Konflikt mit Harald Range: Wahrheitssuche im Weisungsstreit

Der geschasste Generalbundesanwalt protestiert gegen eine Weisung des Justizministers. Der sagt, eine solche habe es nie gegeben. Wer hat recht?

Herr Range telefoniert mit einem Handy

Hätte Herr Range mal beim Telefonieren ein bisschen besser aufgepasst. Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Die Streit wird immer bizarrer. Mehrere Bürger haben inzwischen Justizminister Heiko Maas (SPD) wegen Strafvereitelung im Amt angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Berlin prüft nun, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Es wurde aber noch kein Ermittlungsverfahren gegen den Minister eingeleitet.

Anlass der Anzeigen ist der Vorwurf von Generalbundesanwalt Harald Range, das Justizministerium habe ihm die „Weisung“ erteilt, ein unliebsames Gutachten im Zuge der netzpolitik-Ermittlungen zu stoppen. Damit habe Maas auf Ermittlungen Einfluss genommen, weil im deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erschien.

Range nannte dies einen „unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz“. Maas sagte jedoch, Range stelle den Sachverhalt falsch dar. Und weil nach diesem Frontalangriff kein Vertrauen mehr bestehe, entließ er Range noch am Dienstagabend.

Was aber stimmt nun? Maas betont, dass er Range noch nie eine Weisung erteilt habe, auch nicht im netzpolitik-Verfahren. Vielmehr habe man sich am Freitag gemeinsam darauf verständigt, das Gutachten eines externen Experten zu stoppen, weil es zu lange auf sich warten ließ. Stattdessen wollte das Justizministerium in dieser Woche eine eigene fachliche Einschätzung zu der Frage liefern, ob netzpolitik.org ein Staatsgeheimnis verraten hat.

An diese Abmachung habe man am Montag auch nur erinnert, so Maas, und Range habe gegenüber dem Ministerium nicht widersprochen. Da es keinen Widerspruch gab, habe es schon gar keinen Anlass für eine Weisung gegeben.

Die Bundesanwaltschaft stört sich aber vor allem an der vermeintlichen Weisung. Das externe Gutachten hätte sie selbst auch gestoppt, sobald eine fachlich fundierte Position des Ministeriums vorgelegen hätte.

Die Kraft der Argumente

Allerdings hat sich zwischen Freitag und Montag tatsächlich die Sachlage verändert. Denn am Montag meldete sich plötzlich der Gutachter mit der Mitteilung, er habe schon eine vorläufige Bewertung: Mindestens eines der veröffentlichten Verfassungsschutzdokumente sei ein Staatsgeheimnis gewesen. Das teilte Range dem Ministerium am Montag dann auch mit.

Dort wollte man aber an der vereinbarten Linie festhalten und hatte nicht gemerkt, dass es nun nicht mehr in erster Linie um Verfahresbeschleunigung ging, sondern so aussah, als solle ein unliebsames Ergebnis verhindert werden.

Hier hätte Maas einfach die Sache laufen lassen sollen. Am Ende entscheidet schließlich nicht die Zahl der Gutachten, vielmehr sollte die Kraft der Argumente entscheiden. Die Rechtslage spricht jedenfalls eindeutig dafür, dass ein Papier zu den Ressourcen des Inlandsgeheimdienstes kein Staatsgeheimnis ist, dessen Bekanntwerden die äußere Sicherheit Deutschlands bedroht.

Die Rolle des von Range beauftragten externen Gutachters bleibt dubios. Nach wie vor weiß niemand, um wen es sich handelt, welche Qualifikation er hat und wie er argumentiert. Erst hieß es, der Gutachter brauche so lange, dass eine Verjährung droht, doch dann, als er gestoppt werden sollte, kam er plötzlich – wie gerufen – mit einer vorläufigen Bewertung an, die den Verfassungsschutz unterstützt.

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