Kommentar Trump und der Welthandel: Zumindest amüsant
Trumps Idee von Strafzöllen zur Rettung der US- Handelsbilanz ist eine naive Sicht auf die Dinge. Aber sind wir wirklich besser?
W as hätten Sie lieber: ein fabrikneues Auto deutscher Produktion oder ungefähr 20.000 Porträts amerikanischer Präsidenten im praktischen Hosentaschenformat?
Es ist ein leichtes Spiel, auf US-Präsident Donald Trump zu zeigen und ihm irrationales Verhalten vorzuwerfen. Am Freitag unterzeichnete er mal wieder ein Dekret; dieses Mal lässt er untersuchen, ob die USA von Japan, China oder Deutschland im internationalen Handel benachteiligt werden. Falls ja, gibt es Zölle oder sonst etwas, droht Washington.
Trump hat bekanntlich einen Narren daran gefressen, die sauschlechte Handelsbilanz der USA ins Lot zu bringen. 2016 importierten die Amerikaner knapp 500 Milliarden Dollar mehr, als sie an Waren exportierten, und hierzulande halten Trump jetzt alle für irrational, weil er meint, es entstünden mehr Arbeitsplätze in den USA, wäre der Saldo ausgeglichen.
Das ist tatsächlich eine naive Sicht der Dinge, nur sind wir ja nicht besser: Die Deutschen sind seit Jahren stolz wie Bolle auf ihre Exportweltmeisterschaft, die in der Liste der nationalen Heiligtümer gleich hinter Goethe und Beliebtsein-obwohl-wir-mal-Hitler-hatten rangiert.
Streng genommen ist ein Exportüberschuss dämlich, denn die Deutschen häufen, metaphorisch gesprochen, Berge von Präsidentenbildchen alias US-Dollar an. Statt sich was Schönes davon zu kaufen (Brücken, Schultoiletten, Fahrradwege), haben sie mittlerweile 1,8 Billionen Euro im Ausland angelegt.
Was daraus folgt, sind zwei Dinge: Der Welthandel hängt schief. Weder Trumps brachiale Tweets noch Wolfgang Schäubles „Isch halt so“-Attitüde sind darauf eine Antwort. Und dann ist da noch dieser stahlharte Käfig einer multinational verflochtenen Wirtschaft, von der unser Wohlstand abhängt. Daran gibt es viel auszusetzen. Zu sehen, wie sich ein rechter Populist daran die Zähne ausbeißen wird, ist zumindest amüsant.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen