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Kommentar US-InfrastrukturausbauTrumps großer Ausverkauf

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Der US-Präsident will hunderte Milliarden für die Infrastruktur ausgeben. In der Logik marktkonformer Demokratien ist das richtig.

Marode Infrastruktur: In den USA müssen viele Straßen und Brücken repariert werden Foto: ap

N icht alles, was die derzeitige US-Regierung vorschlägt, ist komplett beknackt. Der 4,4 Billionen-Dollar-Haushalt, den Donald Trump jetzt dem Kongress vorlegte, ist es wohl. Zumindest, wenn man die Idee schlecht findet, die Gesundheitsvorsorge für Arme, Ältere und Behinderte zu kürzen, weniger Lebensmittelgutscheine an hungrige Menschen auszugeben. Um gleichzeitig die Steuern vor allem für Reiche zu senken, weiter aufzurüsten und eine neue Mauer an der Grenze nach Mexiko zu bauen.

Bei einem Teil seines Haushalt liegt das Weiße Haus allerdings komplett im globalen Trend: Trump verspricht, in den nächsten zehn Jahren 200 Milliarden Dollar aus dem Bundeshaushalt in die völlig marode Infrastruktur der USA zu stecken – und den Betrag mit privaten Geldern zu vervielfachen.

Gebaut werden sollen nicht nur Straßen, Brücken und Flughäfen, das Geld soll auch in Wasserstraßen, Kläranlagen, Kraftwerke, öffentlichen Nahverkehr, Krankenhäuser für Armee-Veteranen oder die Instandsetzung von Industriebranchen fließen.

Im Wahlkampf hatte Trump gern von bröckelnden Brücken erzählt und davon, dass er alles besser machen werde. Rechnet man seine 200 Milliarden nun auf deutsche Verhältnisse um (unser BIP beträgt ungefähr ein Fünftel dessen der USA), dann ist seine Ankündigung vergleichbar mit einer Investitionen von 3,2 Milliarden Euro im Jahr in Deutschland. Zum Vergleich: Union und SPD wollen in den kommenden Legislatur jährlich rund 3 Milliarden Euro zusätzlich für Familien und Kinder ausgeben.

Gewinnmaximierung statt Steuern

Nüchtern betrachtet ist es also ein Beträgchen, was Trump da vorschlägt. Und deshalb macht er etwas, auf das Politiker weltweit mögen: Er versucht, mit den Steuergeldern private Investoren anzulocken und so die Investitionen auf wundersame 1,5 Billionen Dollar zu steigern. Das ist der gleiche Trick, mit dem beispielsweise EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2015 angekündigt hatte, 315 Milliarden Euro an Investitionen in der EU zu mobilisieren. Eigentlich waren es nur 21 Milliarden aus Brüssel, der Rest sollte mit privaten Geldern „gehebelt“ werden.

Funktionieren kann das zumindest teilweise, und es entspricht der Logik heutiger Politik: Statt genug Steuern zu erheben und damit öffentliche Aufgaben zu finanzieren, werden immer größere Bereiche mit privatem Kapital auf Gewinnmaximierung getrimmt.

Charles Schumer, der Mehrheitsführer der US-Demokraten im Senat, brachte es auf den Punkt: Es werde wohl bald überall im Land „Trump-Gebühren“ geben. „Wohlhabende Investoren und große Banken wollen Projekte, die Profit abwerfen. Wie bekommen sie den? In dem sie von Amerikas Mittelklasse hunderte von Dollar Gebühren im Jahr verlangen“, kritisierte er.

Laut Huffington Post schlägt die Trump-Administration zur Finanzierung ihres 200-Milliarden-Dollar Programms vor, andere staatliche Zuschüsse zu anderen Infrastrukturprogrammen zu kürzen: um 240 Milliarden. Gleichzeitig streicht das Trump-Programm Umweltregularien und verkürzt Einspruchsfristen, wenn etwa Straßen durch Naturschutzgebiete gebaut werden sollen. Das Wort „Klimawandel“ taucht in den Plänen des Weißen Hauses natürlich auch nicht auf.

Von unten nach oben verteilen

Ein steigender Meeresspiegel wird bei der Planung von Straßen und Brücken also nicht berücksichtigt werden. „Das führt dazu, dass man das Falsche an der falschen Stelle baut, nach falschen Standards“, sagte Michael Kuby, Professor an der Arizona State University, der New York Times.

Investoren wie der weltgrößte Fondsverwalter Blackstone (7,4 Billionen Dollar Anlagevermögen) begrüßten Trumps Pläne, was nicht verwundert. Die Fonds sitzen auf gewaltigen Geldbergen, die durch Trumps Steuerreform noch größer werden und dringend angelegt werden müssen. In dem Fall zu garantierten Rendite, mit Steuergeldern abgesichert. Sollte der US-Kongress Trumps Pläne billigen heißt das also, dass vielleicht die eine oder andere U-Bahn herausspringt. Aber im Endeffekt ist es ein Ausverkauf öffentlicher Infrastruktur. Mit diesem Plan schafft es Trump einmal mehr, Geld von unten nach oben zu verteilen.

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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7 Kommentare

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  • Wie HANNIBAL CORPSE, wenn auch mit etwas anderer Stossrichtung, korrekt anmerkt, hat der Staat es nicht nötig

    "genug Steuern zu erheben und damit öffentliche Aufgaben zu finanzieren".

     

    Wenn der politische Wille da wäre, könnte man Infrastruktur sanieren und neue, die zur Verringerung des Ausstosses von Treibhausgasen benötigt wird, schaffen, ohne Steuern zu erhöhen oder PPP-Verträge zu schliessen.

