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Kommentar zum Al-Kuds-TagEinen Versuch wäre es wert

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Der Rechtsstaat müsste es nicht dulden, wenn Linke, Rechte und schiitische Prediger gemeinsam ihren Hass auf Juden straffrei herausschreien.

Auf der jährlichen Al-Kuds-Demo auf dem Kudamm in Berlin mischen sich verschiedenste Gruppen Foto: dpa

D eutschland ist ein tolerantes Land. Hier dürfen Neonazis offen demonstrieren. Die NPD bleibt, trotz ihrer rassistischen Zielsetzungen, eine legale Partei. Zu diesem Panoptikum des ekelhaften Erlaubten zählt auch der Al-Kuds-Tag, den fanatische Israel-Hasser heute wieder einmal mit einer Demonstration begehen werden. Vordergründig geht es bei diesem Tag, erstmals ausgerufen 1979 von Ayatollah Chomeini, um eine „Befreiung“ Jerusalems von den „zionistischen Besatzern“. Tatsächlich wird die Vernichtung des Staates Israel propagiert.

Die Behauptung, Antizionismus habe nichts, aber auch rein gar nichts mit Antisemitismus gemein, straft diese Demonstration regelmäßig als Lüge. Die Teilnehmer geben sich auch keine Mühe, ihre Ansichten zu verdecken, so langen die Polizei diese noch erlaubt. „Sieg-Heil“-Rufe und die Forderung, „Zionisten ins Gas“ zu schicken, waren dort schon zu hören, und die Behauptung, Israel begehe einen „Holocaust“ an den Palästinensern, zählt noch zu den ausgewogeneren Wortbeiträgen. Israel dient den Teilnehmern dabei als Chiffre, um einmal im Jahr ihren Hass auf Juden offen herausbrüllen zu können, ohne das Wort „Jude“ dabei in den Mund zu nehmen. Das ist bequem und meistens sogar straffrei.

Wer Hakenkreuze in Eisenbahnunterführungen schmiert, begeht eine Straftat und wird deshalb vom Staat belangt. Das ist gut so. Wenn aber einige Hundert Antisemiten offen unter dem Deckmäntelchen einer „Befreiung der Palästinenser“ Mordabsichten propagieren, werden höchstens die übelsten Plakate beschlagnahmt. Das Ganze gilt in Berlin offenbar als Folkloreveranstaltung einiger Heimatvertriebener.

Die Demo

Am Al-Kuds-Tag, der am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan liegt, ruft der Iran jedes Jahr zur Eroberung Jerusalems auf. Er erkennt den Staat Israel nicht an. Al-Kuds ist der arabische Name für Jerusalem. Im vergangenen Jahr demonstrierten rund 800 Menschen gegen Israel. 500 Menschen beteiligten sich an Gegenkundgebungen entlang der Strecke am Kurfürstendamm. 640 Polizisten waren im Einsatz, um Demonstranten und Gegendemonstranten zu sichern – und Aggressionsausbrüche zu unterbinden. (dpa)

Dabei ist es in Wahrheit ein Sammelbecken von schitischen Hasspredigern, notorischen Neonazis, irregeleiteten „Antiimperialisten“ und antizionistischen Verschwörungstheoretikern. Diese braune Melange ist zugleich Beweis dafür, dass Antisemitismus weder ein Privileg von Rechtsradikalen noch von Deutschen, Linken oder gar Muslimen ist – alle wollen sie dabei sein.

Die Bundesrepublik ist ein Rechtsstaat. Es gibt den Paragraphen 130, der demjenigen eine Freiheitsstrafe androht, der „gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt“. Mag sein, dass ein Verbot des Al-Kuds-Tages an den Gerichten scheitern könnte. Aber das ist kein Grund, es nicht wenigstens zu versuchen.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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13 Kommentare

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  • Diese Demos zeigt die fehlende Selbstreflexion von einigen Palästinensern und Linken. Das soll diese Gegenüberstellung zeigen:

     

    Linke in D nehmen die palästinensischen Einwanderer vor (angeblich) Rechten in Schutz, da man Einwanderung woher auch immer nicht kritisieren und die Lebensweise der Einwanderer wie rückständig auch immer nicht zu kritisieren habe.

