piwik no script img

Kontaktpflege mit autoritärem RegimeReise nach Teheran

Niedersachsens Ministerpräsident fährt in den Iran. Dort will er die Beziehungen aufpolieren – und über Flüchtlinge reden.

Zwischen Niedersachsen und dem Iran gibt es mehr Gemeinsamkeiten, als man denkt Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hamburg taz | Niedersachsen Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) reist am Freitag in den Iran. Ziel ist es, wie bereits beim Besuch von Landeswirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), die Handelsbeziehungen zwischen dem deutschen Flächenland und der „Islamischen Republik“ aufzupolieren. Lies hatte nach seiner Reise im Oktober angekündigt, eine eigene Vertretung Niedersachsens in Teheran eröffnen zu wollen. Auch aus Bremen beeilte sich nach dem Ende des Wirtschaftsembargos bereits eine 40-köpfige Delegation, den iranischen Markt zu erkunden. Für Weil wird es also höchste Zeit.

Immerhin erreichten uns in den letzten Tagen einschlägige Nachrichten aus dem Bereich des iranischen Handwerks: Eine Steigerung um rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gelang dem Land 2015 in der Branche des Hinrichtens. 977 Menschen starben und – eine regionale Besonderheit – darunter auch in diesem Jahr wieder Minderjährige, meist durch den Strang. Die Kunden der Henker stammten vor allem aus dem Bereich der Drogenkriminalität, waren homosexuell oder auch Angehörige einer oppositionellen politischen Gruppe.

Auch im Bereich der Hochtechnologie hat der Iran viel zu bieten: Anfang März bewiesen die Techniker der islamischen Republik ihre Expertise im Feld der Raketentechnologie. Mehrere Geschosse wurden abgefeuert und flogen über 1.400 Kilometer. Niedersachsen und Bremen sind deutlich weiter entfernt und ohnehin ist das Ziel der iranischen Waffen klar definiert: „Israel muss ausradiert werden“, stand auf den Raketen – so berichtet es die iranische Nachrichtenagentur Fars.

Kein Grund zur Sorge also in Hannover. Die macht sich Stephan Weil derzeit sowieso vor allem in Sachen Flüchtlinge: Weiterhin strebten die in Richtung Europa, die Zahl müsse „erschrecken“, meint Niedersachsens Ministerpräsident. Europa dürfe sich zur Sicherung der eigenen Außengrenzen daher nicht nur auf die Türkei verlassen, erklärte er der FAZ, sondern müsse auch das Gespräch mit dem Iran suchen. Viel Redebedarf also für Weil in Teheran.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Immerhin erreichten uns in den letzten Tagen einschlägige Nachrichten aus dem Bereich des iranischen Handwerks: Eine Steigerung um rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gelang dem Land 2015 in der Branche des Hinrichtens. 977 Menschen starben und – eine regionale Besonderheit – darunter auch in diesem Jahr wieder Minderjährige, meist durch den Strang. "

     

    Danke für den Hinweis, der gern vergessen wird. Die dt. Iranpolitik wirkt wie in der Zeitschleife gefangen:

     

    http://diekolumnisten.de/2016/04/03/nachts-ist-es-leise-in-teheran/

     

    "Etwa wenn Laleh, in der Schule beim UN-Model-Unterricht natürlich die iranische Vertreterin geben muss, angeleitet von „Redekarten“ Israel das Existenzrecht abspricht, im nächsten Atemzug betont, wie „reformorientiert“ die derzeitige iranische Regierung sei, und die Debatte, von der Lehrerin wohlwollend begleitet, bald in einen allgemeinen Sermon darüber abgleitet, dass doch irgendwie alle Menschen unterdrückt seien und natürlich auch die USA immer ihre Hände im Spiel haben. „Geschichte wiederholt sich nicht“ wird politisch pessimistischen Menschen gerne entgegengehalten. Doch die Model-UN Episode spielt 1999, und hätte 2009 noch ebenso gut spielen können wie sie 2016 weiterhin aktuell wäre."

  • Außer Todesstrafe und Raketen fällt Ihnen nicht viel zum Iran ein. Vielleicht sollten Sie sich vorher über das Land informieren. Als Journalist tut man dies zuweilen.