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Kommentar SteuereinnahmenDen Spielraum vergrößern

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Eine echte Option für Jamaika: Mit der Streichung von Steuervergünstigungen könnte eine sozialere Politik finanziert werden.

Flugzeugbenzin wird kaum besteuert Foto: dpa

D ie Wünsche sind oft größer als die Möglichkeiten. Das gilt auch für die Sondierungen der vier Parteien für die Jamaika-Koalition. Denn die neue Steuerschätzung am Donnerstag bestätigte mehr oder weniger die Annahme des Bundesfinanzministeriums, dass ein Spielraum von etwa 30 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre vorhanden ist. Diese Summe können die Verhandler zusätzlich für ihre gemeinsame Politik einsetzen – über das hinaus, was ohnehin im Bundeshaushalt steht. 30 Milliarden klingen viel, reichen aber, auf vier Jahre verteilt, nur für eine kleine Steuersenkung und einige zusätzliche Investitionen.

Damit könnten die vier Parteien Mühe haben, eine Balance ihrer Interessen herzustellen. Leichter wäre es, wenn sie ihren finanziellen Spielraum vergrößerten. Ein einfacher Weg, das zu erreichen, sind Umschichtungen im Haushalt. Man könnte an einigen Stellen Steuern erhöhen, zum Beispiel bisherige Vergünstigungen für Diesel- und Flugtreibstoff sowie Dienstwagen streichen. Die entsprechenden Zusatzeinnahmen ergäben einen weiteren Spielraum für Entlastungen und Investitionen.

Außerdem sollte sich die Jamaika-Regierung, so sie denn zustande kommt, um die soziale Gerechtigkeit kümmern. Etwa ein Fünftel der bundesdeutschen Bevölkerung ist abgehängt und lebt in Armut. Die Enttäuschung darüber nimmt zu und vergiftet das gesellschaftliche Klima. Weil eine Steuerreform armen Leuten, die kaum Steuern zahlen, nichts bringt, muss man eine andere Variante wählen.

Es bietet sich an, die Beiträge zur Sozialversicherung für niedrige Einkommen zu verringern. Bisher sind auch für relativ kleine Verdienste die vollen Sozialabgaben fällig. Die Einnahmeausfälle könnte der Staat der Sozialversicherung ersetzen. Das ist ein Wunsch, aber auch eine Notwendigkeit. Es ist möglich, ihr gerecht zu werden.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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4 Kommentare

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  • Auch arme Leute zahlen bei jedem Einkauf 19% Mehrwertsteuer und natürlich sollten Menschen mit niedrigem Lohn von der Lohnsteuer befreit werden. Das wäre mal eine richtige Herausforderung für die Politik. Dann müsste man mal richtig die Ausgabenseite betrachten , so wie das jede Familie oder Unternehmen tun muss. Die Haushalte immer noch mehr ausweiten, immer noch mehr Ausgaben tätigen wird seit Jahrzehnten so betrieben.Lasst den Menschen mal Ihr Geld im Geldbeutel und kassiert nicht bei jeder Gelegenheit ab!

  • Toll wie nun alles auf die scheinbar schon sichere 'Jamaika'-Koalition projiziert wird. Wird nur mit den Parteien sicher nicht passieren.

  • "Etwa ein Fünftel der bundesdeutschen Bevölkerung ist abgehängt und lebt in Armut. Die Enttäuschung darüber nimmt zu und vergiftet das gesellschaftliche Klima."

     

    Ja, deswegen sind CDU/CSU und FDP bereit, mit den Grünen eine Regierung zu bilden, um diesen Zustand aufrecht zu erhalten. Nicht um ihn zu ändern. Soziale Wohltaten sind von dieser Regierung nicht zu erwarten, oder es wird, wie bei Ursula v. d. Leyen eine Wohltat, die nur 0,003 Prozent der Bevölkerung zugute kommt. Umgekehrt kommen die dauerhaften Wohltaten seit 1982 immer den obersten 10 Prozent zugute. Das soll und das muss offenbar so bleiben. Die Grünen müssen sich entscheiden, ob sie bei so einer Politik mitmachen. Ich würde ihnen nicht dazu raten, zumal diese drei Parteien die klassischen Gegner der Grünen waren und sind. Und beim Thema industrielle Landwirtschaft und Standards für die Nahrungsmittelindustrie sieht es noch mieser aus: Hier setzen sich die Grünen direkt mit dem Teufel an den Tisch, problematisch ist, dass dieser Teufel nichts ändern will.

  • Brilliant! - so kann (könnte...) man Politik machen!!