Kommentar Wahl in der Republik Moldau: Von Europa enttäuscht
Wichtigste Frage bei der Wahl: Wohin soll sich die Republik Moldau außenpolitisch orientieren? Finster: Die Antwort weist klar in Richtung Moskau.
D eutlicher kann eine Gesellschaft ihre Zerrissenheit nicht zum Ausdruck bringen, als es die Moldauer am Sonntag an den Urnen getan haben. Mit knapp über 48 Prozent stimmte fast die Hälfte der Wähler für den Sozialisten Igor Dodon, seine schärfste Konkurrentin, die Liberale Maia Sandu, kam immerhin noch auf 38 Prozent. Dabei stand bei dem Votum vor allem die Frage im Vordergrund, wohin die Reise des Landes aussenpolitisch künftig gehen soll.
Heißt der nächste Präsident Igor Dodon, ist die Antwort eindeutig: Richtung Moskau, geradewegs in den Kreml. Denn es war und ist ein erklärtes Credo Dodons, sich wieder stärker an Russland annähern zu wollen.
Warum sich ein Großteil der Moldauer enttäuscht von Europa abgewandt hat, liegt auf der Hand: Der pro-europäische Kurs der Koalitionsregierung, die seit 2009 an der Macht ist, hat der Bevölkerung mit Ausnahme einer visafreien Einreise in die Schengen-Staaten keine spürbaren Veränderungen zum Besseren gebracht. Korruption, die bisweilen endemische Ausmaße annimmt, ist nach wie vor an der Tagesordnung. Flankiert wird das alles noch durch Machtkämpfe zwielichtiger Oligarchen, die im Hintergrund agieren.
Ihr bisheriges Unvermögen diesen Mißständen mit Reformen entgegenzutreten, könnte die Regierung teuer zu stehen kommen. Und zwar dann, wenn Dodon, was nicht ausgeschlossen ist, das 2014 mit der EU geschlossene Assoziierungsabkommen zur Disposition stellt.
Der lachende Dritte in diesem Machtpoker ist Russlands Präsident Wladimir Putin. Dessen erklärte Politik ist es, Russlands Einfluß in den ehemaligen Sowjetrepubliken aufrecht zu erhalten – notfalls auch unter Einsatz von Waffen – und jegliche Versuche einer Hinwendung zum Westen zu unterminieren. Der Sonntag könnte ihn diesem Ziel einen entscheidenden Schritt näher gebracht haben. Der Republik Moldau drohen finstere Zeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“