Kommentar Umgang mit der AfD: Merkel reagiert falsch
Die Kanzlerin will sich mit der AfD „ohne Schaum vor dem Mund“ auseinandersetzen. Das ist so kurz nach deren Parteitag ein seltsames Signal.
W ie soll man mit der AfD umgehen? Die Frage wird uns schon deshalb noch lange beschäftigen, weil es darauf keine einfache Antwort gibt. Sicher ist, dass zwei Motive für Reaktionen falsch sind: einfach das zu machen, was man am besten kann, oder das, wovon man sich den größten Gewinn für die eigene Gruppe erhofft.
Ersteres praktiziert die Antifa, die die AfD behandelt wie zuvor die NPD, indem sie ihre Parteitage blockiert. Aber wer die Demokratie verteidigen will, darf nicht alles verhindern, was ihm nicht gefällt. Die zweite Reaktionsweise werden wir, je mehr die AfD an Zulauf erlebt, vor allem von der Union sehen: den Versuch, die Gefahren durch sie herunterzuspielen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nun dafür ausgesprochen, sich mit der AfD „ohne Schaum vor dem Mund und ohne Pauschalurteile“ auseinanderzusetzen. Das ist zwei Tage nach deren Parteitag das falsche Signal.
Die AfD bedient sich ungeniert der Sprache der Nazis. Parteichef Jörg Meuthen, der angebliche Vertreter des bürgerlichen Flügels, hat in Stuttgart von einer „links-rot-grün verseuchten“ Republik gesprochen. Vize Alexander Gauland bezeichnete nur Tage davor den Islam als „Fremdkörper“.
Meuthen und Gauland, zwei gebildete Männer, sollten wissen, in welcher Tradition das steht: Juden und Linke mit Viren, Ansteckungsgefahr und Schmutz zu assoziieren war ein fester Bestandteil der NS-Propaganda. Das Denkmuster hat geradezu eine christlich-abendländische Tradition: siehe die Verfolgung von Juden als Brunnenvergifter seit dem frühen Mittelalter. Die AfD hat den obsessiven Antisemitismus durch einen obsessiven Antiislamismus ersetzt.
Es ist richtig, nicht die Nazi-Keule gegen die AfD zu schwingen, wenn sie nur konservative Positionen vertritt, die früher ihren Platz in der CDU gehabt hätten. Aber wer solche Anleihen bei den Nazis nimmt, muss rechtsextrem genannt werden. Ohne Schaum vor dem Mund, aber offensiv.
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