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Kommentar Zehn Jahre AirbnbDer Feind in meinem Bett

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Zimmer online vermitteln, das klingt nett. Doch das Problem steckt schon im Airbnb-Gründungsmythos. Jetzt hilft nur strikte Regulierung.

Wenn das private Bett zum Geschäftsort wird, wird es eng auf dem Wohnungsmarkt Foto: reuters

D a vermieten ein paar Jungs eine Luftma­tratze in ihrer WG an Konferenzgäste. Erstere finanzieren sich so einen Teil ihrer teuren Miete, Letztere sparen sich die Kosten und die Anonymität eines Hotelzimmers. Und so denken sich die Jungs, dass es doch cool sein könnte, zwischen Matratzenbesitzern und Schlafbedürftigen zu vermitteln. Das ist die Gründungslegende von Airbnb. Und die Idee ist ja auch wirklich gut. Zu gut. So gut, dass sie in nur zehn Jahren zur weltweiten Krake pervertiert wurde.

Doch wer nun kräftig auf die Onlineplattform eindrischt, greift zu kurz. Airbnb und die anderen Zimmervermittler sind nur das Symptom des Problems: einer auf Verwertung ausgelegten Welt, der jedes Maß abhandengekommen ist.

Eigentlich sollte sich niemand daran stören, wenn nebenan jemand Gäste beherbergt. Im Gegenteil, wenn sich Reisende und Einheimische am Küchentisch so nah kommen, dass interkulturelle Begegnung unausweichlich wird, ja wenn der Tourist vom Betrachter zum Teil einer fremden Welt wird, dann ist das ja fast schon die Verwirklichung einer alten Utopie. Klingt großartig? Ja, ist es auch, aber leider nur auf einem entspannten Wohnungsmarkt.

Das Problem versteckt sich bereits in der Gründungslegende. Die Airbnb-Urväter vermieteten ihre Luftmatratze nicht just for fun, sondern um die zu teure Miete ihrer WG in San Francisco zu finanzieren. Individuell ist das ökonomisch richtig, gesamtgesellschaftlich aber fatal – weil es den Wohnraum weiter verknappt und so die Preise unweigerlich in die Höhe schraubt.

In London gibt es bereits Menschen, die ihr Gästezimmer nicht mehr an Freunde vergeben können, weil sie es ständig an Airbnb-Gäste vergeben – nicht weil sie wollen, sondern weil sie anders die horrende Miete gar nicht mehr zahlen können. Sie holen sich Nacht für Nacht den Feind ins eigene Bett.

Schlimmer noch als Airbnb und seine Nutzer sind aber die Städte, die viel zu lange als Möchtegernprofiteure auf die Boomindustrie Tourismus gesetzt haben. Die nun vor der Frage stehen, was sie eigentlich sein wollen: bloße Kulisse für Kurzzeitbesucher oder eine lebenswerte Stadt.

Die Einsicht kommt viel zu spät. Selbst die komplette Umwandlung von Wohnungen in Ferien­apartments wird vielerorts nicht unterbunden.­ Dabei wären angesichts des fatalen Marktversagens harte staatliche Eingriffe überfällig.

Wer attraktive Städte vor der endgültigen Ballermannisierung retten will, kommt an strengster­ Regulierung samt unbedingter Kontrolle der Zimmervermietung nicht mehr vorbei. Und wenn das schon aus Personalmangel nicht realisiert werden kann, dann geht nur noch eins: ein komplettes Verbot.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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4 Kommentare

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  • "Das Problem versteckt sich bereits in der Gründungslegende. Die Airbnb-Urväter vermieteten ihre Luftmatratze nicht just for fun, sondern um die zu teure Miete ihrer WG in San Francisco zu finanzieren. Individuell ist das ökonomisch richtig, gesamtgesellschaftlich aber fatal – weil es den Wohnraum weiter verknappt und so die Preise unweigerlich in die Höhe schraubt.



    In London gibt es bereits Menschen, die ihr Gästezimmer nicht mehr an Freunde vergeben können, weil sie es ständig an Airbnb-Gäste vergeben – nicht weil sie wollen, sondern weil sie anders die horrende Miete gar nicht mehr zahlen können. Sie holen sich Nacht für Nacht den Feind ins eigene Bett. "

    In beiden Fällen sind die Beispiele nicht geeignet, die These zu stützen, da in beiden Fällen der Wohnraum nicht verknappt wird, er stand ja gar nicht als permanenter Wohnraum zur Verfügung. Dass Menschen ein Zimmer in ihrer Wohnung kurzfristig untervermieten, verknappt den Wohnraum nicht, sondern entzieht dem Hotel Business nur etwas Umsatz.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Wenn Airbnb ein Symptom ist, wie der Autor m.E. richtig schreibt, ist es sinnlos, dies per Kontrolle und Überwachung zu bekämpfen. Man muss das Problem bei seinen Ursachen bekämpfen.

    • @849 (Profil gelöscht):

      "Das Problem bei seinen Ursachen bekämpfen" Punkt? Sollte nicht jetzt ein Vorschlag folgen? Hier sind meine: Schärfere Mietpreisbremse, Ausbau von ländlicher Infrastruktur um die Attraktivität des Ländlichen Wohnraums zu steigern, Umverteilung durch Reichensteuer (Obere 15%), dadurch Finanzierung der Öffis(Bahn+E-Bus), sowie flächensparender Firmen und landschaftsintegrierender sozialer Wohnungsbau.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Sven Svarson:

        Ich weiß nicht, ob das mit der Mietpreisbremse so klappt. Wenn ich das richtig sehe, gibt es immer noch genug Geld aus dem Ausland, das in den deutschen Immobilienmarkt wandert, weil der so billig ist. Sozialer Wohnungsbau hat doch auch schon mal geklappt bei uns - wie man hört, tut der das in Wien auch noch. Der Staat müsste, ohne Reibach machen zu wollen, sich wieder als sozialer Bauherr und Vermieter betätigen. Mietpreise würde ich vielleicht von staatswegen nach Ausstattung staffeln, nicht nach Lage, also für alle Städte gleich. Gehälter in nicht so beliebten Städten geringer besteuern. ÖPNV unbedingt stärken, gerne durch Reichensteuer. Aber was ist sozialer und landschaftsintegrierender Wohungsbau von Firmen? Und warum sollte man sich nicht erst mal darum kümmern, dass unsere weniger bewohnten Städte florieren? Ich finde, es muss in diesem Land auch noch eni bisschen Landschaft übrigbleiben.