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Kommentar kirchliches ArbeitsrechtLeicht entnagelter Altherrenklüngel

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die katholische Kirche bewegt sich: Wer gegen die mittelalterliche Moral verstößt, darf nicht mehr so einfach gekündigt werden. Reicht das?

Der schwarze Riese gibt nach: Kardinal Marx Bild: dpa

E in Chefarzt, der gefeuert wird, weil er ein zweites Mal geheiratet hat? Eine lesbische Hortleiterin, die ihre Freundin heiratet, verliert ihren Job? Eine Kitaerzieherin darf nicht mehr für die Kinder da sein, weil sie einen Ehemann hat, aber von dem getrennt lebt? Gibts nicht? Doch, bei der Katholischen Kirche.

Katholiken haben eine besondere Auffassung von Moral, Ehe und Sex. Kein Sex vor der Ehe, keine Abtreibung, einmal verheiratet, immer verheiratet. So was halt, kennt man. Diese Auffassung gibt der Katholischen Kirche das Recht, Frauen und Männer, die in katholischen Einrichtungen arbeiten, zu kündigen, wenn sie gegen den Moralkodex verstoßen hatten. Das hat das Bundesverfassungsgericht noch im vergangenen Herbst bestätigt.

Jetzt ist es die Katholische Kirche selbst, die ein solches Vorgehen in Teilen revidiert. Am Dienstag beschloss die Deutsche Bischofskonferenz, das Arbeitsrecht aufzuweichen und sich zu mehr Realitätssinn zu bekennen. Der Chefarzt, die Hortleiterin und die Kitaerzieherin dürfen demnach nicht mehr einfach so gefeuert werden.

Die Gläubigen wenden sich ab

Das wurde auch mal Zeit. Im Jahr 2015 die mittelalterliche Moralkeule zu schwingen, schadet nicht nur den Gekündigten, sondern vor allem der Kirche selbst. Immer mehr Gläubige wenden sich von ihr ab, weil sie sich nicht mehr vertreten fühlen von einem vernagelten Altherrenklüngel.

Insbesondere die überholte Sexualmoral lässt die Menschen ratlos zurück. Die Katholische Kirche ist mit rund 650.000 hauptamtlichen MitarbeiterInnen einer der größten Arbeitgeber hierzulande. Die meisten von ihnen arbeiten bei der Caritas: in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kitas, in Einrichtungen also, in denen sich um Menschen gekümmert wird.

Wenn jedes Mal jemand gekündigt wird, weil er nicht der katholischen Norm entspricht, lichten sich die Reihen rasch. Insofern ist zu befürchten, dass sich die Bischöfe nicht allein aus Einsicht zur Öffnung des Arbeitsrechts durchgerungen haben, sondern aus reiner Notwendigkeit. Wo die Schäfchen weniger werden, wird es schwieriger, die eigene Existenz und den Riesenapparat dahinter rechtfertigen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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2 Kommentare

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  • Nun, jeder kennt und bekommt die Bedingungen vorab und entscheidet sich frei zur Zusammenarbeit, oder eben nicht.

  • Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Menschenwürde unter das Konkordat gestellt hat, so tut dies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht.

    Die Unantastbarkeit des kirchlichen Arbeitsrechts ist damit nicht mehr gegeben.

     

    Auch die Bundesregierung und Landesregierungen sollten handeln. Wenn öffentliche Aufträge an die Einhaltung von Mindestlohn, Quote oder sonstige soziale Kriterien gebunden werden kann es nicht sein, dass eine öffentliche Finanzierung nicht an die Einhaltung des Arbeitsrechts gebunden wird.

     

    Die Strategie der katholischen Kirche ist denn vermutlich ihr kirchliches Arbeitsrecht insgesamt zu retten in dem es so angepasst wird, dass es nicht mehr so eklatant gegen die Menschenwürde verstösst.