Kontroverses Urteil in Großbritannien: Bootsflüchtling ist jetzt verurteilter Sexualstraftäter
Ein britisches Gericht verurteilt einen äthiopischen Bootsflüchtling, der in Epping Mädchen belästigte. Sein Fall hatte rechte Proteste genährt.
Am 7. Juli sprach er auf der Hauptstraße von Epping zwei 14-jährige Mädchen an, die auf einer Bank Pizza aßen, und schlug ihnen vor, mit ihm ins Hotel zu gehen. „Ich will ein Baby von dir und ein Baby von deiner Freundin“, soll Kedatu gesagt haben. „Komm mit mir nach Afrika, du wirst eine gute Ehefrau sein.“
Die Mädchen lehnten ab und sagten ihm, sie seien erst 14, worauf er sagte, das sei egal. Am nächsten Tag stieß er wieder in der Stadt auf sie und verlangte einen Kuss, woraufhin eine erwachsene Frau eingriff und ihn aufforderte, sich von den Mädchen fernzuhalten. Als er die Frau daraufhin unsittlich berührte, rief sie die Polizei.
Kebatu wurde festgenommen und in der Stadt Chelmsford vor Gericht gestellt, wo das Tatgeschehen ausführlich dargestellt und die Schilderung der Mädchen vollumfänglich bestätigt wurde. Am 4. September wurde der Angeklagte schuldig gesprochen und am Dienstag zu 12 Monaten Haft verurteilt.
„Angst, dass Kinder nicht sicher sind“
Ob dieses Urteil die britischen Gemüter beruhigt, ist zweifelhaft. Der Fall Kedatu war im Sommer ein Auslöser der teils von rechten Aktivisten angeheizten Proteste in Epping und anderen britischen Städten gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Hotels auf Staatskosten gewesen, die die Regierung von Labour-Premierminister Keir Starmer in die dauerhafte Defensive gegenüber den Rechtspopulisten von Nigel Farage gestellt haben. Bei der Urteilsverkündung erinnerte der Richter daran, dass Kedatus Taten Massenproteste auslösten und „Angst, dass Kinder nicht sicher sind“.
In Epping hatten Anwohner aufgrund dieses Falles verlangt, das Bell Inn als Flüchtlingsunterkunft zu schließen und daraus wieder ein Hotel zu machen, und der konservative Gemeinderat hatte dies sogar vor Gericht durchgesetzt – nur um in der Berufung gegen das Labour-Innenministerium wieder zu verlieren. Dabei waren am zweiten Urteil Richter beteiligt, die selbst Labour-Mitglieder sind.
Dass alleinstehende junge Männer unter den Bootsflüchtlingen eine Bedrohung für britische Kinder darstellen, gehört zu den beliebtesten Parolen der britischen Rechtspopulisten, deren Partei Reform UK unter Nigel Farage seit einem halben Jahr in Umfragen die beliebteste politische Kraft des Landes ist. Linke Flüchtlingsaktivisten hatten genau deswegen die Vorfälle von Epping angezweifelt – aber jetzt sind sie gerichtlich bestätigt.
Und Epping ist kein Einzelfall. Im südenglischen Bournemouth steht dieser Tage ein Flüchtling aus Sudan vor Gericht, der im Dezember 2021 ein 17-jähriges Mädchen vergewaltigt haben soll, das er gerade in einem Club getroffen, nach Hause mitgenommen und dort stundenlang festgehalten haben soll.
Schock über niedriges Strafmaß
Kedatus weiteres Schicksal wird genau beobachtet werden. Die Angehörigen der Opfer von Epping waren laut Medienberichten schockiert über das niedrige Strafmaß von 12 Monaten Haft. Kedatu sitzt schon seit fast drei Monaten ein und dürfte damit bald freikommen.
Kedatu darf sich darüber hinaus laut Urteil fünf Jahre lang keiner ihm unbekannten Frau nähern und soll zehn Jahre lang als Sexualstraftäter eng überwacht bleiben. Das bedeutet allerdings auch, dass er in Großbritannien bleiben wird. Die Opposition aus Konservativen und Reform UK fordern seine sofortige Deportation. Seine Anwältin sagt, er selbst wolle jetzt zurück nach Äthiopien.
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