piwik no script img

Konsequenzen nach KritikNRW-Umweltministerin gibt Amt auf

Ursula Heinen-Esser war massiv dafür kritisiert worden, während der Flutkatastrophe überwiegend im Mallorca-Urlaub gewesen zu sein. Nun tritt sie zurück.

Ursula Heinen-Esser (CDU) im April 2022 im nordrhein-westfälischen Landtag Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey

Düsseldorf epd/dpa | Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) ist nach heftiger Kritik an ihrem Verhalten während der Flutkatastrophe zurückgetreten. Damit wolle sie „Schaden vom Amt abwenden“ und ihre Familie schützen, sagte Heinen-Esser am Donnerstagabend. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe den Rücktritt bereits angenommen. Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) übernimmt nun zusätzlich ihre Ressorts.

Der Rückzug erfolgt gut einen Monat vor der Wahl eines neuen Landtags in Nordrhein-Westfalen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty forderte darüber hinaus Antworten von Wüst und weiteren Regierungsmitgliedern.

Heinen-Esser war massiv dafür kritisiert worden, dass sie bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 überwiegend im Urlaub auf Mallorca war – vor allem um sich dort nach eigenen Angaben um ihre 15-jährige Tochter und deren Freundinnen zu kümmern. Die Oppositionsparteien SPD und Grüne hatten wiederholt den Rücktritt der Politikerin gefordert. Bei der Aussprache über den Zwischenbericht des Ausschusses zur Flutkatastrophe im Düsseldorfer Landtag warfen sie der Landesregierung am Donnerstag Versagen während der Hochwasserkatastrophe vor.

Heinen-Esser räumte bei ihrem Rücktritt ein, dass sie ihr Verhalten vom Sommer 2021 „der Öffentlichkeit nicht vermitteln“ habe können. „Es gibt kein Verständnis für mein Vorgehen und mein Verhalten im vergangenen Juli“, betonte sie. Sie bedauere das Bild, „das mein eigenes Handeln und die nachträgliche Darstellung erzeugt“ hätten. Dieses Bild entspreche nicht dem, wie sie wirklich sei. Dadurch sei das „notwendige Vertrauen in mich als Ministerin nachhaltig infrage gestellt“. Zudem erklärte sie: „Die menschlichen Schicksale der Katastrophe sind mir nahe gegangen, sie sind in meinem Kopf.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Kutschaty erklärte, der Rücktritt sei überfällig gewesen. Die Reise samt Geburtstagsfeier auf Mallorca bezeichnete er als „instinkt- und pietätlos“. Die Landesregierung müsse weitere Fragen dazu beantworten. Ministerpräsident Wüst müsse ebenfalls „umgehend Antworten liefern“. Auch die Grünen im Düsseldorfer Landtag begrüßten die Entscheidung der Ministerin. Der Rücktritt sei nach der Salami-Taktik der vergangenen Tage und Stunden überfällig gewesen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • Solche Leute bieten, als Gegenleistung für ihre nachgerade übernatürliche Bezahlung: Dienst nach Vorschrift.

  • Hach ja ... die Christdemokraten sind schon eine lustige Truppe.



    Entweder unpassend Lachen oder gleich an den Ballermann flüchten.

    Tolle Vorbildfunktion verantwortlicher Politiker

    • @Jürgen aus Nürnberg:

      Überlegen Sie mal, ob DAS wirklich die Untaten sind, an denen man ungeeignete von geeigneten Politikern unterscheiden sollte.

      • @Normalo:

        Es ist die erste Filterebene. Die gröbsten Brocken sin dann ma raus. Danach kann, und müsste, mensch dann feinkörniger Weitersieben ....

        • @lesnmachtdumm:

          ...und da frage ich mich eben, ob die Reihenfolge stimmt, oder ob nicht dieser "gröbste Brocken" in Wirklichkeit vergleichsweise eine Kleinigkeit ist. Wir haben - lästerlich gesprochen - nicht so überbordend viel fachlich geeignetes politisches Personal, als dass wir uns leisten sollten, potenziell gute Leute wegen einzelner verunglückter Gesten über den symbolpolitischen Pranger abzuservieren.

          Natürlich KANN man sich auf den Standpunkt stellen, dass mit Heinen-Esser oder Laschet fürwahr keine politischen Jahrhunderttalente an sowas gescheitert sind. Aber die Kriterien, WARUM ihr Scheitern zu begrüßen sei, sollten aus meiner Sicht andere sein als Petitessen, die einfach nur "schlecht aussehen".

  • Respekt für diese Entscheidung, die hoffentlich Vorbildfunktion hat. Man fragt sich, welches Amtsverstaendnis Leute haben, die nach ähnlichen Vorwürfen sogar meinen, in der Bundesregierung unersetzlich zu sein.

  • Bezeichnend ist auch die Äußerung von Frau Heinen-Esser, in dem sie ihr Verhalten nicht etwa als falsch erkennt, sondern lediglich als "nicht zu vermitteln".



    Das klingt so als ob die Schuld nicht etwa am Verhalten der Ministerin, sondern in der Auffassungsgabe anderer Menschen zu suchen ist.

    Dieses Gebaren ist wirklich erbärmlich, und der Rücktritt folgerichtig. Wobei ihr Posten nach der Landtagswahl Anfang Mai sich sowieso erledigt haben dürfte.

    • @Argonaut:

      Haben sie sich denn mal überlegt, ob da nicht auch was dran sein könnte? Dass dieses Mallorca-Gate gar nicht so eine Leistungsverweigerung war, sondern nur so aussieht?

