Kommissionspräsident zur Lage der EU: Juncker will überall den Euro
Kommissionspräsident Juncker will den Schengen- und Euroraum auf die gesamte EU ausweiten. Die Vorschläge könnten erheblichen Streit auslösen.
Das war aber auch der einzige Zwischenfall bei der „Rede zur Lage der Europäischen Union“, die Juncker am Mittwoch in Straßburg hielt. Ansonsten gab es viele Highlights und wenige Klagen. Juncker nutzte die letzte Chance vor dem Ende seiner Amtszeit im Sommer 2019, um der EU seinen Stempel aufzudrücken. Es sprudelte geradezu aus ihm heraus.
Demokratischer, sozialer und schlagkräftiger soll die Union werden, versprach der Luxemburger. Weniger EU-Gesetze, mehr Subsidiarität, Euro für alle und sogar einen Eurofinanzminister schlug er vor. „Europa hat wieder Wind in den Segeln“, so die optimistische Diagnose. Das müsse man nutzen und neue Ufer ansteuern. „Leinen los“, rief der Möchtegernkapitän.
Vor allem für den Euro gibt es Rückenwind. Juncker verlangt nicht nur, dass alle EU-Länder (mit Ausnahme von Großbritannien und Dänemark) die Gemeinschaftswährung einführen. Er verspricht dabei auch Hilfe. Außerdem will er die Ämter des EU-Währungskommissars und des Eurogruppenchefs zusammenlegen – und so einen Eurofinanzminister schaffen.
Mr. Euro soll Geld locker machen
Über ein eigenes Budget, wie dies Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron fordert, soll der neue Eurominister aber nicht verfügen. Auch ein gesondertes Europarlament lehnt Juncker ab. Mr. Euro soll – und da kommt Juncker den deutschen Wünschen entgegen – vor allem Strukturreformen voranbringen und in Notlagen auch mal Geld lockermachen.
Auch für den Schengenraum der unbegrenzten Reisefreiheit hatte Juncker gute Nachrichten parat. Da Bulgarien und Rumänien so viel für den Schutz der EU-Außengrenzen täten, dürften sie auch nicht länger von Schengen ausgeschlossen bleiben. Allerdings lehnen viele EU-Staaten eine solche Erweiterung bisher noch ab. Und Deutschland hat gerade die Verlängerung der Grenzkontrollen gefordert, die nach der Flüchtlingskrise 2015 eingeführt worden waren.
Für Streit dürften auch Junckers Bemerkungen zur Türkei-Politik sorgen. Der Luxemburger will die Beitrittsverhandlungen nämlich nicht abbrechen, wie dies neuerdings auch Kanzlerin Angela Merkel fordert. Er will sie nicht einmal aussetzen – trotz der fortgesetzten und zunehmenden Menschenrechtsverstöße und Provokationen.
„Lassen Sie unsere Journalisten frei“
„Lassen Sie unsere Journalisten frei, hören Sie auf, unsere Regierungschefs als Nazis zu beschimpfen“, appellierte Juncker an die Machthaber in Ankara. Doch Konsequenzen wollte er (noch) nicht ziehen. Die „ausgestreckte Hand“ werde nicht zurückgezogen, auch wenn ein Beitritt in weite Ferne gerückt sei.
Ganz auf Merkels Linie lag der Kommissionschef dann wieder in der Flüchtlingspolitik. Einerseits sollen die Abschiebungen beschleunigt werden. Andererseits soll es endlich eine Möglichkeit zur legalen Einwanderung geben. Wie die aussieht, blieb in Straßburg allerdings offen, die Kommission lässt sich mit konkreten Vorschlägen noch Zeit.
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