Kommentar Wahlkampfauftakt im Kongo: Ein Staat der Willkür
Im Kongo gibt es jetzt mehrere Präsidentschaftskandidaten. Der Amtsinhaber will seinen Griff auf das Land jedoch nicht lockern.
Jahrelang hat die Demokratische Republik Kongo auf ernsthafte Präsidentschaftskandidaten gewartet – jetzt kommen sie alle auf einmal. Der ehemalige Warlord und Vizepräsident Jean-Pierre Bemba ist am Mittwoch triumphal aus elf Jahren Exil und Gefängnis nach Kinshasa heimgekehrt. Am Freitag soll der andere wichtige Oppositionsführer, Moise Katumbi, folgen: Er fliegt von Südafrika aus in die Bergbau-Metropole Lubumbashi, wo er jahrelang als Provinzgouverneur regierte.
Beide wollen in den nächsten Tagen ihre Kandidatur für die Wahlen am 23. Dezember einreichen, bei denen sie voraussichtlich gegen Amtsinhaber Joseph Kabila oder jemanden aus seiner Familie antreten werden.
Kongos Wahlen hätten eigentlich schon im Jahr 2016 stattfinden müssen, und eigentlich darf Kabila gar nicht wieder kandidieren, weil er schon zwei Amtszeiten hinter sich hat. Aber falls die Wahl am 23. Dezember 2018 einigermaßen korrekt abläuft, werden all diese Bedenken vergessen sein – vor allem, wenn als Ergebnis das riesige Land mit den reichsten Rohstoffvorkommen Afrikas seinen ersten demokratischen und friedlichen Machtwechsel erleben sollte. Dann wäre der 1. August mit Bembas Rückkehr der Start eines pluralistischen und spannenden Wahlkampfs.
Leider spricht aber sehr viel mehr gegen dieses optimistische Szenario als dafür. Kabila macht keine Anstalten, seinen Griff auf das Land zu lockern – er hat schießwütige Generäle in Schlüsselpositionen befördert, und seine Familie dominiert die Wirtschaft. Kongo bleibt ein Staat der Willkür, dessen Bevölkerung immer ärmer wird, während sich eine kleine Elite an der Rohstoffwirtschaft bereichert.
Auch Bemba und Katumbi gehören zu dieser Elite, was sich schon daran zeigt, dass sie per Privatjet in die Heimat düsen. Und am Ende könnten sie alle aus formalen Gründen von der Wahl ausgeschlossen bleiben. Wenn die 80 Millionen Kongolesen 2018 ihrer demokratischen Rechte beraubt bleiben, war der 1. August nicht der Startschuss für den Wahlkampf, sondern für den nächsten Krieg.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
AfD gewinnt fast alle Wahlkreise in Ostdeutschland
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder