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Konflikt beim Versandhändler AmazonAusstand bis kurz vors Fest

Erneut streiken Amazon-Beschäftigte. Pakete können nicht mehr bis Weihnachten geliefert werden. Das liege aber nicht am Streik, sagt Amazon.

Auch der Grinch kam in Bad Hersfeld vorbei. Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist der vierte Streiktag in Folge: Am Donnerstagfrüh traten Amazon-Beschäftigte in den Versandzentren Bad Hersfeld und Leipzig erneut in den Ausstand. Die Beschäftigten wollen noch bis einschließlich Samstag für einen Einzelhandelstarifvertrag und eine bessere Bezahlung streiken.

Die Arbeitsniederlegungen könnten Amazon mehr zusetzen, als der Konzern öffentlich zugibt: Kunden, die am 16. Dezember Waren bestellten, bekamen eine Mail zugeschickt. Darin schreibt Amazon: „Wir bedauern sehr, dass wir trotz intensiver Bemühungen in der Vorweihnachtszeit eine Verzögerung bei Ihrer Amazon.de-Bestellung ankündigen müssen.“

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Wir tun unser Bestes, den voraussichtlichen Liefertermin einzuhalten. Leider kann es vereinzelt zu unerwarteten Änderungen kommen, beispielsweise wenn ein Artikel kurzfristig nicht beim Lieferanten verfügbar ist, sich das Erscheinungsdatum eines Artikels verschiebt oder sich der Versandprozess verzögert.“

Amazon-Sprecher Stefan Rupp streitet ab, dass Streiks zu Lieferverzögerungen geführt hätten: „In aller Regel hat es damit zu tun, dass ein Artikel bei einem Händler, mit dem wir zusammen arbeiten, nicht vorrätig ist.“ Er betont, Amazon beschäftigte zu den 9.000 regulären Mitarbeitern derzeit bundesweit rund 14.000 saisonale Kräfte, um das Weihnachtsgeschäft zu bewältigen. Die Streiks hätten „keinerlei Einfluss auf die Einhaltung des Kundenversprechens“.

Artikel stapeln sich vor den Packtischen

Die Gewerkschaft Verdi betonte, die Streiks zeigten Wirkung. „Die Artikel stapeln sich vor dem Packtischen“, so eine Sprecherin über die Situation in Bad Hersfeld. Dort sollen laut Verdi am Donnerstag rund 600 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt haben.

Gewerkschaftssekretär Heiner Reimann berichtet, ihn hätten etliche Mails von Kunden mit dem Hinweis auf eine Lieferverzögerungen erreicht. „Es wundert mich nicht, dass der Streik Auswirkungen hat. Unser Ziel war es nie, Kunden zu bestreiken. Aber jeder Streik hat Folgen, die auch ein Ergebnis davon sind, dass Amazon sich weigert, Tarifverhandlungen mit uns zu führen.“

Verdi hatte in dieser Woche den Druck auf Amazon erhöht. Zum ersten Mal streikten Beschäftigte an drei Standorten. Neu hinzu gekommen ist das Logistikzentrum Graben in Bayern. Am Mittwoch waren nach Angaben von Verdi bundesweit rund 1.100 Beschäftigte in den Ausstand getreten, Amazon sprach von knapp 820.

Auch in den USA regt sich zarte Gegenwehr. Vertreter verschiedener us-amerikanischer Gewerkschaften hatten aus Solidarität mit den deutschen Amazon-Streikenden am Montag vor der Amazon-Firmenzentrale in Seattle eine Protestkundgebung abgehalten. Einen Tag später berichtete der Digits-Blog des Wall Street Journal, dass Amazon-Angestellte an einem Standort in Middletown im Bundestaat Delaware für Mitte Januar eine Abstimmung beantragt haben, in der sie darüber entscheiden wollen, wer sie gewerkschaftlich vertreten soll.

Solche Anerkennungswahlen sind in den USA eine Voraussetzung, um Tarifverhandlungen beginnen zu können. Amazon hat sich bisher auch in den USA solchen Verhandlungen verweigert.

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7 Kommentare

 / 
  • JS
    Jochen S.

    Und wieder ein Paket bestellt was pünktlich angekommen ist. Diesmal kam es aus Bad Hersfeld. Bei mir ist vom Streik nichts zu spüren.

     

    Soll Verdi so weitermachen. Vielleicht haben die anderen Arbeiter dann wenigstens mehr Platz im Lager und es stehen keine Dummschwätzer im Weg rum.

     

    Wie lange kann Verdi eigentlich Streikgeld zahlen. 3 Monate!? Na mal sehen wer länger durchhält.

     

    Die Leipziger/innen sollten froh sein, dass es so ein großen Arbeitgeber in der Region gibt.

     

    Außerdem warum ein Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel!? Die Leute erfüllen dort doch nur logistische Aufgaben und nehmen keine Beratungen vor.

    • 1
      1968
      @Jochen S.:

      Ich gehe mal davon aus, dass das die Meinung einen gut verdienenden Vollzeitarbeiters ohne soziale Sorgen ist. Dann sitzen für Leute wie Sie ja die richtigen Entscheider in Berlin. Glückwunsch - wer braucht den Winter, wenn ganzjährig soziale Kälte herrscht.

    • H
      Hans
      @Jochen S.:

      Gekaufter Kommentar?

  • H
    Hans

    Weiter so, bis zum 24.ten.

    Und an die Kunden:

    Beschwert Euch und storniert Lieferungen, die nicht rechtzeitig eintreffen.

     

    Klar, wenn Amazon ordentlich Steuern zahlen würde und seine Angestellten angemessen bezahlen und behandeln würde, würde es teurer werden, aber Leistung hat halt ihren Preis. Und die Steuerersparnisse Amazons sind die Steuern, die die Bürger zusätzlich bezahlen müssen. Und die machen auch noch so viel Gewinn, dass sie es sich locker leisten könnten, sowohl ihre Angestellten zu bezahlen, als auch Steuern.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Amazon sollte gar keine Pakete mehr verschicken können, ehe kein anständiger Tarifvertrag für alle Mitarbeiter - auch den Saisonarbeitern - unterschrieben ist.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Ach regt Euch doch nicht auf! Die GroKo, mindestens aber Mutti werden es schon richten. Arbeitnehmerwürde (nicht nur deren Rechte) sind doch die Basis des Koaltionsvertrages - oder habe ich da etwas falsch verstanden?

    • 1
      1968
      @1714 (Profil gelöscht):

      Es ist ein Programm für die Fleißigen im Land. So die Aussage von GroKo-Seite. Herzlich gelacht habe ich darüber. Denn um seinen Fleiß beweisen zu können, muss jemand zunächst einmal Arbeit haben. Aber vielleicht war ja auch gemeint, dass man auch mit Fünf-Euro-Jobs reich werden kann - alles eine Frage des Fleißes und der Überstunden.

       

      Ich liebe es jetzt schon, unser neues Traumpaar Merkel und Gabriel.