Konstanzer OB über den Klimanotstand: „Wir können und wollen nicht zurück“
Als erste deutsche Stadt hat Konstanz den Klimanotstand ausgerufen. Für Oberbürgermeister Ulrich Burchardt ist das ein Ansporn.
taz am wochenende: Konstanz hat als erste deutsche Stadt den Klimanotstand ausgerufen. Das klingt dramatisch. Was ändert sich denn jetzt?
Ulrich Burchardt: Es ist eine Selbstverpflichtung. Ab Juni wird der Gemeinderat bei jeder Entscheidung verpflichtend die Auswirkungen auf das Klima prüfen. Spätestens im Oktober, wenn wir in die Haushaltsberatung gehen, wird es auch ganz konkret um Geld gehen.
Wo erwarten sie die größten Konflikte?
Am schwierigsten wird es nach meiner Einschätzung beim Thema Wohnraum sein. Bauen hat an sich schon einen hohen Co-2-Fußabdruck. Da werden wir interessante Diskussionen führen, wie wir anders und trotzdem kostengünstig bauen können. Dafür haben wir nämlich, wenn wir ehrlich sind, noch keine praktikablen Lösungen.
Sie sind als Oberbürgermeister von Anfang an mit dem Thema Nachhaltigkeit angetreten. Warum hat es denn für einen solchen Schritt der Fridays-for-Future-Demonstrationen bedurft?
Für mich war Nachhaltigkeit tatsächlich immer ein wichtiges Thema. Man wird in so einem Amt erfahrener aber leider auch pragmatischer und kompromissbereiter. Und jetzt kommt eine neue Generation, die sagt: Ihr seid zu langsam. Der Gemeinderatsbeschluss ist jetzt das Signal: Wir wollen und müssen heraus finden, wie wir auf lokaler Ebene das Klima besser und schneller schützen können.
Ist der Klimavorbehalt in Konstanz damit rechtlich verbindlich?
Es ist ein Fundament, hinter die ein Gemeinderat und ich als Oberbürgermeister nicht mehr zurück will und kann. Es geht jetzt darum, diesen Anspruch mit vielen kleinen und großen Beschlüssen einzulösen.
45, ist Bürgermeister von Konstanz und Attac-Mitglied. Er war auch Manager bei Manufactum.
Wie kann ihnen denn Bund und Land helfen, die Klimaziele zu erreichen?
Ich glaube bei gefördertem Wohnraum müssen wir mit Bund und Land darüber reden, wer den Klimaschutz am Ende bezahlt. Das kann man nicht den Mieter und nicht den Kommunen überlassen. Mit unserem Beschluss haben wir jetzt ein Mandat, um solche Diskussionen zu führen.
Sie stehen jetzt in einer Reihe mit London, Los Angeles Vancouver und Oakland. Pflegen sie jetzt Kontakt mit anderen Städten die den Notstand ausgerufen haben?
Bisher nicht, aber das kann ja noch kommen. Wir haben nicht auf andere Städte sondern auf die lokale Bewegung von „Fridays for Future“ reagiert. Daher kam der Impuls.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“