     

    Israelfeinde in der islamischen Welt erkennen das Lebensrecht der Israelis in der Levante nicht an und sehen sie als "Europäer" und als "europäisches Problem" das wieder nach Europa "zurückkehren" soll (= OT Hamas, Iran etc.).

     

    Nun demonstrienen palästinensische Einwanderer in Berlin mit Linken und machen sich die Argumente der Israelfeinde zu eigen. D.h. Einwanderer in D feinden "Einwanderer" in Israel an, weil sie dort ihre Lebensweise leben, sie wie sie selber in Berlin. D.h. während Kritiker von Palästinensern Nazis sind, dürfen sie GENAUSO oder schlimmer die Vernichtung Israels fordern.

     

    Hää?

     

    Zu den Kriegen: Israel sieht sich seit der Staatsgründung mehreren Agressionen seiner Nachbarn ausgesetzt und steht einer Politik der Vernichtungsankündigung gegenüber. Wie soll Israel da "richtig" reagieren?

  • "Araber ins Gas" ist eine in den Zentren Europas oft - in Jerusalem allgegenwärtiger Graffiti-Spruch, oft genug gesprayed von Anhängern der "Jewish Defense League" (JDL).

     

    Diese militante Organisation junger Juden gilt nicht nur in den USA, sondern auch in Israel als "terroristisch".

     

    Am 08. Juli 2014 gaben die israelischen Streitkräfte den Beginn einer Offensive im Gaza-Streifen unter dem Namen "Protective Edge" bekannt. Vier Tage später, am 12. Juli veröffentlichte das UNRWA erste Zahlen, wonach 130 Palästinenser seit Beginn der Offensive getötet wurden, darunter 28 Kinder.

     

    Am 13. juli, also nur einen Tag später, griffen mutmaßlich arabischstämmige Jugendliche die Pariser Synagogen an. Dies wird im Film ausführlich dargestellt und kommentiert ohne den unmittelbaren Hintergrund der Eskalation im Gaza auch mit nur einem Satz zu erwähnen. Im Gegenteil, Mitglieder der als terroristisch eingestuften "LDJ" (französische Sektion der JDL), denen die französische Presse später vorwirft, den Angriff provoziert zu haben, werden mit den Worten "Wehrhafte Juden sieht man nicht gern" pauschal in Schutz genommen. Eine krude, Gewalt verharmlosende und einseitige Darstellung, welcher sich die taz vorbehaltlos anschloss.

     

    Sechs Anhänger der JDL hatten 10 Tage zuvor in Ostjerusalem einen palästinensischen Jugendlichen verschleppt und brutal ermordet. Drei der später gefaßten Juden waren schon mehrfach wegen "Hassverbrechen" gegen Palästinenser aufgefallen.

     

    Es ist nunmal nicht so, dass Hass und verbrecherische Gewalt nur von einer Seite ausgehen. Wer das Vorgehen der JDL ignoriert, verschweigt oder gar noch insgeheim glorifiziert, der hat moralisch kein Recht, sich über solche Demos aufzuregen.

  • hm.

    war da nicht was?

    nach internationalem recht gilt (zumindest ost-)Jerusalem auch heute noch als besetzt.

    wie auch immer mann zum ayatollah und etlichen anderen stehen mag - eine demo, die das thematisiert, wird der rechtsstaat nur ganz schwer verbieten können.

    • @christine rölke-sommer:

      Ja, ein gewisses Spektrum dieser Demonstrationen befindet sich sicherlich außerhalb des freiheitlich-demokratischen Grundrahmens. Aber war das früher, z.B. bei den Anti-Atom- oder Hausbesetzer-Demos, etwa anders? Die hatten da andere Zielscheiben, aber vergleichbare "Lösungsansätze". Und es ist ja immer nur ein Teil einer Szene.

       

      Zumindest beteiligen sich regelmäßig auch jüdische antizionistische Organisationen am al-Quods-Tag.

       

      Juden haben dort auch schon geredet.

