Kommentar Studienabschlüsse: Der Bachelor – ein Monstrum
Die Institutionen haben den Studierenden mit dem Bachelor Flexibilität aufgezwungen. Nun weigern sie sich, die gleiche Flexibilität zu zeigen.
W as ist schlimmer als eine neoliberale Reform? Eine neoliberale Reform, bei der nicht zugleich bürokratischer Unsinn abgeschafft wird. In solchen Fällen gehen Neoliberalismus und Bürokratie gerne eine Symbiose ein und potenzieren die Nachteile beider Systeme. So wie jetzt bei Bologna-Reform und den Einstellungsvoraussetzungen für den öffentlichen Dienst.
Bologna und damit die Einführung von Bachelorstudiengängen sollte die Studienzeiten verkürzen und damit die Absolventen früher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Die auf dem Bachelor aufbauenden Masterstudiengänge sollten vornehmlich dem wissenschaftlichen Nachwuchs vorbehalten bleiben. Kürzere Studienzeiten waren zwar eine Forderung aus der Wirtschaft, dennoch blieb unklar, ob die Wirtschaft die Bachelor-Absolventen auch wollte. Erst allmählich scheint deren Akzeptanz zu steigen.
Von Anfang an weigerten sich aber die öffentlichen Arbeitgeber, Bachelorabsolventen als Beamte für den höheren Dienst zuzulassen. Das Bundesinnenministerium hat dies jetzt noch einmal bestätigt. Wer im höheren Dienst arbeiten will, muss einen Master vorweisen.
Bologna ist längst zu einem Monstrum geworden. Das Studium dauert länger als früher, weil Bachelor und Master zusammen eine längere Regelstudienzeit haben als die alten Diplom- oder Magisterstudiengänge. Die Bürokratie hat zugenommen, auch weil sich die Bachelorabsolventen noch einmal neu für den Master bewerben müssen – und abgelehnt werden können. Die Studierenden sollten flexibler für den Arbeitsmarkt werden, aber die Institutionen, die ihnen diese Flexibilität aufgezwungen haben, weigern sich selbst, flexibler und damit für unterschiedliche Lebensläufe durchlässiger zu werden.
Mit der Bologna-Bürokratie ist es wie mit jeder anderen: Einmal eingeführt, ist sie nur schwer wieder abzuschaffen. Dabei will nicht einmal das Innenministerium ihre Absolventen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links