    Dieser Wille ist aber schlicht nicht gegeben.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Um Geld von Unten nach Oben umzuverteilen, reicht es schon aus, sein Gehalt in Euro oder Dollar zu bekommen.

    Es gibt weder eine faire noch eine gerechte Wirtschaft, solange das Keystroke-Prinzip bei der Schöpfung von Giralgeld nicht entweder abgeschafft oder radikal demokratisiert und reformiert wird.

    Solange der Besitz von Geld dazu berechtigt, "aus dem Nichts" (d.h. aus der Zukunft) noch mehr Geld in praktisch unbegrenzter Höhe zu schaffen und als Kredit zu vergeben, können Politik und Gewerkschaften der dadurch entstehenden Umverteilung immer nur hinterherlaufen.

    Die große Lüge der FDP und ihrer Gesinnungsgenossen ist es, diese Umverteilung nicht als solche auch zu benennen, die 1982 eingeführt wurde, nachdem die FDP die SPD agbedägt hatte. In einem haben sie allerdings recht: Zurück-Umverteilung ist keine Lösung des Problems. Die Ursache wollen sie allerdings niocht angehen. Sie wollen das Problem nicht lösen. Das wollen weder CDU, CSU, FDP noch SPD oder die Grünen!

     

    35 Jahre lang hat auch die Bundesbank eine falsche Theorie der Wirtschaftsweise verbreitet und erst im letzten Jahr wurde zugegeben, dass Banken nicht einfach das Geld verleihen, dass Leute angelegt haben, sondern neues Geld in quasi beliebiger Höhe per Entertaste erzeugt wird, um dann als Kredit ausgegeben zu werden. Je mehr Geld jemand hat, um so mehr kann er von dieser Umverteilung profitieren, am meisten profitieren aber die Bankiers, denen die Banken gehören, denn sie haben die "Lizenz zum Gelddrucken".

    Wie Brecht so schön sagte, was für ein Verbrechen ist schon ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank!

     

    Mit Trump geht die Verarmung ein ganzes Stück schneller, aber wer glaubt, dass eine Zurück-Umvertreilung mittels Reichensteuern ein Problem lösen kann, das in der Konstitution der Währung angelegt ist, der kann mich in der ökonomisch-politischen Analyse nicht überzeugen.

    Mit Trump läßt sich prima ablenken vom Elend der Geldpolitik. Etwas, das uns unmittelbar angeht, gerät dafür aus dem Blick.

  • Guter Kommentar. Kein bashing, sondern einfach anhand der Zahlen hochgerechnet. Natürlich fehlen noch ein paar Punkte. Aber dazu müsste der Kommentar viel länger werden.

  • Öffentliche Infrastruktur ist fein, der Bürger muss sie aber auch nutzen. Tut er aber nicht. Die Benutzerzahlen von Stadtbibliotheken, einfachen Schwimmbädern oder Buslinien sind in Deutschland kontinuierlich gesunken. Warum? Bürger nutzen Privatschulen, Privatparkplätze, Privatstraßen, private Rentenversicherungen, private Krankenkassen..... Hätte der Bürger das mal alles nicht gemacht, wäre er mal nicht auf das Gerede vom neoliberalem Markt hereingefallen.

    Es scheinen mir Krokodilstränen, die hier geweint werden.

    • @Energiefuchs:

      Es mag sein, dass Deutschland die Ausnahme ist, aber in anderen Staaten wurde umgedreht ein Schuh draus: die Finanzierung wurde beschnitten, die Bürger nutzen die Angebote weniger, was dann als Argument genutzt wird, um zu privatisieren.

  • Seltsam, dass mir hierbei ausgerechnet das EEG (Erneuerbare-Energieen-Gesetz) einfällt:

    Dem Verbraucher werden Zwangsabgaben auferlegt, um die Renditen der EE-Investoren über Jahrzehnte zu garantieren. Völlig ohne jedes Risiko...

     

    Das Ergebnis: Bis zum Jahr 2025 müssen geschätzt rund 520 Milliarden Euro aufgewendet werden. Eine vierköpfige Familie zahlt somit direkt und indirekt über 25.000 Euro für die Energiewende.

    • @Frank Erlangen:

      naja: die umlage beträgt 2017 und 2018 je etwa 24 mrd.

      das sind im schnitt 300 e pro kopf und jahr. klar, das ist kein pappenstil.

      die acht jahre bis 2025 ergeben dann eher 200 mrd.

       

      aber wer bekommt das geld?

      es gibt fast 1,4 mio solaranlagen und der großteil ist in privater hand. da haben also viele was davon. natürlich profitiert davon leider derzeit nur die obere mittelklasse und insbesondere mieter haben kaum zugang zu dieser zuverdientsquelle.

       

      ein bisschen perspektive gibt auch jenes bild: die vier großen stromkonzerne haben in 2017 zusammen etwa 11 mrd gewinn eingefahren, trotz recht hoher abschreibungen in diesem speziellen zeitraum. das sind in acht jahren ja etwa 88 mrd.

      oder pro jahr und kopf fast 140 euro.

      und davon kamen 2017 unter 10 % als dividende in der oberen mittelklasse und oberschicht an.

       

      und bei fossilen gibt es ja vor allem noch die externalisierten folgekosten, die wir steuerzahlende noch schultern: für kohle in dtl für 2017 sind das 15 mrd (nur gut monetarisierbare effekte, also tief geschätzt) plus 3 mrd für gesundheitswirkung pro jahr also noch 18 mrd bzw 225 euro pro jahr und kopf.

       

      fazit: für leute mit wenig geld wäre ein sozialtarif super.

       

      ansonsten sind die externen effekte der fossilen und die gewinne, die nicht an die aktionäre weitergereicht werden, teurer als die ganze eeg-umlage.