Kommentar Vorwahlen in den USA: Wahlkampf der Verblödung
Die Vorwahlen sind vorbei. Es ist echt zum Fürchten, dass Trump Chancen auf den Posten des mächtigsten Politikers der Welt hat.
E s ist endlich vorbei. Mit den demokratischen Vorwahlen in der US-Hauptstadt Washington hat der Prozess der Kandidatenauswahl bei Demokraten und Republikanern seinen Abschluss gefunden. Noch nie hatte der Kampf um die Kandidatur so früh begonnen, und selten waren die Ergebnisse für beide Parteien so schmerzlich wie in diesen Wahlzyklus.
Die Republikaner haben, entgegen dem Willen der Parteiführung, mit ihrem Kandidaten Donald Trump einen rassistischen Verschwörungstheoretiker bis an die Spitze aufsteigen lassen. Dessen Reaktionen etwa auf den Anschlag in Orlando widerlich zu nennen, wäre noch eine Untertreibung. Trump redet wie eine US-amerikanische Verschmelzung aus den AfDlern Björn Höcke und Beatrix von Storch, Pegida-Gründer Lutz Bachmann und dem holländischen Rechtspopulisten Geert Wilders. Aber er kämpft nicht um einen Parlamentseinzug mit 15 Prozent der Stimmen oder um das Bürgermeisteramt von Erfurt, sondern um den Posten des mächtigsten Politikers der Welt. Dass er womöglich auch noch Chancen auf einen Sieg hat, ist tatsächlich zum Fürchten.
Schon bei oberflächlicher Betrachtung des anfänglichen Kandidatenfeldes der Republikaner war klar: Wenn plötzlich Leute wie Jeb Bush oder Marco Rubio im Vergleich zum Rest recht vernünftig wirken, gibt es da ein ernsthaftes Problem. Die Welt kann nur hoffen, dass am 8. November der Irrsinn in die Schranken verwiesen wird.
Das aber wird wesentlich davon abhängen, ob die Demokraten es hinbekommen, Bernie Sanders und die Anhänger*innen seiner „politischen Revolution“ so einzubinden, dass sie auch tatsächlich zur Wahl gehen. Aus Begeisterung für Hillary Clinton werden sie das nicht tun, aber vielleicht wenigstens, um einen Präsidenten Trump zu verhindern. Sanders, der noch bis vor den Vorwahlen in Kalifornien und New Jersey in der vergangenen Woche darauf gehofft hatte, die nicht gewählten Superdelegierten für den Parteitag auf seine Seite ziehen und so doch noch die Nominierung ergattern zu können, hat inzwischen umgeschwenkt. Ohne sich bislang offen für Hillary Clinton auszusprechen, konzentriert er sich jetzt darauf, seine Inhalte in die zu verabschiedende Wahlplattform der Demokraten einzubringen. So hat er das jedenfalls bei einer Pressekonferenz in Washington am Dienstag erklärt.
Das scheint durchaus sinnvoll. Von Beginn an hatte ihm kaum jemand eine reale Chance auf die Nominierung eingeräumt, aber viele hatten gehofft, dass er den politischen Diskurs der Demokraten in Richtung progressiver Politik verändern würde. Das dürfte er geschafft haben: Dieser Tage wird er in Washington vom demokratischen Establishment geradezu hofiert – wenn auch nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst, er könne weiteren Schaden anrichten.
Bis zu den Nominierungsparteitagen Ende Juli sind es noch fünf Wochen hin, bis zu den eigentlichen Wahlen noch fünf Monate. In den meisten Ländern der Welt wäre das ungefähr der Zeitpunkt, an dem Wahlkämpfe allmählich beginnen würden. Die USA haben schon eineinhalb Jahre hinter sich.
Wahlkämpfe, sogar solche, die stark auf Kandidaten konzentriert sind, können Zeiten der Politisierung und politischen Bildung sein, in denen Ideen, Wertvorstellungen und konkrete Lösungsvorschläge nicht in Parlamentsausschüssen, sondern öffentlich kontrovers diskutiert werden. Der Vorwahlprozess in den USA hingegen ist zu einem Zyklus der politischen Verblödung geworden. Das Land sollte sich ernsthaft überlegen, ob es sich das weiter leisten will.
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