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Kommentar US-Teilabzug aus AfghanistanKeine Politik, nur noch Ressentiment

Thomas Ruttig
Kommentar von Thomas Ruttig

Inoffiziell ist der Teilabzug aus Afghanistan bereits beschlossen. So schwächt Trump die eigene Position und die seiner lokalen Verbündeten.

Vertraut in Sachen Afghanistan seiner „Intuition“: Donald Trump Foto: ap

N un ist es wohl passiert, schneller als erwartet: US-Offizielle bestätigen bereits anonym, Trumps Entscheidung über einen Truppenteilabzug aus Afghanistan – bis zur Hälfte der etwa 14.000 Soldaten – sei gefallen. Also: Erst der Abzug aus den Kurdengebieten in Syrien, wo die Kurden Assad und Erdogan zum Fraß vorgeworfen werden, und jetzt Afghanistan. Trump übersetzt seine America-First-Politik ins Außenressort, ohne Rücksicht auf Verbündete.

Nicht dass so etwas zum ersten Mal geschieht: Bush Senior, nach seinem Ableben gerade noch von der Tagesschau als „einer der außenpolitisch erfolgreichsten US-Präsidenten“ gepriesen, opferte Iraks aufständische Schiiten und Kurden Saddam Hussain. Auch die Afghaninnen und Afghanen sind ja schon einmal vom gesamten Westen im Stich gelassen worden, nach dem Abzug der damals sowjetischen Invasoren 1989.

Über ein paar Zwischenstufen führte das zur Herrschaft der rückwärtsgewandten, misogynen, menschenrechts- und demokratiefeindlichen Taliban. Während das hierzulande weitgehend vergessen ist, ging es in die afghanische nationale Erzählung ein. Der mögliche Beginn des amerikanischen Afghanistan-Rückzugs wird ihnen einen Schauer den Rücken hinunter jagen.

Politisch-strategisch passt selbst ein Teilabzug jetzt überhaupt nicht. Immerhin hat Trump gerade einen Sonderbeauftragten geschickt, mit den Taliban ein Ende des Kriegs und – dann! – einen Truppenabzug herbei zu verhandeln. So aber schwächt Trump deutlich die eigene Position und die seiner lokalen Verbündeten bzw. Klienten.

Vergurkt haben es die Amerikaner

Das ist keine Politik, nur noch Ressentiment. Man erinnere sich an seine Vor-Wahl-Tweets: „Unsere Truppen werden von den Afghanen getötet. Wir vergeuden dort Milliarden. Wir bauen Straßen und Schulen für Leute, die uns hassen.“ Seine „Intuition“ lege ihm einen Abzug nahe. Das ist natürlich alles grob vereinfacht. Vergurkt haben das die Amerikaner mit ihrer Besatzermentalität.

Die Afghanen werden es ausbaden müssen. Wie wird ihre Zukunft aussehen? Ein Neo-Taliban-Regime, eventuell verstärkt durch die Seiten wechselnde Warlords, die ebenfalls größtenteils Islamisten sind? Fraktions- oder Bürgerkrieg, 1990er reloaded? Oder beides, je nach Gegend? Wenn die Taliban Champagner trinken würden, könnten sie jetzt die Flaschen entkorken.

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Thomas Ruttig
Autor:in
Mitbegründer des unabhängigen Think Tanks Afghanistan Analysts Network Kabul/Berlin (https://www.afghanistan-analysts.org/en/). Abschluss als Diplom-Afghanist, Humboldt-Univ. Berlin 1985. Erster Afghanistan-Aufenthalt 1983/84, lebte und arbeitete seither insgesamt mehr als 13 Jahre dort, u.a. als Mitarbeiter der DDR-, der deutschen Botschaft, der UNO und als stellv. EU-Sondergesandter. Seit 2006 freischaffend. Bloggt auf: https://thruttig.wordpress.com zu Afghanistan und Asylfragen. Dort auch oft längere Fassungen der taz-Beiträge.
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6 Kommentare

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  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Kann mir vielleicht erklären, was die ausländischen Besetzer in einem fremden Land zu suchen hat. Weder USA noch Deutschland und irgend ein anderes Land hat in anderen Länder nichts verloren. Das hat der Autor nicht verstanden und viele Mob aus Westen auch nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendein Afghaner einen Amerikaner oder Deutscher wehgetan hat.



    Es ist nicht anderes wie der Kriminelle G.W. Bush gesagt hat, est ist ein Kreuzzug wie im Mittelalter.



    Weg mit den ausländischen Truppen.



    Die Afghanen sollen ihre Probleme selbe lösen und die Lösung müssen die andere Ländern einfach akzeptieren. Kein andere Land misch sich innere Angelegenheits Deutschland oder USA.

    • @70023 (Profil gelöscht):

      Also zumindest die Bundeswehr ist auf Wunsch der afghanischen Regierung dort. Die wollen Beratung und Schulung, um ihr Land zu stabilisieren. Diese Regierung ist auf halbwegs demokratische Weise ins Amt gelangt, so gut es eben dort geht. Aber dieser erste demokratische Machtwechsel ist schon mit ein Erfolg der Anwesenheit der Ausländer dort.



      Und zu der Beliebtheit der Taliban sollte man die Mädchen fragen, die gerne in die Schule gehen möchten.

  • Es ist erstaunlich, dass sogar DIESE Entscheidung Trumps, US-Truppen abzuziehen (und zwar aus Regionen, in die sie nach linker Überzeugung schon gar nicht hätten entsandt werden dürfen), selbst in linken Medien kritisiert wird. Es scheint so zu sein: wenn „der Falsche“ „das Richtige“ tut, ist auch das Richtige falsch.



    Gar nicht gut!

  • „Die“ Afghanen wünschen keinesfalls die Rückkehr von Taliban an die Regierung.

    Die USA sind gerade dabei, die seit Jahren andauernden Verhandlungen über eine Beteiligung der Insurgents an einer Regierung an die Wand zu fahren.

    Die afghanische Zivilgesellschaft hat enorme Fortschritte gemacht, allerdings nur in den großen Städten. Auf dem Land terrorisieren die fanatischen Islamisten die Eineohner täglich.

    Und ohne Unterstützung der ausländischen Truppen und Geldgeber wird die Regierung und die Armee/Polizei sehr schnell zusamnenbrechen. Dann gehen die so genannten „Stammeskriege“ wieder los - unterstützt von den Nachbarstaaten.

    Wer außer Trump will das?

    • @Sven2000:

      "Und ohne Unterstützung der ausländischen Truppen und Geldgeber wird die Regierung und die Armee/Polizei sehr schnell zusamnenbrechen."

      Das ist das Problem. Die Regierung genießt zu wenig Unterstützung im Land, um sich zu halten.

      "Dann gehen die so genannten „Stammeskriege“ wieder los - unterstützt von den Nachbarstaaten."

      Die gibt es jetzt auch.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob es der Autor bemerkt hat. Aber trotz einer Truppenaufstockung nach Trumps Amtsübernahme, ist es nicht gelungen, die Taliban daran zu hindern, ihren Einflussbereich weiter auszudehnen. Dieser Krieg dauert jetzt schon länger, als beide Weltkriege zusammen und es ist keine Möglichkeit zu sehen, ihn zu gewinnen.

    Vielleicht ist Aufgeben dann doch eine Option? Oder möchten Sie bis zum letzten Afghanen kämpfen, Herr Ruttig?