Kommentar zum Kohlekraftwerk Stade: Fossiles Denken
Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, darf heutzutage kein Kohlekraftwerk bauen – Stade will es aber trotzdem tun.
Auch wenn die Richter an den formaljuristischen Grundlagen für den Kraftwerksbau nichts zu mäkeln haben, verwundert es doch, wie sehr die gesellschaftliche und klimapolitische Debatte außer Acht gelassen wird. In Stuttgart hat ein Verwaltungsgericht Fahrverbote für Dieselautos verhängt, ohne sich in formalistischen Kleinigkeiten zu verlieren. Höher gewichtet als der Mobilitätsanspruch einiger Autobesitzer wurde dort das allgemeine Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit.
Da erscheint es fragwürdig, im Fall des Stader Kohlemeilers die Bebauungspläne einer Kommune und die wirtschaftlichen Interessen eines Industrieunternehmens über das Recht der BürgerInnen auf Gesundheit zu stellen. Weil die Klimaziele des Bundes zwar in internationalen Vereinbarungen zugesagt worden waren, aber eben keine bundesdeutschen Gesetze seien, kann nach Ansicht des Gerichts auch nicht dagegen verstoßen werden.
Im Klartext: Die Klimaschutzvereinbarungen sind nicht einklagbar und somit das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden. Auf diese Argumentation muss man erst mal kommen.
Deshalb ist es notwendig, dass die Kläger gegen dieses Urteil Beschwerde einlegen. Im April erst untersagte der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg die Kühlung mit Elbwasser, weil dieses gegen europäisches Umweltrecht verstoße. Doch auch Stade soll mit Wasser aus dem Fluss gekühlt werden, das sollte juristisch erneut überprüft werden.
Wer Klimaschutz ernst meint, darf kein Kohlekraftwerk bauen: Ausnahmsweise ist die Welt mal so einfach.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen