piwik no script img

Konflikt im Osten der UkraineWieder Tote in Mariupol

Der russische und der ukrainische Präsident haben erstmals miteinander telefoniert. In Mariupol und an der ukrainisch-russischen Grenze gehen die Kämpfe weiter.

Ukrainischer Soldat in Mariupol, Archivbild vom 20. Mai. Bild: dpa

MOSKAU/KIEW/MARIUPOL dpa | Bei schweren Gefechten in der Ukraine haben die Regierungseinheiten nach eigenen Angaben die prorussischen Separatisten aus dem Zentrum der Großstadt Mariupol vertrieben. Demnach setzte die Armee bei den Kämpfen Granatwerfer und gepanzerte Fahrzeuge ein. Mindestens fünf Aufständische seien getötet und vier Soldaten verletzt worden, teilte Innenminister Arseni Awakow am Freitag in Kiew mit.

„Die Anti-Terror-Operation begann im Morgengrauen und dauert an“, sagte Awakow. Die Sicherheitskräfte hätten zahlreiche Scharfschützen und Straßensperren „unschädlich“ gemacht. Viele Bürger der Hafenstadt hätten sich in Kellern in Sicherheit gebracht, berichteten örtliche Medien.

Auch an der ukrainischen Grenze zu Russland rückten Regierungseinheiten gegen militante Aufständische vor. Sie brachten nach eigenen Angaben einen rund 120 Kilometer langen Gebietsstreifen unter ihre Kontrolle, den die Grenztruppen dort aufgegeben hatten.

Unklarheit herrschte über angebliche Panzer sowjetischer Bauart aus Russland in Händen der Separatisten. Die Führung in Kiew teilte mit, dass mehrere Militärfahrzeuge illegal über die Grenze in die Ukraine gebracht werden sollten. Bei Gefechten habe es mindestens vier Tote und 31 Verletzte gegeben. Eine Bestätigung lag zunächst nicht vor.

Putin und Poroschenko telefonieren

Überschattet vom Gasstreit und dem Konflikt in der Ostukraine haben indes die Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, erstmals miteinander telefoniert. Die Staatschefs hätten „mehrere aktuelle Themen“ besprochen, teilte der Kreml am Donnerstag in Moskau mit.

Zuletzt waren Verhandlungen über ein Ende des milliardenschweren Gasstreits mehrfach ergebnislos vertagt worden. Putin und Poroschenko hatten am vergangenen Freitag am Rande der Feierlichkeiten zum D-Day in der Normandie kurz über den Konflikt in der Ostukraine gesprochen. Das Präsidentenamt übernahm der Ende Mai gewählte Poroschenko aber erst tags darauf offiziell.

Die ukrainische Führung warf Russland vor, trotz aller Zusagen die Versorgung der Separatisten mit Waffen nicht zu verhindern. Mindestens drei Panzer für die militanten Aufständischen seien illegal über die Grenze gelangt, teilte Poroschenko am Donnerstag in Kiew mit. Moskau kommentierte die Vorwürfe zunächst nicht.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief Russland nach einem Telefonat mit Poroschenko auf, jegliche Militäraktion in der krisengeschüttelten Region zu unterlassen. Moskau hat wiederholt dementiert, Waffen für prorussische Separatisten in der Ukraine über die Grenze zu lassen.

Treffen der Menschenrechtsbeauftragten der Ukraine und Russlands

Am Freitag kommen die Menschenrechtsbeauftragten der Ukraine und Russlands zu einem Gespräch über humanitäre Fragen zusammen. Zu dem Treffen in der ostukrainischen Millionenstadt Charkow reist Ella Pamfilowa aus Moskau an. Aus Kiew kommt ihre Amtskollegin Walerija Lutkowskaja.

Beide wollen unter anderem über die Einhaltung der Menschenrechte während der Gefechte im Osten der Ukraine sprechen. Dort gehen Regierungskräfte seit Wochen bei einer „Anti-Terror-Offensive“ gegen prorussische Separatisten vor. Die Führung in Moskau fordert ein Ende der blutigen Kämpfe und einen Dialog aller Seiten.