      Fairerweise sollten wir uns alle eingestehen, dass wir nicht live dabei waren und nicht wissen, wie dieser Urlaub abgelaufen ist. Ministerposten sind nicht erst seit der Pandemie Jobs, die auch noch effektiv gemacht werden können MÜSSEN, wenn der Amtsinhaber gerade ganz woanders ist als am Ort des Geschehens. Ich mache gerade auch so einen "Feuerwehr"-Job, und es kommt häufig genug vor, dass ich in brenzligen Situationen allein schon deshalb nicht vor Ort bin, weil die Hinfahrt mich zu lange vom Arbeiten abhielte. Mal eben in den Flieger zu springen und für Stunden inkommunikado zu sein, kann in Krisensituationen bei einem reinen Entscheider deutlich mehr Schaden anrichten als fünf Tage Homeoffice, in der man Standleitung zu seinem Stab hat.

      Unabhängig davon: Wenn eine Frau, die auch Familie hat, wenigstens zum Abendbrot bei der sein will und/oder anlässlich des 60sten ihres Mannes ihren Job für eine Woche vom Urlaubsort macht, ist das EIGENTLICH genau das, was immer gefordert wird, wie Führungspositionen gestaltet werden sollten, damit sich nicht nur heimflüchtige Männer dafür finden. Schonmal sorum gedacht?

      Aber ok, eine Instinktlosigkeit, die sich eine Spitzenpolitkerin nicht leisten sollte, war es trotzdem. Spitzenpolitiker sollten eben nicht nur Dinge unterlassen, die wirklich Mist sind, sondern auch solche, die sich "nur" nicht einer skandallüsternen Öffentlichkeit als was anderes als Mist vermitteln lassen. Schade eigentlich, aber Realität. Die hat Frau Heinen-Esser wohl nicht gesehen.

      • @Normalo:

        Grundsätzlich volle Zustimmung. Daher finde ich das Verhalten von Frau Spiegel (die sich um ihren Ruf sorgt) auch verwerflicher. Aber die Katastrophe im Ahrtal war schon eine besonders schwerwiegende, da erwarte ich von einer Ministerin - auch mit Kindern - dass sie drei Wochen Urlaub opfert. Allerdings - den Punkt haben Sie - ob es viel ineffektiver war, per Telefon zu dirigieren, lässt sich schwer beurteilen.

  • Na, mit Leitern anderer Ressorts, die die Umwelt mal schnell mit-übernommen haben, hamwer ja in den restlichen Abschnitten des Ahrtals hervorragende Erfahrungen gemacht....

  • Der Rücktritt war richtig und fällig.

    Wenn ich aber lese:

    Die Oppositionsparteien SPD und Grüne hatten wiederholt den Rücktritt der Politikerin gefordert.

    Und bei den eigenen Leuten, deren erste Handlung nach der Flutkatastrophe war, sicherzustellen, dass man selber nicht belastet wird ("Das Blamegame kann jeden Moment los gehen, ...) finde ich das ehrlich gesagt noch erschreckender. Die erste Handlung hätte doch sein müssen, wie können wir den Menschen helfen und nicht wie rette ich meinen Arsch. Aber bei den eigenen Leuten ist man ja immer nachsichtiger - insb. wenn keine Wahl ansteht.

    • @Strolch:

      Aufgrund welcher Rechtsgrundlage ist die NRW-Opposition für die Regierung in Rheinland-Pfalz verantwortlich?

      • @Ajuga:

        Aufgrund gar keiner. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage darf eine Ministerin nicht Urlaub auf Mallorca machen? Wieso sollte sie also zurücktreten?

        • @Strolch:

          Nicht der Urlaub ansich steht in Frage, sondern die tatsache, diesen nicht abgebrochen zu haben. Wer immer son ein Amt übernimmt, muss damit rechnen, in Krisensituationen sein Wochenende, Urlaub oder Opernbesuch unterbrechen zu müssen. Wem das als unzumutbar gilt, muss sich mit Positionen zufrieden geben, die weniger Verantwortung mit sich bringen. "Erkenne Deine Grenzen" wäre dann für alle besser....

          • @wüst 2010:

            Das Problem ist mir klar. Siehe meinen Ausgangspost.

            Wenn aber Ajuga scheinheillig nach der Rechtsgrundlage fragt, da es ihm/ihr nicht passt, wenn Frau Spiegel und die Grünen kritisiert wird, muss ich halt sagen: Ein Rücktritt war bei Heinen-Esser nicht rechtlich, sondern "nur" moralisch intendiert. Wenn sich die Grünen so aufspielen, sollen sie erst mal bei sich aufräumen und dann wieder den Zeigefinger heben.

          • @wüst 2010:

            Ihnen ist schon klar, dass das ein äußerst beliebtes Argument ist, Frauen, die Familie und Karriere unter einen Hut kriegen wollen, wieder schön unter den Glasboden zu schicken, oder? Vielleicht sollten gerade "progressive" Mitmenschen sich mal damit abfinden, dass spätestens in Zeiten vollständiger digtaler Vernetzung das stereotype Ideal des stets physisch präsenten, von vorne führenden Tonangebers in die Geschichte gehört. Eine Ministerin kann ihren Job auch von Malle aus machen, genau wie sie es im Zweifel die meiste Zeit von einem anderen Ort tut, als genau dem, wo es gerade in der Sekunde brennt.