Kommentar von Stefan Alberti zu SPD und Enteigungsvolksbegehren: Wer hält hier wem ein Stöckchen hin?
Stefan Alberti
ist Redakteur für Landespolitik.
Es ist skurril: Am Samstag beginnt die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, aber die – formal – führende Regierungspartei SPD will keine Orientierungshilfe geben. Erst im Herbst wollen sich die Sozialdemokraten festlegen. Zwar werden auch die Grünen ihre Position erst Mitte Mai beschließen, aber bei ihnen scheint die Lage auch ohne offiziellen Beschluss klar, bei der Linkspartei sowieso: Die hat sich schon Ende 2018 ganz offiziell hinter das Volksbegehren gestellt.
In der SPD heißt es, man wolle sich nicht unter Druck setzen lassen. Weil das Volksbegehren, wenn überhaupt, ja erst 2020 in die entscheidende Phase geht. Und dass man es nicht nötig habe, über jedes Stöckchen zu springen. Der Punkt ist: Es geht nicht um jedes Stöckchen, es geht um das aktuellste Thema dieser Monate. Es geht um ein Volksbegehren, das im Erfolgsfall finanziell mehr Auswirkungen hätte als all seine Vorläufer. Und da sagt die SPD: Wir legen selbst fest, wann was wichtig ist?
Als Argument ist zu hören, es fehlten finanzielle und juristische Fakten. Was aber war dann die Anfang März vorgelegte offizielle Kostenschätzung des Senats? Und wenn die SPD darauf warten will, bis möglicherweise das Landesverfassungsgericht urteilt, ob das Volksbegehren rechtmäßig ist: Wieso sollte dann das Gericht übers Stöckchen springen und termingerecht vor dem SPD-Parteitag entscheiden?
Es geht nicht nur um finanzielle und juristische Fragen – es geht auch um die Frage, ob eine Partei grundsätzlich gewillt ist, Wohnungsunternehmen zu enteignen. „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“, steht in Artikel 21 des in dieser Debatte so viel zitierten Grundgesetzes. Mit der Vertagung auf Herbst drückt sich die SPD nicht nur vor einer Festlegung: Sie kommt auch einem klaren grundgesetzlichen Auftrag nicht nach.
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