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Kommentar von Daniél Kretschmar zur Einstellung der Ermittlungen gegen „Netzpolitik.org“ Überfällige Notbremsung

Die Einstellung soll endgültig den Druck aus dem Kessel nehmen

In lapidaren Worten erklärt Generalbundesanwalt Gerhard Altvater, dass die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org eingestellt würden. Er teile die Einschätzung von Bundesjustizminister Heiko Maas, dass es sich bei den weitergegebenen Informationen nicht um „Staatsgeheimnisse“ gehandelt habe, und er sei außerdem der Ansicht, dass die „Voraussetzungen für die subjektive Tat­seite“ nicht gegeben seien.

Das heißt, dass die Bundesanwaltschaft innerhalb von nicht einmal zwei Wochen ihre Auffassungen in Sachen Landesverrat zumindest in der öffentlichen Sprachregelung ins absolute Gegenteil verkehrt hat. Sogar seinen Rausschmiss hatte Generalbundesanwalt Harald Range provoziert, als er dem Bundesjustizminister nicht ganz zu Unrecht öffentlich vorwarf, das Verfahren aus politischem Opportunismus zu verhindern – und jetzt mag seine Behörde kein Motiv und kein Staatsgeheimnis mehr erkennen. Warum erst jetzt?

Die Sorge in Berlin, Köln und Karlsruhe dürfte sein, dass der öffentliche Druck auf Verfassungsschutz und Innenministerium so weit ansteigen könnte, dass Range nicht der Einzige bleibt, der den Kopf hinhalten muss. Mitten im Sommerloch, noch dazu bei einem Angriff auf Journalisten und Pressefreiheit, braucht es kaum Fantasie, um eine Phalanx von Enthüllungen, Recherchen und bitterbösen Kommentaren von der „Tagesschau“ bis zur Süddeutschen Zeitung gen Sicherheitsapparat rollen zu sehen.

Dass Justizminister Maas seinen Bundesanwalt zurückgepfiffen und schließlich entlassen hatte, war die erste Notbremsung – die eilige Einstellung des Verfahrens soll nun endgültig den Druck aus dem Kessel nehmen. Nun werden die Bundesregierung und das ihr beigeordnete „Team Staatssicherheit“ wieder in einem Nebel der Unverbindlichkeiten, Erinnerungslücken und mangelnden Zuständigkeiten versinken – genauso wie wir es von den Beamten und Politikern aus den Untersuchungsausschüssen zu den Skandalen um NSU und NSA kennen.

Ob sie aber so ohne Weiteres abtauchen können, liegt zum Glück nicht allein in ihren Händen, sondern auch in denen einer kritischen und aufmerksamen Öffentlichkeit. Und diese muss mit Nachdruck die längst fällige Aufklärung über den bar jeder Kontrolle und Aufsicht operierenden Sicherheits- und Geheimdienstapparat verlangen.

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