Kommentar Verkauf der HSH Nordbank: Gier frisst Hirn
Der Ausflug von Provinzbankern und Provinzpolitikern in die große weite Welt der internationalen Finanzströme wurde zu einem Horrortrip.
E s ist ein Ende mit Schrecken. Das Debakel mit der HSH Nordbank wird die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein mindestens 14 Elbphilharmonien kosten, vielleicht läppert es sich auch auf 17. Genauer kann es zurzeit niemand sagen, gewiss ist nur: Es hätte noch schlimmer kommen können. Der Ausflug von Provinzbankern und Provinzpolitikern in die große weite Welt der internationalen Finanzströme wurde zu einem Horrortrip.
Grundfehler war die Gewährträgerhaftung der beiden Eignerländer. Unter diesem Schutzschirm saugte sich die HSH zwischenzeitlich mit Liquidität voll bis zum Bersten: Sie wusste buchstäblich nicht, wohin mit ihrem Geld. Deshalb kaufte und finanzierte sie wahllos alles, was nicht niet- und nagelfest war, an der Wall Street wurde über „Stupid German Money“ gelästert, die deutschen Manager als „Stopfgänse“ veralbert. Das Rad, das sie drehen wollten, war zu groß für die Bankfachangestellten in Hamburg und Kiel.
Auch die Politik überblickte nicht, was sie tat, weder Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust und sein Finanzsenator Wolfgang Peiner (beide CDU) noch Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis. Alle waren besoffen von den Aussichten auf Millionengewinne ihres Global Players von der Küste.
Hinzu kam der Druck der internationalen Ratingagenturen. Erst ab 15 Prozent Rendite bekam man das höchste Label AAA+, ohne das aber ließen die wirklich Großen einen gar nicht mitspielen. Deshalb wurden zu viele und zu hohe Risiken eingegangen, und als 2008 die internationale Bankenkrise losbrach, stürzte das Kartenhaus in sich zusammen. Gier frisst Hirn – selten stimmte dieser Satz so sehr wie bei der HSH Nordbank.
Die ganze Sache war zu kompliziert und zu undurchschaubar für norddeutsche Landespolitiker und ihre Regionalbank. Die Aufräumarbeiten, die jetzt ihren vorläufigen Abschluss finden, sind mühsam, schmerzhaft und teuer. Und die volle Rechnung liegt noch nicht vor. Es könnten auch noch zwei, drei Elphis mehr werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour