alarmefestival.de, Tickets für den ganzen Abend 29,70 Euro, Samstag ausverkauft; vorab laufen um 18 Uhr Konzertfilme aus dem vergangenen Jahr).

Auch in den darauffolgenden Tagen lockt das Radialsystem: Am Dienstag (3.8., 19 und 21 Uhr, Eintritt 16, erm. 12 Euro, Tickets: www.outer-national.com/amazon-stories) etwa zu einem weiteren Betrag in der Outernational-Konzertreihe. In der nähert man sich globalen Sound auf angenehm Exotismus-freie Weise. Diesmal treffen in verschiedenen Konstellationen aufeinander: der in Sachen Polyrhythmik sehr versierte Daf- und Tonbak-Spieler Mohammad Reza Mortazavi und die experimentelle Stimm-Virtuosin Golnar Shahyar ebenso wie Soundkünstlerin Elsa M’Bala; zudem die Klarinettistin Mona Matbou Riahi und Leopold Hurt an der Zither beziehungsweise E-Zither.

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Verspielte Kompilation mit Todsünden

Am Freitag (6.8.) wartete dann die Uraufführung einer Kooperation des Solistenensembles Kaleidoskop unter der künstlerischen Leitung von Ariel Efraim Ashbel – nicht mit sieben, sondern gleich mit „Seventy Deadly Sins“: Einer, anders als der Name vermuten lässt, kaum abgründigen, vielmehr verspielten, wilden Kompilation von musikalischen Zitaten, die sich bei Star Wars und Ornette Coleman bedienen und sich von traditioneller jüdischer Musik ebenso inspirieren lassen wie von der kommerziell schwer erfolgreichen „Queen of Rap“ Nicki Minaj (20 Uhr, Radialsystem, Tickets 18, erm.14 Euro).

Und weil ja im vergangenen Jahr durchaus eine Menge hörenswerter Musik erschienen ist, was aber selten mit dem Publikum gefeiert werden kann, gibt es ebenfalls am Freitag (6. August) ein Doppelpack. Die Songwriterin Martha Rose tut sich mit ihrem folkigen, bisweilen ätherischen Casio-Pop für den Release ihres Albums „Undress & Dive After“ mit dem verwaschenen Hypnagogic Pop von Nicolas Fehr zusammen; dessen Album „Violet und Violet XLVIII“ ist ebenfalls erschienen auf dem Label des umtriebigen Berliner Pop- und Weinverstehers Martin Hossbach. Zu erleben sind die beiden am Freitag im Kesselhaus der Kulturbrauerei (21 Uhr, Tickets 13,75 Euro).

So viel erlebenswerte Live-Musik in einer Woche! Fast wie früher. Wenn doch nur immer Sommer wäre.

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