Der Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Lamberto Zannier rief alle Seiten zu einer sofortigen Waffenruhe auf. „Kämpfe müssen beendet und Verhandlungen begonnen werden“, sagte Zannier am Donnerstag nahe der südrussischen Millionenstadt Rostow am Don. Er sprach dort mit Familien, die vor den Gefechten im krisengeschüttelten Nachbarland geflüchtet sind. Poroschenko schloss Gespräche mit den prorussischen Separatisten nicht aus. „Die Terroristen müssen aber ihre Waffen niederlegen“, sagte er als Bedingung für den Dialog.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Russland hat in Tschetschenien weit schlimmer gehaust. Jeder Krieg ist schmutzig. Es gibt auch keinen Kriegsgrund, außer das einige Idioten vielleicht gerne Krieg spielen und ihr beschissenes Selbstbild als Feindbilder nach außen projizieren. Die Bevölkerung will keine Loslösung von der Ukraine, die russische Sprache könnte man weiter legitimieren. Ist das das Problem? Oder will Putin die Ukraine bestrafen will, in dem er Spinner unterstützt? Wieso besetzt man Regierungsgebäude und hisst die russische Fahne? Weil die Faschisten einigen Einfluss gewonnen haben? In McPomm und Sachsen haben oder hatten die Faschisten auch 8%. Deshalb hat niemand Regierungsgebäude besetzt und eine unabhängige Republik Sachsen gefordert mit Anerkennung der sächsischen Sprache. Entsprechend Montenegro, wo nicht mehr Serbisch gesprochen wird, sondern Montenegrinisch. Übrigens ein Euro-Land. Also den Euro in der freien Republik Donezk einführen, die Republik mit Zigarettenschmuggel finanzieren und die hohen Posten unter einer Familie verteilen, wie in Transnistrien, von Russland unterstützt Ein Land links und rechts eines Flusses, wie Gambia, dessen Herrscher Aids durch Hand-Auflegen heilen kann, - behauptet er. Was für Idioten sind nicht alles in der Politik. Unglaublich.

    • @Gabriel Renoir:

      Die Taz liefert das Motiv für den Mist in der OStukraine: "Was will Putin?

      Die Ukraine destabilisieren. Eine Angliederung von Lugansk und Donezk an Russland wäre für Putin keine ideale Lösung. Sein Hauptziel ist es, die ukrainischen Machthaber zu zwingen, einer Föderalisierung zuzustimmen, die tatsächlich eine Konföderalisierung ist. Er will eine große Enklave an der Grenze zu Russland, die nur noch formal zur Ukraine gehört. In so einer Enklave werden extreme Separatisten das Sagen haben und sie werden die Lage langfristig destabilisieren." Behauptet ein russischer Menschenrechtler, sieh TazArtikel: Menschenrechtler über die Ukraine

      „Eine verbrecherische Fahrlässigkeit“

      Der russische Menschenrechtler Oleg Orlow über die Militäroperationen in der Ostukraine, die Fehler der Kiewer Machthaber und Putins Pläne.". Entbehrt nicht einer Logik. In Transnistrien ist eine ähnliche Situation.

  • Bei heutiger Attacke, kiewtreuer Formationen eindeutig englische Kommando Funkkommunikation, - klar verständlich „Rainbow iam understand … dont work.... (zum Ende des Videos)

    meiner Ansicht nach keine reguläre Ukrainische Truppe.

    https://www.youtube.com/watch?v=aenl78NVwIM&feature=youtu.be

    Auch die ARD hat sich vorsichtig dem Thema Faschismus -bzw. Erpressung durch eine solche Minderheit angenähert http://demonstrare.de/videos/putsch-kiew-welche-rolle-spielen-die-faschisten/ Auch wenn voriger Woche gesprochen wird Sendetermin 6.5.2014? (evtl. von oben dirigierte verspätete Austrahlung) und ein CDU Clown unwidersprochen behaupten darf (und damit die Zusammenarbeit mit faschistischen Elementen bagatellisiert) ,-das Janukowitsch eigene Staatsbürger erschossen hat..., die bewaffneten Angriffe (ua. mit Molotowcocktails) auf untätige Polizisten nicht gezeigt werden und vor bei Fackelzügen skandierten „hängt die Russen auf...“,“lasst Russenblut vom Messer spritzen“ Bildern zurückgeschreckt wird, zeigt es das bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzung bewusst provoziert wurden und die Angst der russischstämmigen Bürger (trotz Gefälligkeitsgutachten) nicht „ganz aus der Luft“ gegriffen sind. Auch wird natürlich mit keinem Wort erwähnt das faschistische Stoßtrupps von westlichen Ausbildern trainiert wurden und damit gezielt auf militärischen Terror hingearbeitet wurde.

    entweder Videolink nutzen oder simpel „Putsch in Kiew: Welche Rolle spielen die Faschisten“ eingeben

  • #Poroschenko schloss Gespräche mit den prorussischen Separatisten nicht aus. „Die Terroristen müssen aber ihre Waffen niederlegen“(!), sagte er als Bedingung(!) für den Dialog.#

     

    Der arme Milliardär hat's ja auch nicht leicht : Präsident d i e s e r Ukraine sein , wer will das schon ! Und dann haben ihn auch noch BigBrother und der IWF vergattert : " E r s t die Terroristen(!) erschießen , d a n n reden !"

    Klar , die Krim bereits abgeschrieben und dann noch das Industriegebiet der südostukraine verlieren , ... da muß für den alles überragenden Wert "territoriale Einheit des Staates" notfalls viel Blut vergossen werden , auch ,leider leider, unter Inkaufnahme von "Kollateralschäden" in der unschuldigen Zivilbevölkerung . (... dummerweise sind das bei der Letzteren alles Menschen , während es sich für die Ami-GIs in Afghanistan dabei nur um Nicht-Amerikaner , also allenfalls Halb-Menschen handelt(e) ) .

    • @APOKALYPTIKER:

      Ach ja , "Ironie versteht der Leser nie !" .

      Drum : In dem Klammersatz am Ende gibt's keine Ironie , nur Sarkasmus .