piwik no script img

Kommentar US-EinwanderungsrechtUnd jetzt die Papierlosen!

Dorothea Hahn
Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn und Dorothea Hahn

Obama hat den Wählerauftrag, das Einwanderungsrecht zu reformieren. Doch ohne die Republikaner geht nichts – und die sind tief gespalten.

D ie rund elf Millionen papierlosen EinwandererInnen in den USA sind die Stützen ganzer Branchen der Volkswirtschaft. Sie zahlen Steuern und sie haben Familien. Bloß Rechte haben sie nicht: Sie dürfen nicht wählen. Sie bekommen oft nicht einmal den (erbärmlichen) Mindestlohn. Sie haben keinerlei Möglichkeit, ihre Aufenthaltssituation zu verändern. Und sie können jederzeit von der Polizei aufgegriffen und abgeschoben werden.

Alle PolitikerInnen, die in den vergangenen Jahren in den USA versucht haben, diese Ausgrenzung von fast vier Prozent der Bevölkerung mit einer Einwanderungsreform zu beenden, sind gescheitert. Das gilt sowohl für Barack Obama in seiner ersten Amtszeit, als auch für seinen Amtsvorgänger George W. Bush.

Jedes Mal konnten sich jene Kräfte durchsetzen, die höhere Grenzanlagen, zusätzliche Polizei und mehr Abschiebungen für Einwanderungspolitik halten. Jedes Mal siegte die Ideologie über den Realismus. Dabei ist ein Fakt in der US-Debatte bis heute untergegangen: Dass nämlich zahlreiche ImmigrantInnen überhaupt erst in die USA gekommen sind, nachdem ihre heimischen Arbeitsplätze durch Freihandelsabkommen und massive Importe aus den USA zerstört worden waren.

Bild: taz
Dorothea Hahn

ist US-Korrespondentin der taz.

Das gilt ganz besonders für Mexiko, woher die meisten Papierlosen in den USA stammten, und wo mit dem Inkrafttreten des Abkommens „Nafta“ im Januar 1994 weite Teile der kleinen Landwirtschaft – insbesondere des Mais-Anbaus – zusammengebrochen sind.

Die zurückliegenden Präsidentschaftswahlen können den längst überfälligen Wendepunkt im Umgang mit Papierlosen in den USA markieren. Denn im November haben die legal in den USA lebenden und wahlberechtigten EinwandererInnen aus Lateinamerika und aus Asien der republikanischen Partei eine schallende Ohrfeige erteilt. Fast drei Viertel von ihnen haben demokratisch gewählt. Für Präsident Obama ist das Chance und Verpflichtung zugleich.

Er weiß, dass er seinen WählerInnen eine umfassende Einwanderungsreform schuldet. Und dass sie zugleich eine reale politische Möglichkeit geworden ist. Denn zumindest die Spitze der republikanischen Partei hat im November kapiert, dass sie in Zukunft keine Wahl mehr mit einer Politik gegen EinwandererInnen gewinnen kann.

Bis zum Novemer leistete die Partei sich mit Mitt Romney einen Kandidaten der die „Selbst-Deportation“ vorschlug. Seither schickt sie ihre Latinos vor und lässt die eine neue Einwanderungspolitik – inklusive Legalisierung - entwickeln. Diese neuen Erkenntnisse der republikanischen Spitze können Präsident Obama helfen, zumindest in der Einwanderungspolitik eine Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien hinzukriegen.

Doch eine Garantie für einen Erfolg sind sie nicht. Denn die republikanische Partei ist tief gespalten. Zwischen dem Pragmatismus ihrer Spitze und der ideologisch radikalisierten Basis liegen Welten. An der republikanischen Basis bestimmen weiterhin die wütenden, weißen Männer den Ton.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!