Kommentar Sonntagsöffnung: Verlieren als heimliche Hoffnung?
Die Arbeitssenatorin hat Recht: Es muss endlich mal geklärt werden, was ein „gesamtstädtisches Interesse“ ist, das offene Kaufhäuser am Sonntag rechtfertigt.
Manchmal schreibt auch die Konkurrenz lustige Sachen. So hieß es im Newsletter des Tagesspiegel dieser Tage: „‚Samstags gehört Vati mir‘, hieß eine Gewerkschaftskampagne in den Sechzigern. ‚Sonntags sitzt Mami an der Kasse‘ ist heute das Motto von Arbeitssenatorin Breitenbach – die Linken-Politikerin legt Beschwerde ein gegen das von Verdi erwirkte Verkaufsverbot am 30. September.“
Ein bisschen gemein war das schon. Aber eine linke Politikerin, die gegen die Gewerkschaft versucht einen verkaufsoffenen Sonntag gerichtlich durchzudrücken, ist natürlich ein gefundenes Fressen für gemeine JournalistInnen. Nur ist es wie so oft leider doch nicht so einfach.
Natürlich will auch Breitenbach nicht, dass Mami sonntags an der Kasse sitzt, natürlich ist die Linke keine Freundin der Sonntagsarbeit, das kann man ihr getrost glauben. Und es stimmt ja, dass endlich mal geklärt werden sollte, was denn nun ein „gesamtstädtisches Interesse“ ist, dass offene Kaufhäuser am Sonntag rechtfertigt.
Was heißt hier „gesamtstädtisch“?
Man darf gespannt sein, wie die Richter das messen werden: An der Zahl der Besucher, der internationalen Beachtung, der Wirkung in der Fläche? Wie viele BesucherInnen konstituieren bei 3,5 Millionen EinwohnerIn ein Allgemeininteresse, welche Veranstaltung findet wirklich in „ganz Berlin“ statt?
Aus gewerkschaftlicher Sicht kann man nur hoffen, dass die Richter einer engen Auslegung des Begriffs „gesamtstädtisches Interesse“ folgen werden – und nicht bereit sind, jede Kirmes am Alex zum galaktischen Ereignis hochzujazzen, wie es die Einzelhandelsriesen gern hätten.
Vielleicht ist das auch die Hoffnung und heimliche Strategie der Arbeitssenatorin: dass sie mit ihrer Klage ein ungeliebtes Gesetz gerichtlich zu Fall bringt und so die Gelegenheit bekommt, ein neues, ein klares zu zimmern.
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