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Kommentar über das säkulare ForumDie Macht der Tradition

Ein säkulares Forum in Bremen war höchste Zeit. Denn wer sich Martin Luther zum Meinungskämpfer zurecht lügt, gehört kritisiert

Wird für Widerstand gegen die Macht der Kirche verehrt: der Roland auf dem Bremer Marktplatz Foto: dpa

Höchste Zeit war es, dass sich auch in Bremen ein säkulares Forum gebildet hat, um politisch Einfluss zu nehmen. Denn: Dass Senat und Bürgerschaft die Position der Bekenntnisfreien, also der Mehrheit, benachteiligen und Religionsgemeinschaften begünstigen – kann auf Dauer nur schädlich sein.

Beispiele dafür gibt es zuhauf. Angefangen damit, dass die Einrichtung einer dezidiert säkularen Schule verhindert wurde, über verfehlte Symbol- bis hin zu erstaunlicher Personalpolitik: Wie ein restaurativer Akt wirkt die Einsetzung des Reformationstags als Feiertag, dem einen weltlichen Inhalt nur geben kann, wer sich Martin Luther zum Vorkämpfer von Meinungsfreiheit zurecht lügt.

Und mindestens instinktlos hat Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) mit Martina Höhns eine konfessionell mehr als nur gebundene Beauftragte für interkulturelle Angelegenheiten ins Rathaus geholt, die in ihrer Zeit als Pressefrau der Deutschen Bischofskonferenz so glaubwürdig deren homophobe Positionen vertrat, dass sie für eine so exponierte öffentliche Stellung in Bremen nicht mehr hätte in Frage kommen dürfen.

Klar, christliche Kirchen haben Einfluss in Deutschland, das ist okay, das ist halt Tradition, die auch ihre Reize hat. Aber Tradition Macht zu überlassen, ist im Kern undemokratisch. Sie ist zu hinterfragen und auf ihre Tauglichkeit für die sich ändernde Gesellschaft zu überprüfen. Dass der Trend durchs Forum ein Korrektiv erhält, ist eine gute Nachricht.

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2 Kommentare

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  • „Klar, christliche Kirchen haben Einfluss in Deutschland, das ist okay, das ist halt Tradition, die auch ihre Reize hat.“

    Klar 64% der Bremer sind konfessionel gebunden, Da hat es schon seinen Reiz mit der Gewissheit der Philosophischen Überlegenheit jeden einzelnen (Un)gläubigen Bremer in Frage zu stellen. Und weils ja um „Gott“ geht, den es ja eh nicht gibt, wird das argumentieren schön einfach. Da kann man denen ja auch mal eben den politischen Einfluss absprechen.

    Mal ehrlich. AfD und Pegida sind extrem konfessionsloslastig. Welche politischen Konzepte verfolgt also diese Cloud? Wie geht diese Gruppe mit der Homophobie in den eigenen Reihen um?

  • Whow! Was kommt als Nächstes? Wird die Giordano-Bruno-Stiftung demnächst vielleicht sogar verkünden lassen, der vorletzte Papst sei Antikommunist gewesen?

    Ja, Luther war Antisemit. Welcher „gute“ Katholik war das um 1500 nicht?

    Nein, es ist Luther nicht um Menschenrechte gegangen. Das Konzept individueller Menschenrechte gab es damals nämlich nicht. Es ging ihm darum, dem Wort Gottes zu folgen. Und zwar auch da hin, wo es weh getan hat. Hätte er gewusst, welche Konsequenzen seine jugendliche Renitenz haben würde, hätte er sie sich womöglich verkniffen. Später, jedenfalls, soll er das, was daraus wurde, bitter bereut haben.

    Anders als die meisten seiner brutalen Zeitgenossen hat Luther die Bibel erster genommen, als heute die Charta der UN genommen wird. Den Zwangs-„Aufklärer“ von der Bruno-Stiftung scheint das so sehr zu stinken, dass nicht mal der offensichtliche Missbrauch, den sich Luther nun gefallen lassen muss durch Bremens Obrigkeit, sie versöhnen kann mit ihm. Aber ohne Luther hätte der Katholizismus vielleicht nie "brüderliche" Konkurrenz bekommen – und Brunos „Erben“ keine Chance, einen Kirchenmann ungestraft zu verhöhnen.

    Wer erwartet schon Dankbarkeit von Erben? Dass die Stiftungs-Recke in 500 Jahren auch Welten erschüttert (und es bereut) haben werden, glaube ich nicht. Ich glaube eher, sie haben sehr viel Schwein gehabt, nicht 1500 oder 1943 auf ihre Glaubensfestigkeit in Sachen Atheismus und Judenfreundschaft hin „abgeklopft“ worden zu sein. Militante Luther-Verteidiger muss man anno 2018 in Deutschland jedenfalls mit der Lupe suchen.

    Ob es Luther gefallen hätte, dass Bremen ihm (gleich neben Gott) einen eigenen Feiertag widmet, werden wir nie erfahren. Es darf spekuliert werden. Wir haben schließlich nicht mehr 1500. Heute wissen wir: Ganz ohne Widersprüche und Konflikte geht es nicht. Zumindest nicht besonders gut. Ohne sie nämlich führt Macht direkt in die Hölle. Nur, dass da Menschen herrschen, keine Teufel. Wenn das Luther wüsste!