Kongos beliebtester Oppositioneller: Hoffnungsträger Katumbi ist zurück
Der populärste Regimegegner der Demokratischen Republik Kongo darf nach drei Jahren Exil in die Heimat zurück. Seine Hochburg steht Kopf.
„Ich danke Gott für meine Rückkehr“, sagte der 54-Jährige vor Journalisten nach seiner Landung. „Ich komme für Frieden und Versöhnung in unserem Land und vor allem, um die Interessen des Volkes und unsere Verfassung zu verteidigen. Ich komme, um meine Brüder zu sehen, die zu viel gelitten haben“.
Katumbis Anhänger hatten die Bevölkerung Lubumbashis aufgerufen, ihren Helden in Weiß gekleidet zu begrüßen. Lubumbashi, Kongos Bergbaumetropole und Hauptstadt der ehemaligen Provinz Katanga, ist die alte Hochburg des millionenschweren Politikers, der als Gouverneur von Kongos reichster Provinz und Mäzen des lokalen Fußballvereins und mehrfachen Afrikameisters „Tout Puissant Mazembe“ als Inkarnation einer besseren Zukunft galt.
Katumbis Schicksal ist emblematisch für die angespannte Schlussphase der Ära Kabila. Als Katumbi die Nachfolge Kabilas als Staatschef anstrebte, wurde seine Provinz im Jahr 2015 aufgelöst, er verlor sein Amt, wurde wegen Söldnerrekrutierung und Immobilienbetrugs angeklagt und schließlich, nachdem ihn die Polizei bei einem Gerichtstermin krankenhausreif geschlagen hatte, am 20. Mai 2016 schwerverletzt nach Südafrika ausgeflogen, von wo aus er nach Belgien weiterreiste. In Abwesenheit zu einer Haftstrafe verurteilt, durfte er bei Kongos Wahlen 2018 nicht kandidieren oder auch nur einreisen. Erst nach der Amtsübergabe von Kabila an Tshisekedi im Januar 2019 wurde das Urteil aufgehoben, Katumbi erhielt einen neuen Pass und durfte zurück – genau drei Jahre nach seiner medizinischen Evakuierung.
Vergleiche mit Moses
Für viele in Katanga ist Moise Katumbi ein Heilsbringer. Vergleiche mit dem alttestamentarischen Propheten Moses, der sein Volk ins Gelobte Land führt, sind geläufig. Doch für Kongos Präsident Tshisekedi, Führer der historisch größten kongolesischen Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), ist die Rückkehr Katumbis eine zweischneidige Sache. Die UDPS verdammte Katumbi jahrelang als Stütze Kabilas – und musste nach dem Bruch der beiden hilflos zusehen, wie der populäre Exgouverneur der alten Oppositionskraft die Show stahl. Zu den Wahlen 2018 verbündeten sie sich, der von Katumbi finanziell geförderte Martin Fayulu wurde gemeinsamer Präsidentschaftskandidat der Opposition. Aber kaum war dieses Bündnis geschmiedet, verließ Tshisekedi es wieder und kandidierte doch selbst – insgeheim gefördert von Kabila, der wusste, dass sein eigener Wunschkandidat Emmanuel Shadary chancenlos war. Am Ende manipulierte Kongos Staat die Wahl zugunsten Tshisekedis, obwohl unabhängige Beobachter Fayulu als Wahlsieger sahen. Manche Katumbi-Anhänger liebäugelten daraufhin mit dem bewaffneten Aufstand.
Jetzt kehrt Katumbi friedlich zurück – als Oppositionsführer gegen die regierende Tshisekedi-Kabila-Koalition. „Ich werde eine republikanische und konstruktive Opposition sein“, sagte er vor seinem Abflug im belgischen Rundfunk. „Ich bin ein Mann des Friedens. Ich kehre heim und man muss die Vergangenheit vergessen.“ Er und Tshisekedi seien „keine Feinde, sondern politische Gegner“. Gleiches gelte für Kabila.
Moise Katumbi
Mit Katumbi kommt überfällige Bewegung in Kongos Politik. Nach fast vier Monaten im Amt hat Tshisekedi immer noch keine neue Regierung ernannt, Kabilas Kabinett regiert geschäftsführend weiter. Zeitgleich mit Katumbis Landung in Lubumbashi reichte nun Premierminister Bruno Tshibala in Kongos Hauptstadt Kinshasa endlich seinen Rücktritt ein.
Und sogar in Kinshasa hält ein frischer Wind Einzug. Lambert Mende, Kabilas langjähriger Informationsminister, wurde am Sonntag beim Mittagessen in seiner Residenz relativ unsanft festgenommen und zum Polizeiverhör gebracht – wegen illegaler Aneignung eines 87-Karat-Diamanten. Er kam am gleichen Tag wieder frei. Aber dennoch: Der ewige Chefverlautbarer in Polizeigewahrsam, der Oppositionelle als freier Volksheld – das sind neue Zeiten im Kongo.
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