       

      Soll der Staat also Juden verbieten zu protestieren und ihre Stimme zu erheben, nur weil es gegen die offizielle (und auch von der Weltgemeinschaft mehrfach kritisierte und verurteilte) Politik Israels geht?

       

      Ein Verbot löst keine Probleme, es verlagert sie lediglich. Ob Herr Hillenbrand und seine Freunde besser schlafen können, wenn sie solche Demos, solche Äußerungen nicht mehr ertragen müssen, mag ja stimmen.

       

      Die Richtschnur politischen Handelns und die Gewährung freiheitlicher Grundrechte sollte sich aber nicht auf die Wahrnehmung persönlicher Befindlichkeiten und Einzelinteressen reduzieren lassen.

       

      Erstaunlich, dass man der taz solche Binsen in Erinnerung rufen muss. Und wir haben 2017.

    • @christine rölke-sommer:

      Bei dieser Demo ging es nicht um Internationales Recht. Da waren keine Juristen sondern es war eine Versammlung von Israelophoben.

  • Ich bin da ganz bei Ihnen, Klaus Hillenbrand. Was sich dort zusammenfindet, ist fucking übel brainshit (frei formuliert).

     

    Solche Formen der Menschenfeindlichkeit muss man nicht als gottgegeben hinnehmen. Wobei auch ich eher vermuten würde, dass ein Verbot eher schwierig durchzusetzen sein wird...

     

    PS: Mein Vater ist übrigens Palästinenser, 1948 mit der Familie geflohen, dabei wurde (materiell) alles verloren.

     

    Dennoch stehe ich Israel positiv gegenüber, und wünschte (wenn auch momentan leider unbegründet), dass sich viel mehr Araber gegen muslimischen Antisemitismus stellen würden, anstatt ihn ständig mit "dem Schicksal der Palästinenser" zu rechtfertigen und zu verharmlosen. (Ganz zu schweigen von den Al-Kuds-Teilnehmern selbst, die mit Nazis gemeinsame Sache machen - aber das ist immerhin eine Minderheit).

     

    Die unter Arabern verbreiteten Horrormärchen und einseitigen Sichtweisen über Israel verachte ich ebenso, wie die von Pegida & Konsorten über muslimische Migranten.

  • Etwas mehr Gelassenheit.

    Die Gegenseite ist da auch nicht gerade zimperlich.

    Lasst beide demonstrieren.

    Und wer mehr Leute auf die Straße bringt, ist Punktsieger.

    So wie bei Oxford gegen Cambridge.

    • @Linksman:

      "Die Gegenseite ist da auch nicht gerade zimperlich."

       

      Kurze Verständnisfrage: Wer ist denn die Gegenseite, und inwiefern ist sie "auch nicht gerade zimperlich"?

      • @M.Schneider:

        Wollen Sie mir etwa erzählen, Sie hätten noch nie von der "Jewish Defense League" und der Parole "Araber ins Gas" gehört?

        • @cursed with a brain:

          1. Niemand will irgendwem etwas erzählen. Es wird eine simple Frage zu einem Kommentar zu den Al Quds Demonstrationen in Deutschland gestellt.

           

          2. Hier geht es um den Al Quds Tag in Deutschland. Von dort sind Parolen dokumentiert wie "Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein", "Hamas, Hamas, Juden ins Gas". Falls dort auch "Araber ins Gas" gerufen worden sein sollte, bitte Link mitteilen. Danke.

           

          3. Ob mir irgendwelche Organisationen und Parolen bekannt sind, ist für das hier behandelte Thema unerheblich. Aber: Danke der freundlichen Nachfrage.

  • Der jährliche Aufmarsch der Islamofaschisten ist einfach nur ätzend.

  • Richtiger Kommentar. Die Polizei sollte verfassungsfeindliche Symbole unterbinden und Leute die Symbole einer Terrororganisation zeigen sofort aus dem Verkehr ziehen.

  • Eine perverse Veranstaltung sondergleichen ist das.

    Für die Stadt eine Schande.

     

    Sollte man sich der Gegendemo oder der heutigen Demo der liberalen Muslime anschließen?

    Schade, dass beides auf den selben Tag fällt.