Kommentar über das säkulare Forum: Die Macht der Tradition
Ein säkulares Forum in Bremen war höchste Zeit. Denn wer sich Martin Luther zum Meinungskämpfer zurecht lügt, gehört kritisiert
Höchste Zeit war es, dass sich auch in Bremen ein säkulares Forum gebildet hat, um politisch Einfluss zu nehmen. Denn: Dass Senat und Bürgerschaft die Position der Bekenntnisfreien, also der Mehrheit, benachteiligen und Religionsgemeinschaften begünstigen – kann auf Dauer nur schädlich sein.
Beispiele dafür gibt es zuhauf. Angefangen damit, dass die Einrichtung einer dezidiert säkularen Schule verhindert wurde, über verfehlte Symbol- bis hin zu erstaunlicher Personalpolitik: Wie ein restaurativer Akt wirkt die Einsetzung des Reformationstags als Feiertag, dem einen weltlichen Inhalt nur geben kann, wer sich Martin Luther zum Vorkämpfer von Meinungsfreiheit zurecht lügt.
Und mindestens instinktlos hat Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) mit Martina Höhns eine konfessionell mehr als nur gebundene Beauftragte für interkulturelle Angelegenheiten ins Rathaus geholt, die in ihrer Zeit als Pressefrau der Deutschen Bischofskonferenz so glaubwürdig deren homophobe Positionen vertrat, dass sie für eine so exponierte öffentliche Stellung in Bremen nicht mehr hätte in Frage kommen dürfen.
Klar, christliche Kirchen haben Einfluss in Deutschland, das ist okay, das ist halt Tradition, die auch ihre Reize hat. Aber Tradition Macht zu überlassen, ist im Kern undemokratisch. Sie ist zu hinterfragen und auf ihre Tauglichkeit für die sich ändernde Gesellschaft zu überprüfen. Dass der Trend durchs Forum ein Korrektiv erhält, ist eine gute Nachricht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
Ampelkoalition gescheitert
Endlich!
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Scheitern der Ampelkoalition
Ampel aus die Maus
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Antisemitismus-Resolution im Bundestag
Kritik an Antisemitismus-Resolution