Kommentar Snowden auf der Flucht: Nur zweifelhafte Staaten helfen
Edward Snowden erhält Unterstützung: von China, Russland, Ecuador. Das ist bedauerlich. Aber in liberalen Demokratien kann er sich leider nicht sicher fühlen.
E r lebte lange auf Hawaii. Zuletzt war er ein paar Wochen in Hongkong. Am Sonntag landete er in Moskau, am Montag geht es weiter nach Havanna und von dort nach Quito. Edward Snowden kommt ganz schön rum. Fast könnte man meinen, der gerade 30-Jährige sei Vertreter der Easyjetset-Bewegung. Dieser jungen, mittel- bis oberklassigen und längst nicht mehr rein westlichen Traveller, die sich die Freiheit genommen haben, die Welt zu entdecken.
Tatsächlich ist auch Snowden ein Entdecker. Er hat sich die Freiheit genommen, über eklatante Missstände im angeblich freien Teil der Welt zu reden. Und nun ist er auf die Hilfe von auch nicht gerade freiheitsliebenden Staaten wie China oder Russland angewiesen, mit denen – das bleibt zumindest zu hoffen – ihn nicht mehr eint, als eine kritische Distanz zur us-amerikanischen Regierung. Wenn auch aus komplett unterschiedlichen Gründen.
Aber könnte Snowden nicht auch Asyl in tatsächlich liberalen Ländern suchen? Island zum Beispiel? Schweden vielleicht? Oder Deutschland? Dort sollte er doch sicher sein vor der Verfolgung durch eine leider paranoid gewordene Großmacht. Aber mal ehrlich: Würde irgendjemand die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Bundesrepublik den Whistleblower nicht ausliefern würde?
ist Co-Leiter des Ressorts taz.eins.
Deshalb gilt für Snowden leider das Motto: Nur der Feind meines Feindes ist mein Freund. Nur Staatenlenker, die Snowden als Trophäe nutzen können, um die USA zu ärgern, bieten ihm tatsächlich Sicherheit. Allerdings auch nur so lange, wie sie gefallen an ihrem neuen Spielzeug finden. Denn dass sich die Regierungschefs wie Wladmir Putin in Russland, Raúl Castro in Kuba oder der die kritische Presse drangsalierende Rafael Correa in Ecuador dauerhaft mit so einem obrigkeitskritischen Geist anfreunden können, ist kaum vorstellbar.
Edward Snowden hat sich die Freiheit genommen. Punkt. Seine Freiheit. Und nun ist sie weg. Offen bleibt: War sie überhaupt jemals da?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient